Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod.. Sarah Markowski

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod. - Sarah Markowski страница 17

Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod. - Sarah Markowski Nils Johansen und Arne Lassen

Скачать книгу

dich nicht wach bekommen.“

      In Olivers Augen spiegelt sich plötzlich pure Besorgnis. „Helena, was ist in diesen fünf Stunden passiert?“

      „Der Hai“, platzt es aus ihr heraus, noch bevor sie sich eine Antwort überlegen kann. Helena wirft die Decke zur Seite und atmet erleichtert auf. Ihr Bein ist übersät von Schrammen und blauen Flecken, aber von einem Haifischbiss keine Spur.

      „Ein Hai?“, Oliver runzelt verwirrt die Stirn. „Hast du Schmerzmittel bekommen?“

      „Ja! Nein! Ja! Ich meine nein!“

      „Ganz ruhig.“

      Er legt seine Hand auf ihr Bein und schaut ihr mit seinem durchdringenden Blick in die Augen. „Jetzt noch einmal ganz von vorne. Was ist passiert, nachdem du in den Aufzug gestiegen bist?“

      Helena seufzt. Während sie erzählt, durchlebt sie in Gedanken noch einmal all die schlimmen Dinge, die ihr in den letzten zehn Stunden widerfahren sind. Nur der Hai findet keinen Platz. Als Helena fertig ist, blickt sie in drei offenstehende Münder.

      „Der Hai war nur ein Traum“, schließt sie ihre Erzählung ab, um die unaushaltbare Stille zu füllen, „aber alles andere könnt ihr mir glauben.“

      Montag, 01.07.2019, 08: 00 Uhr

      - Oliver -

      Der Aufzug brummt, pünktlich um acht kommt das Frühstück – wie jeden Tag. Das altbekannte Pling ertönt, und die Türen gleiten leise nach links und rechts auseinander. Vier Tabletts mit jeweils einer Flasche Wasser und einer Cloche, unter der entweder ein Brötchen mit Rührei und Obst oder Müsli mit getrockneten Früchten steckt. Olivers Magen grummelt beim Gedanken an etwas zu essen. Vor lauter Aufregung um Helena hat er gar nicht gemerkt, wie hungrig er ist.

      „Hast du Hunger?“, fragt er mehr auffordernd als fragend. Helena schüttelt den Kopf. Die Erlebnisse von gestern noch einmal hervorzurufen, hat sie ganz schön aufgewühlt.

      „Ich kann nicht…“

      Oliver streichelt ihr beruhigend über den Arm. Dicke Tränen kullern über ihre Wangen.

      „Was hast du?“

      Sie antwortet nicht.

      „Ich kann nicht…“

      „Hast du keinen Hunger?“

      Helena schüttelt den Kopf.

      „Das ist es nicht.“

      Oliver neigt den Kopf zur Seite und schaut sie fragend an. In ihren Augen spiegelt sich Angst, Ungewissheit, beinahe Panik.

       Was hat das Mädchen bloß erlebt?

      „Oliver“, flüstert sie heiser und fängt genau in diesem Moment an, unheimlich zu zittern. „Ich kann mich nicht bewegen.“

      Er braucht einen Moment und eine weitere Erklärung, bis er ihre Worte richtig deuten kann.

      „Seit dem Sprung aus dem Gebäude kann ich sie nicht bewegen.“

      Helena deutet auf ihre Beine. Sie sucht Hilfe, schreit förmlich nach einer Antwort auf die Frage, was mit ihr los ist, was mit ihr passiert ist. Doch sie ahnt es ebenso wie er. „Schau, ich spüre nichts.“

      Ihre Stimme wird lauter, schneller, panischer. Sie ballt die Hand zur Faust und schlägt verzweifelt auf ihre Beine ein. „Ich spüre nichts! Oliver, ich spüre nichts!“

      „Helena, halt an!“

      Nun eilt auch Julius zur Hilfe. Er wirft sich auf den Boden neben die Matratze und greift nach ihrem Arm. „Das bringt doch nichts!“

      „Ich spüre nichts. Ich kann sie nicht bewegen.“

      Ihre Augen füllen sich erneut mit Tränen. „Bitte hilf mir.“

      Flehend schaut sie ihn mit ihren großen, dunklen Pupillen an. Oliver schluckt. Er hat sich in seinem Leben noch nie so klein und hilflos gefühlt wie in diesem Moment.

      Montag, 01.07.2019, 08: 37 Uhr

      - Helena -

      „Das bringt doch nichts.“

      Helena schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und wirft sich rücklings auf die Matratze. Ihr Kopf wird von dem großen weichen Kissen aufgefangen, das sie nun als Sichtschutz über ihrem Gesicht hält. „Gebt es doch zu. Das hier ist reine Zeitverschwendung.“

      „Ich verstehe dich nicht“, kommt es von Oliver zurück, doch Helena ist sich sicher, dass das Kissen nicht das Problem ist. „Komm schon, probier‘ es noch ein Mal.“

      „Ein Mal?“, fragt Helena und lugt vorsichtig hinter ihrem Sichtschutz hervor.

      „Ein einziges Mal, versprochen.“

      Seufzend gibt sie nach und richtet sich wieder auf. Oliver bewegt ihre Beine vorsichtig in Position und reicht ihr dann seinen Arm als Stütze. Helena legt den Kopf in den Nacken und schickt ein kurzes Stoßgebet in Richtung Zimmerdecke. Sie beißt die Zähne zusammen, schließt die Augen und konzentriert sich voll und ganz auf ihren Körper.

      Los, schreit eine innere Stimme in ihr. Jetzt ist der richtige Moment, du schaffst das!

      Helena schenkt der Stimme Glauben und schickt einen kräftigen, gedanklichen Stoß in ihre Beine. Die Augen behält sie vorsichtshalber geschlossen, denn sie hat einmal gehört, dass äußere Reize die Konzentration maßgeblich beeinflussen können.

      „Und?“

      Das ist das erste Mal, dass sie tatsächlich Hoffnung verspürt. „Bewegt sich etwas?“

      Es bleibt still im Raum.

      „Oh, ich verstehe.“

      Ihre Stimme ist mehr ein Hauchen. „Das ist schon Antwort genug. Danke für eure Hilfe, Jungs.“

      Jemand räuspert sich.

      „Dir danke ich natürlich auch, Sabrina.“

      Als sie die Augen öffnet, stehen Oliver, Julius und Sabrina in Reih und Glied nebeneinander, wie drei Orgelpfeifen. Ihre Blicke sagen alles; sie leiden mindestens genauso sehr wie Helena selbst.

      „Komm schon, lass es und noch einmal versuchen. Vielleicht klappt es jetzt.“

      Oliver greift nach ihrem Arm und versucht, sie zum Aufstehen zu animieren, doch Helena wehrt seine Hilfe entschlossen ab.

      „Bitte lasst mich einfach in Ruhe. Das bringt doch alles nichts. Ihr wisst genauso gut wie ich, dass es auch dieses Mal nicht funktionieren wird und ich danach nur noch deprimierter bin.“

      Betretenes Schweigen bestätigt ihre Aussage. Nach außen hin erscheint Helena resigniert, mit einem Touch von Stärke und Kontrolle, als habe sie sich mit der Situation abgefunden, doch innerlich tobt in ihr ein Sturm der Gefühle; ein Feuerwerk, das in alle Körperregionen sprüht und

Скачать книгу