Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse Die Legende vom Hermunduren

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ihm bei seinen Gefährten eintreffen. Dass, so glaubte der Chatte, bedeutete den Tod seines Bruders.

      Er erkannte, dass dieses Vorgehen das Leben des Bruders gefährdete. Weil er nicht wissen konnte, bis zu welcher Stelle ihm der Hermundure folgen würde, blieb eine ständige Bedrohung des Bruders…

      Der Hermundure sprach davon, eine Warnung zuzubilligen. Nutzte er die Warnung zum rechten Zeitpunkt, war sein Bewacher bereits umgekehrt, könnte er seinerseits dem Hermunduren folgen und den richtigen Augenblick für eine Befreiung des Bruders abpassen. Ein wenig sonnte er sich in dem Ruhm, den Bruder beschützen zu können und glaubte an den Erfolg eines solchen Verlaufes.

      Dann aber holten ihn die Erlebnisse der vergangenen Nacht ein.

      Ihr Angriff begann kurz vor dem Morgen, aber noch immer im Dunkel der Nacht. Sie hatten den Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite und waren in der Zahl der Krieger überlegen…

      Plötzlich durchdrang ein Gedanke seine Erinnerungen, den er besser hätte vorher Bedenken sollen. Die Fremden waren zwei Krieger und ein Knabe, ein Zwerg oder was auch immer sie von dem dritten Begleiter der Fremden dachten… Sie aber waren insgesamt fünf chattische Krieger… oder eben doch nicht?

      Nur ein Krieger führte die jungen Burschen an und dieser Krieger glaubte, den Hermunduren einen tödlichen Streich spielen zu dürfen. Er spornte sie an, den Angriff zu wagen, sich zu behaupten und den Stolz ihrer Väter und Mütter zu ernten…

      Der Ablauf aber bewies, dass ihr Anführer sich und die Fähigkeiten der Jungmänner überschätzte. Den Hermunduren billigte er nur ein schreiendes, feiges Weglaufen zu. Inzwischen wusste der Jungmann, dass Hermunduren nicht schreiend wegliefen…

      Irgendetwas an den Überlieferungen der Älteren schien nicht zu stimmen… Er grübelte eine Weile darüber nach, bis er es begriff.

      Nur die Siegreichen kehrten zurück…

      Das diese dann ihren Mut, ihre Entschlossenheit und ihr Können in den schillerndsten Farben darstellten, zwang sich in sein und der Anderen Denken. Die nicht Zurückkehrenden konnten nichts mehr erzählen…

      Der Pfad der Ehre, auf den sie vorbereitet wurden, so wurde ihm bewusst, war ein sehr langer Pfad, der nicht immer mit Ruhm und Ehre endete. Dabei war ihr Aufenthalt in der Wildnis nur der erste kleine Schritt auf diesem Pfad…

      Sein Vater hatte ihnen erklärt, dass vor der ruhmreichen Tat erlernt werden musste, wie ein Krieger in der Wildnis überleben konnte… Wo fanden sie Nahrung und Wasser, wie war eine gute Feuerstelle vorzubereiten, wie gelang es, auch im Regen, Feuer anzuzünden, was musste getan werden, eine Speise zuzubereiten, wo sollte gelagert werden, welche Sicherheit erforderte ein Lager der Nacht, wie schützte sich der Krieger vor der Unbill der Natur und vor Gefahren durch wilde Tiere? Vater endete mit dem Feind, der auch wusste, wie er sich zu verhalten hatte…

      Der Jungmann begriff, dass er gerade diesem Teil der Erklärungen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ihr Anführer verleitete sie, nach der erfolgreichen und unbemerkten Beobachtung der Hermunduren, diesen Angriff zu wagen. Sie wollten eigentlich nur deren Pferde und sonnten sich schon im Ruhm einer erfolgreichen Tat…

      Was aber empfanden die Hermunduren bei ihrem Angriff?

      Im Nachhinein, sich in die Lage der Anderen versetzend, begriff er, dass der Angriff einer Todesdrohung gleich kam. Ein bedrohter Krieger wehrt sich und weil es Nacht war, erkannten die Hermunduren nicht, dass eigentlich nur Knaben angriffen…

      Wer also beging den entscheidenden Fehler?

      Der Jungkrieger erfasste den Umfang der gemachten Fehler und sah sich dabei in seiner Erkenntnis ausgerechnet vom Anführer der Hermunduren bestätigt. Sprach dieser doch davon, dass die Hermunduren nicht erkennen konnten, wer den Angriff führte. Wollten sie überleben, waren sie zum Kampf gezwungen und wussten dennoch nicht, in welcher Überzahl ein Feind angriff.

      Sie wehrten sich mit aller Macht, sowie allem Geschick, und fragten weder nach Erfahrung, noch nach dem Alter der Angreifer. Sie töteten Feinde… Das aus der Übermacht der Chatten plötzlich eine Unterlegenheit hervorging, lag auch an der Fehleinschätzung ihres Anführers.

      Es war nicht falsch, die Hermunduren zu beobachten, auch wenn dies hätte schon fehlschlagen können… Den Angriff auszuführen, bedeutete aber mit der Gegenwehr rechnen zu müssen und in diesem Vergleich zwischen den Chatten und Hermunduren steckte eine Überraschung, die ihr Ausbilder übersah.

      Es war die Erfahrung und Kampffähigkeit der Angegriffenen, von dem er, durch das nach seiner Gefangennahme folgende Belauschen der Sieger, Kenntnis erhielt.

      Der Krieger Irvin war zweifellos erfahren und das war ihm schon zuvor anzusehen… Der als Simo bezeichnete war zumindest im Umgang mit einer Waffe erfahren… Den Zwerg aber nicht zu beachten, war ein entscheidender Fehler. Er sah dessen Messerwurf und ließ er diese Bewegung in seiner Erinnerung noch einmal ablaufen, überzeugte der Wurf ihn von der Fähigkeit dieses Unscheinbaren.

      Wenn er so recht bedachte, dass ihm dieser Junge folgen sollte, oder der Irvin genannte, begannen seine Hände, die den Zügel des Pferdes hielten, zu zittern. Nein, das durfte nicht sein…

      Der Jungkrieger der Chatten fand sich in der Erkenntnis wieder, dass der Tod seiner Gefährten dem Versagen ihres Anführers geschuldet blieb und nicht den Hermunduren zuzuschreiben war…

      Der Gedanke, so wie er sich in seinem Kopf festsetzte, erregte inneren Argwohn… Woher kam diese Folgerung? Je mehr er darüber nachdachte, sich auch dagegen wehrte, desto mehr verfestigte sich der Gedanke als Erfahrung seines noch jungen Lebens…

      Der Anführer der jungen Chatten hatte sie in eine Bedrohung geführt, der er und sein Bruder, nur mit knapper Not entgingen… Die Gefährten und der Anführer aber waren tot.

      Also war alles, was der ältere Chatte lehrte oder erzählte eine Lüge?

      Der Reiter versank tiefer in seinen Gedanken und achtete zu wenig auf seinen Weg. Fast wäre er, von einem über dem Pfad hängenden Ast, vom Pferd geworfen worden. Der Schlag des Astes traf ihn, fegte ihn aber nicht vom Rücken seines Tieres. Sich im letzten Moment zurückbeugend, entkam er dieser Gefahr.

      Zurückblickend sah er den Ast und auch seinen Verfolger, der in gehörigem Abstand seiner Spur folgte. Es war der junge Hermundure.

      Der Chatte kehrte zu seinen Überlegungen zurück, sorgte sich aber von jetzt an mehr um seinen Weg und mögliche Gefahren.

      Nicht alles, was der Anführer ihnen beibrachte, war schlecht. Mit Sicherheit aber gehörte dieser chattische Krieger zu denen, die ihre Fähigkeiten überschätzten. Die gleiche Beurteilung hätte dem Anführer der Hermunduren ein wohl ganz anderes Urteil zugebilligt…

      Er erfasste den Unterschied zwischen einem erfahrenen Krieger und einem ruhmsüchtigen Mann. In diesem Augenblick trennte er, für sich zwar nur mehr vom Gefühl her, zwischen seinem Anführer und diesem Irvin. Der Hermundure musste Kampferfahrung besitzen und den Tod fürchten, was ihn aber nicht dazu verleitete, jeden Gegner gleich töten zu wollen. Der Krieger der Hermunduren war so gelassen genug, in Jungmännern, wie sie es waren, keine Bedrohung erkennen zu wollen, obwohl auch er deswegen nicht gleich leichtfertig vorging. Er wollte weder Töten noch Foltern und er gab ihnen eine Gelegenheit, sich zu bewähren.

      Irvin sah wohl ihre Verbindung als Zwillinge. Er dachte an den Schmerz, den der eine Zwilling erfahren würde, wäre sein Bruder gefoltert worden…

      Die

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