Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod.. Sarah Markowski

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Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod. - Sarah Markowski Nils Johansen und Arne Lassen

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das allerdings kreativ, denn das bin ich wirklich. Auch mein handwerkliches Talent habe ich von Papa geerbt und bastle gerne mal mit ihm in seiner Schreinerei an neuen oder alten Möbelstücken herum. Rein optisch gesehen tanzen Emmi und Malte mit ihren strohblonden Locken völlig aus der Reihe, obwohl Oma früher anscheinend auch eine Blondine war – allerdings gefärbt, wie sich später herausstellte. Lediglich die grünen Augen, die in der Sonne funkeln wie kleine Smaragde, haben wir alle vier gemeinsam, und ebenfalls den väterlichen DNA-Spuren in uns zu verdanken. Ich zupfe mein T-Shirt zurecht, stecke es in die Hose, ziehe es wieder heraus und stecke es letztendlich doch wieder hinein. Im Rausgehen fahre ich mir schnell durch die Haare und überlege, ob ein Zopf heute praktischer wäre. Ohne lange abzuwägen, schnappe ich mir einen Haargummi aus der Schublade im Badezimmerschrank. Damit bin ich auf der sicheren Seite und für alles gewappnet, finde ich und lege ihn mir um den Arm.

      „Bad ist frei!“, rufe ich ins verlassene Zimmer hinein und nehme aufgrund dessen an, dass Leonie und Larissa das Badezimmer im Erdgeschoss benutzen. Eilig renne ich die alte Holztreppe hinunter, nehme immer zwei Stufen auf einmal und weiß schon bevor es geschieht, dass ich in drei Schritten die knarzende Stufe erwischen werde.

      Knarz, das Geräusch wird mit den Jahren auch immer lauter. Ich stoße die Tür zur Küche auf und vernehme den Duft von frisch gebackenem Brot. Bevor ich mich jedoch mit einem Blick in den Backofen von der Verlässlichkeit meiner Geruchsnerven überzeugen kann, muss ich über die beiden Hunde hinweg steigen, die voller Hoffnung auf ein paar Krümel wie zwei Teppiche auf dem Küchenfußboden liegen.

      „Guten Morgen, ihr zwei.“

      Ich kraule Fee und Anton hinter den Ohren, die sich jeweils mit einem nassen Küsschen dafür revanchieren. „Immer auf der Jagd, was?“

      Ich tätschle ihnen noch einmal den Bauch und gehe dann weiter ins Wohn- und Esszimmer, das für einen Ferienmorgen schon gut besucht ist. Papa sitzt auf seinem Chefstuhl an der Stirnseite und blättert gedankenverloren durch die Tageszeitung. Mama wischt gerade eine Orangensaftpfütze vom Tisch und Findus, unser dicker Feinschmecker-Kater leckt den dazugehörigen Becher aus, der vorher vermutlich noch nicht auf dem Boden lag.

      „Lasst mich raten, wer hierfür die Verantwortlichen sind“, sage ich und setze meinen Sherlock-Blick auf. „Du und du!“

      Ich kitzle erst Malte und dann Emilia, bis sich die beiden vor Lachen kringeln und kaum mehr einkriegen.

      „Malte“, ermahnt meine Mama kopfschüttelnd und drückt ihm den nassen Waschlappen in die Hand. „Wolltest du nicht sauber machen?“

      Er schüttelt den Kopf, gehorcht aber brav.

      „Du könntest auch einfach die Katze auf den Tisch setzen, das wäre viel nachhaltiger“, murmelt Papa hinter seiner Zeitung hervor.

      „Au ja!“, schreien die Zwillinge im Chor.

      „Jürgen!“, ruft meine Mama gleichzeitig.

      Ich setze mich auf meinen Platz und kann mir trotz Anstrengung ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen.

      Zum Glück waren Leonie und Larissa noch nicht da, denke ich und klaue in einem unbeobachteten Moment einen Löffel Nutella aus dem Glas. Obwohl es mich wundern würde, würde es ab jetzt gesitteter weitergehen.

      „Chaosfamilie“, kommt es aus der Küche, gefolgt von einem entnervten Seufzen und einem empörten: „Anton, runter von der Eckbank!“

      Zur gleichen Zeit

      - Helena -

      Helena schwimmt auf dem offenen Meer, rundherum nichts außer minimalem Wellengang, hin und wieder eine einsam vor sich hin dümpelnde Schiffsboje, und die unendliche Weite des Himmels. Sie schwimmt immer weiter hinaus, hat längst die Orientierung verloren. Sie sucht nicht nach einer Insel, nicht nach einem Boot, nicht nach einem rettenden Stück Treibholz, an das sie sich klammern könnte. Helena schwimmt einfach weiter, immer weiter, schon seit Stunden, und spürt noch immer keine Erschöpfung. Plötzlich werden die Wellen stärker, sie schwappen ihr entgegen. Helena verschluckt eine große Menge Meerwasser und muss husten. In weiter Ferne sieht sie etwas auf sich zu schwimmen; erst kleiner, dann immer größer. Als es nicht mehr weit von ihr entfernt ist, kann sie es ganz deutlich erkennen.

      Ein Hai, schießt es ihr durch den Kopf. In bedrohlichen Schlangenlinien kommt die Flosse immer näher. Gleichzeitig wird Helenas Atem immer schneller. Sie betet in den wolkenlosen Himmel, dass das Tier sie nicht wahrnimmt und einfach an ihr vorbeischwimmt. In Biologie hat sie einmal eine Dokumentation zum Thema Räuber des Meeres gesehen… Gerade wünscht sie sich, sie hätte in dieser Unterrichtsstunde geschlafen und jetzt keine lebendigen Bilder vor Augen, was ein Hai mit einem Menschen anrichten kann. Plötzlich fallen ihr die Schrammen und Platzwunden ein, die sie von dem Sturz vom Fabrikgebäude davongetragen hat.

       Blut.

      Helena kann an nichts anderes denken.

       Er wird mich schon von Weitem gerochen haben.

      Sie ist seine Beute, ist ihm ausgeliefert wie eine Kuh dem Metzger. Plötzlich fühlt sie, wie etwas ihr Bein streift. Helena erstarrt. Die Haifischflosse ist nun genau neben ihr. Sie kann das helle grau in der Morgensonne glitzern sehen. Plötzlich fühlt sie einen Druck am Bein. Das Wasser um sie herum färbt sich rot. Erst als sie die Situation begriffen hat, durchfährt eine Welle von Schmerz ihren Körper.

      „Helena! Helena, wach auf!“

      Helena fährt zusammen. Sie blinzelt gegen die grelle Sonne. Ist sie noch im Wasser? Sie tastet mit der Hand nach etwas Festem, ihr Körper scheint an Land gespült worden zu sein.

      „Leute, sie kommt zu sich!“

      Eine aufgeregte Stimme, die Helena schon einmal gehört hat, aber nicht zuordnen kann.

      „Wo bin ich?“, nuschelt sie, doch die Worte, die aus ihrem Mund kommen, fühlen sich so fremd an.

      „Hier, du hast bestimmt Durst.“

      Helena nickt und trinkt gierig ein paar Schlucke aus der Plastikflasche. Wasser läuft an ihrem Kinn hinunter und tropft auf Kissen, Decke, Matratze und ihre Kleidung.

      „Wo bin ich?“, fragt sie noch einmal, obwohl langsam die Erinnerung zurückkommt. Eine Antwort ist nicht mehr nötig, doch sie möchte sie trotzdem hören. Oliver schweigt, Julius ebenso. Sabrina ist die erste, die einen anständigen Satz zustande bekommt.

      „Du bist wieder hier bei uns. Erinnerst du dich?“

      Helena schaut ungläubig um sich und muss feststellen, dass sich nichts geändert hat. Sie nickt. „Natürlich erinnere ich mich. Wie lange war ich weg?“

      „Ungefähr fünf Stunden“, antwortet Oliver und setzt sich zu ihr auf die Matratze. „Als du hier ankamst, warst du völlig verstört und überhaupt nicht ansprechbar. In der einen Sekunde hast du wild um dich geschlagen, und in der anderen warst du völlig teilnahmslos und hingst wie ein nasser Sack in meinen Armen.“

      Erst jetzt fällt ihr sein blau unterlaufenes Auge auf.

      „Entschuldigung“, murmelt sie zerknirscht, doch Oliver winkt sofort ab.

      „Das ist halb so wild, ich habe schon schlimmere Verletzungen überstanden.“

      Helena

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