Das Ende ist immer nahe 1. Urs Herzog

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Das Ende ist immer nahe 1 - Urs Herzog

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wenn in der Schmiedengasse noch ein Toter liegt. Doch zuerst kommen die Lebenden an die Reihe. Kann jemand Frau Moser nach Hause bringen und bei ihr bleiben bis Familienangehörige oder Freunde sich um sie kümmern können?

      Ich werde Abends bei ihr vorbeigehen und nachschauen wie ihr Zustand ist. Nach ihrem Schock wirst du sie vor morgen früh doch nicht befragen können.“

      „Ich kümmere mich darum“, sagte Hartmann.

      „Gut, dann findest du mich ab jetzt in der Schmiedengasse.“

      Nachdem Von Au verschwunden war, liess Hartmann Anna Moser von einer Beamtin nach Hause bringen. Der Tote wurde bäuchlings in einen Zinksarg gelegt und bevor der Deckel geschlossen werden konnte, musste der Pfeil abgeschnitten werden. Der abgeschnittene Teil wurde neben dem Toten in den Sarg gelegt. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit erledigt und als es nichts aufregendes mehr zu sehen gab, verschwanden auch die Gaffer. Hartmann blieb allein zurück. Er stellte sich dahin, wo vor kurzem noch der Tote gelegen hatte und sah sich um.

      War der Pfeil von ausserhalb des Gartens gekommen, da, wo die Gaffer gestanden und alles niedergetreten hatten?

      Das Opfer lag aber hinter dem Häuschen und war vom Eingang her nicht zu sehen. Auf der anderen Seite war die Sicht durch Sträucher und niedrige Bäume versperrt. Hatte der Täter den Garten betreten? Dann müssten Spuren vorhanden sein und das konnte die Spurensicherung mit dem Vergleich der Schuhprofile schnell feststellen.

      Und wenn sie nichts gefunden hatten, was dann? Von welchem Ort aus hatte der Täter geschossen? Und wie weit trägt so ein Pfeil? Augenzeuge gab es keine, und dass sich auf einen Aufruf hin doch noch jemand melden würde, diese Illusion hatte er längst nicht mehr. Wenn es keine verwertbaren Spuren gab, konnte er nur versuchen ein Motiv für diesen Mord zu finden.

      „So gross ist Birrhausen nicht, da werde ich wohl nicht lange suchen müssen“, sagte er laut zu sich selbst. Etwas aber bereitete ihm Unbehagen. Die aussergewöhnliche Mordwaffe.

      Noch nie hatte er gehört, dass in der heutigen Zeit jemand mit einem Pfeil ermordet wurde. Und nun gleich zweimal. Sehr aussergewöhnlich.

      Er verliess den Garten und klebte ein Polizeisiegel an das Gartentürchen. Reine Gewohnheit, denn jeder hätte über das Türchen hinweg steigen können. Auch er machte sich auf den Weg in die Schmiedengasse.

      ***

      Eltern-Besuchstag. Sie hasste diesen, er war ihr ein Gräuel. Doch einmal pro Semester musste sie den Tag durchstehen. So verlangten es Schulbehörde und Rektorat. Jedes Mal war sie froh, wenn der Tag vorüber war. An einem Besuchstag war alles anders, waren die Kinder anders. Natürlichkeit, Spontanität, Eigeninitiative, Eigenverantwortung, alles was sie immer förderte und forderte, war wie weggeblasen. Die Kinder waren brav, ruhig, angepasst und bemüht keine Fehler zu machen.

      Auch wenn sie versuchte die Stunden interessant zu gestalten, der Funke sprang nie über und die Schüler liessen sich durch nichts aus der Reserve locken. Doch bei all dem hatte sie Verständnis für die Jungen. Der Erwartungsdruck durch die Eltern war deutlich spürbar.

      Aus unserem Kind soll mal was werden, es soll es mal besser haben, warum nicht studieren, Arzt oder Anwalt, oder so, unser Kind kann das, es muss nur richtig gefördert werden. Der Druck lag nicht nur auf den Kindern.

      So glich das Ganze einem Schauspiel. Das Klassenzimmer war die Bühne, die Kinder die Darsteller, die Eltern die Kritiker und sie versuchte, in dieser Posse, mehr schlecht als recht, Regie zu führen. Und damit hatte sie echt Mühe. Mit dem Ganzen. Vielleicht lag es an ihrem Alter.

      Mit 28 Jahren war sie jünger als die meisten Eltern und wahrscheinlich noch zu wenig abgebrüht. Trotzdem, sie liebte ihren Beruf und hätte mit niemandem tauschen wollen.

      Die Schüler der fünften Klasse hatten sie in ihr Herz geschlossen und sie wurde von ihnen respektiert, geachtet, ja sogar geliebt und verehrt.

      Doch heute war es nochmals anders. Die Eltern waren unruhig und redeten untereinander. Als Lehrerin hatte sie auch von den Toten gehört. Die Kollegen sprachen darüber und die Schüler erzählten sich die verrücktesten Geschichten. Sie hatte die Eltern gebeten über dieses Thema nach der Schule zu sprechen, doch es hatte nur einen Augenblick Ruhe gebracht. Das Getuschel im Hintergrund ging weiter. So hatte sie alle Mühe damit, dass die Kinder sich auf den Unterricht konzentrierten. Dann endlich war der Besuchstag zu Ende. Kinder und Eltern verabschiedeten sich und sie genoss einen Moment der Stille in ihrem Klassenzimmer. Am kommenden Montag ging der normale Schulbetrieb wieder weiter. Dann war auch ihre Welt wieder im Lot.

      Sie begann aufzuräumen und nach einer halben Stunde war alles wieder an seinem Platz. Prüfend sah sich sich im Zimmer um und war mit ihrer Arbeit zufrieden.

      Lisa, so riefen sie ihre Familie und ihre Freunde, stellte sich kurz vor den Spiegel, zupfte ihr blaues Kleid zurecht, versuchte ihre wuschelige Haarpracht zu bändigen und überprüfte kurz ihr Make-up. Dann strich sie ihr Kleid glatt und betrachtete ihr Spiegelbild. Was sie sah gefiel ihr.

      Rotbraunes Haare und dunkle Augen. Die Brauen mit dunkelbraun und die Lippen mit einem Dunkelrot nachgezogen. Sie wusste dass sie hübsch war. Auf jeden Fall viel hübscher als der Rest des Lehrkörpers. Gut gelaunt verliess sie das Schulhaus und nahm den Nachhauseweg unter die Füsse.

      Sie schätzte die kurze Distanz zwischen Schule und Wohnung. Dies war auch mit einer der Gründe weshalb sie die Stelle in Birrhausen angenommen hatte.

      Jahrelang musste sie täglich zwischen dem Gymnasium, später zwischen der Uni und ihren Wohnort pendeln. Sie wohnte auf dem Land in einem kleinen Bauerndorf und das einzige öffentliche Verkehrsmittel war ein Postbus der jede Stunde vorbeifuhr. Meist zu den unpassendsten Zeiten. Als Studentin konnte sie sich keine Wohnung in der Stadt leisten und in eine WG wollte sie nicht. Also weiter Pendeln, Tag für Tag.

      Ab ihrem achtzehnten Geburtstag bezahlten ihr die Eltern die Lernfahrstunden und als sie Stolz den Führerschein präsentierte, kauften sie ihr einen Kleinwagen. Mit diesem war sie die folgenden Jahre unterwegs. Immer noch als Pendlerin, aber viel, viel schneller. Diese Mobilität hatte auch ihre Schattenseiten. Die Zeitersparnis ging oft bei der Parkplatzsuche wieder verloren und die laufenden Kosten frassen ein grosses Loch in ihr Budget. Wäre der Bus zu vernünftigeren Zeiten gefahren, sie wäre wieder umgestiegen. Aber so blieb alles beim Alten. Sie musste nur den Gürtel enger schnallen. Wenn das immer so einfach gewesen wäre.

      Zehn Minuten brauchte sie für den Nachhauseweg. Etwas länger, wenn sie noch einkaufte. Die Metzgerei, der Bäcker und der kleine Tante-Emma-Laden, mit frischem Obst und Gemüse, sie alle lagen an ihrem Weg. Idealer konnte es nicht sein. Ihr Auto brauchte sie nur noch um ihre Eltern zu besuchen, an Wochenenden, wenn sie mit Freunden unterwegs war, oder abends, für die Verabredungen ausserhalb. Ansonsten stand der Wagen die ganze Woche vor dem Haus.

      In der einen Hand die Einkäufe, in der Anderen die Aktenmappe, so stand sie vor der Haustüre. Die Wohnung unter dem Dach war eher klein, doch die grosse Dachterrasse mit der einzigartigen Aussicht über die Dächer der Stadt entschädigte sie für die engen Platzverhältnisse. Sie stellte die Einkäufe neben sich und kramte nach ihrem Hausschlüssel. Endlich. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss.

      Der wuchtige Schlag in ihren Rücken warf sie nach vorne und sie prallte heftig gegen die Tür.

      Dann rutschte sie langsam daran nach unten, kippte zur Seite und blieb reglos liegen. Sie verstand nicht, woher die Wärme kam welche ihren Körper durchflutete. Schmerz? Nein. Und mit einem Mal fühlte sie sich leicht, federleicht. Langsam, ganz langsam schwebte sie nach oben.

      „Bin

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