Das Ende ist immer nahe 1. Urs Herzog
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Unfug mal vier, Kumpels, Freunde fürs Leben. Im Laufe der Zeit verloren sie sich dann doch aus den Augen, zerstreuten sich in alle Winde. Den Kontakt untereinander liessen sie nie ganz abreissen, trafen sich im Laufe der Jahre immer wieder und waren nun, nach ihrer Pensionierung nach Hause, nach Birrhausen, zurückgekehrt.
Georg brachte die nächste Flasche "Brouilly".
Er war die Seele des Restaurants. Wirt, Koch, Sommelier, wenn nötig auch Kellner, alles in Personalunion. Eine stattliche Erscheinung, ein Mann mit grauen Haaren, schwarzem Schnauzbart und fröhlichen, blauen Augen. Um den rundlichen Bauch hatte er wie immer eine weisse Schürze gebunden an der er ab und an seine Hände trockenrieb.
„Habt ihr das Schild draussen gesehen? Die nächste Woche bin ich in den Ferien, ich muss mich von euch erholen!“
„Was, schon wieder Ferien?“ Thomas Pfeiffer spielte den Entrüsteten.“
„Wirt müsste man sein, dann könnte man sich so viele Ferien leisten“, resümierte Johann Moser.
„Kein Kunststück bei den Preisen. Jetzt macht er wieder dicht und lässt seine besten Kunden verdursten, eine ungerechte Welt“, jammerte Pfeiffer und schaute wie ein weidwundes Reh umher.
Dann fuhr er fort: „Wenn ich einen Notvorrat hätte anlegen können, dann würde ich die Trockenzeit besser überstehen, aber so?“
„Die Beiden kannst du nicht erst nehmen, Georg, du kennst diese Krämerseelen. Komm, gib uns einen aus, dann ist die Welt wieder in Ordnung und du kannst ohne schlechtes Gewissen in die Ferien.“
„Deine Idee ist sehr gut, Paul, ich bin dabei und wenn die anderen Zwei lieber weiter schmollen, sollen sie doch. Lasst uns auf Georg’s Ferien trinken.
Möge er gesund und munter wiederkommen und uns während seiner Abwesenheit den Schlüssel für den Weinkeller überlassen. Wir werden bestimmt sehr gut auf die Flaschen aufpassen.“ Tobias Dreher lachte dem Wirt schelmisch zu. Die nächste Runde ging aufs Haus.
Die vier Musketiere hatten noch ein gemeinsames Hobby. Kürbisse. Da war eine Geschichte für sich und nicht wenige sagten:
„Die spinnen, die vier Alten.“
Denn sie versuchten auf Teufel komm aus, mit Geheimrezepten, speziellen Humusmischungen, biodynamischem Dünger, Pferdemist und allen möglichen und unmöglichen Mittelchen den grössten Kürbis zu ziehen. Kein anderes Gemüse erfreute sich solcher Hingabe und Zuwendung.
Im Herbst kürten sie dann den Kürbis-König und sein Name wurde in die ewige Bestenliste aufgenommen. Der Sieger hatte die Pflicht, die unterlegenen Gegner zu einem fürstlichen Abendschmaus in den Hirschen zu laden. An einem solchen Abend zog dann Georg alle Register seines Könnens. Seine Küche genoss einen ausgezeichneten Ruf und die Gäste kamen von weit her um seine Spezialitäten zu geniessen. Die absolut beliebteste Creation blieb das „Rindsmedallion Georg“.
Rundum kurz angebraten, dann im hauchdünnen Salz-Pfeffermantel bei niedriger Temperatur im Ofen gegart und mit frischem Gartengemüse und Kräuterreis serviert.
Er hätte dafür mit einem Stern bedacht werden können. Doch Restaurant-Tester hatten sich noch nie nach Birrhausen verirrt. Georg war das nur recht. Er kochte für seine Gäste weil sie ihn und seine Küche schätzten und nicht für Leute die kamen weil es im Moment besonders angesagt war im „Hirschen“ in Birrhausen zu speisen -, nur weil ein Fresspapst irgendwo sein Lokal erwähnt hatte.
***
Schlagzeilen :
Teuerung legt zu
Wetterfrösche sagen trockenen Frühling voraus
Neue Lohnrunde der Gewerkschaften
Schneider hatte nach dem Treffen in Basel die Aufgaben für seine Spezialisten mit jedem Einzelnen nochmals abgesprochen. An verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten.
Zu wichtig waren der genaue Einsatzplan, die Ausrüstung und die möglichen Risiken. Als Arbeitsbeginn war der kommende Mittwoch vorgesehen. Ein ganz normaler Tag. Und alles würde perfekt ablaufen. Schneider schaute in seinen Terminkalender. Die nächste Besprechung sollte in Brüssel stattfinden. Eine norwegische Ölfirma hatte ein Leck in einer ihrer unterseeischen Pipelines und nun brauchten sie dringend Taucher mit Schweisserausbildung. Das Leck sollte schnellst möglich geschlossen werden, so, dass die Öffentlichkeit davon nichts bemerkte. Ein normaler Job für Schneider Consulting. Er nahm aus dem grossen Tresor die Verträge der vier Spezialisten mit dem Job in der Schweiz und steckte sie in seinen Aktenkoffer.
Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, die Kontrakte nie in dem Land aufzubewahren, in dem die Spezialisten arbeiteten. Schneider verliess Zürich mit dem letzten Flug des Tages.
***
Es wartete viel Arbeit auf ihn und er freute sich darauf. Es war schon Anfang April und er musste sich sputen um seinen Garten rechtzeitig auf Vordermann zu bringen.
Das Wetter war schön und endlich konnte Moser wieder in sein Reich zurückkehren. Zuerst die alten Pflanzen ausreissen und auf den Kompost werfen, den Dünger verteilen und kräftig unterhacken.
Er hatte sich daran gewöhnt, dass dabei, warum auch immer, viele Steine hervorkamen und er sie mühsam zusammentragen musste. Dann konnte er damit beginnen die Beete abzustecken und die Wege anzulegen. Und erst danach begann der die Setzlinge zu pflanzen. Salat und Gemüse und speziell für seine Frau, Erbsen. Sie liebte Erbsen über alles und verabscheute die grünen Dinger aus der Dose, und für ihn wuchsen die Stangenbohnen. Stangenbohnen waren sein Lieblingsgemüse. Dazu Tomaten, Gurken, Kohl, Spinat, Endiviensalat, Kopfsalat und viele Gewürze. Eine reichhaltige Palette. Und nicht zuletzt Kürbisse. Kürbisse für den Wettbewerb.
Es war kurz vor sieben und Moser mühte sich schon eine knappe Stunde mit umgraben ab. Dies war der schwerste Teil der Arbeit und er fragte sich jedes Jahr ob es nicht besser wäre eine Maschine zu kaufen, oder im Gartencenter eine zu mieten.
Aber dann hatte er, wie immer, schon mit dem Umgraben begonnen und es lohnte nicht aufzuhören um eine Maschine zu besorgen. Vielleicht nächstes Jahr. Und wieder rammte er den Spaten in die schwarze, fruchtbare Erde. Der natürliche Torfanteil betrug fast dreissig Prozent. Ein guter Boden.
Der Schweiss rann in Bächen an ihm herunter und hinterliess nasse, dunkle Flecken auf seinem Unterhemd. Langsam wurde der Erfolg seiner Arbeit sichtbar. Er stützte sich auf den Spaten, wischte den Schweiss von der Stirn und schaute stolz auf sein bisheriges Werk. Wo sollte er dieses Jahr die Kürbisse ziehen? Beim Zaun? Beim Gartenhäuschen? Auf jeden Fall nicht in der Mitte des Gartens und auch nicht in der Nähe der Hecken.
Damit hatte er bisher kein Glück gehabt. Den Wettbewerb hatte er noch nie gewinnen können und letztes Mal fehlten ihm nur fünf Zentimeter zum Sieg.
Diesmal wollte er endlich Kürbis-König werden und beschloss deshalb, es beim Zaun und beim Gartenhäuschen zu versuchen. Es würde weniger Gemüse geben, aber seine Chancen auf den Sieg erheblich steigern.
Mit neuem Elan rammte er den Spaten wieder in den Boden, hob die schwarze Erde an, drehte den Spaten und liess sie zurückfallen. Immer wieder, ohne Unterlass.