Arztroman Sammelband: Drei Romane: Ihre Verzweiflung war groß und andere Romane. A. F. Morland

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Arztroman Sammelband: Drei Romane: Ihre Verzweiflung war groß und andere Romane - A. F. Morland

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      8

      „Mach es dir bequem“, forderte Thomas Winter seine schöne Schwägerin. auf. „In diesem Sessel. Oder auf dem Bett. Wo du willst.“

      Sonja hielt sich vom Bett fern. Sie wollte nichts heraufbeschwören. Sie bereute sogar schon ein wenig, mit hochgekommen zu sein.

      Wozu war sie hier? Warum hatte sie sich in diese Gefahr begeben? Ihr gefiel Thomas zwar immer noch sehr, aber sie hatte ganz bestimmt nicht vor, mit ihm zu schlafen.

      Nicht deshalb, weil sie verheiratet war – das hatte sie noch nie gestört – sondern weil Joachim Aiger ihr derzeitiger Favorit war. Thomas hatte gesagt, er wolle ihr sein Zimmer zeigen, und sie war dummerweise damit einverstanden gewesen. Thomas hatte eine Flasche Champagner bestellt. Jetzt ließ er den Korken knallen und füllte die Gläser.

      „Ich möchte eigentlich nichts mehr trinken“, sagte Sonja gepresst.

      „Ach komm, sei kein Frosch“, meinte Thomas gutgelaunt. „Wir müssen unser Wiedersehen doch gebührend begießen!“

      „Das haben wir doch schon!“

      „Noch nicht genug“, befand Thomas, drängte ihr das Glas auf und stieß mit ihr an. Er trank. „He, wieso bist du auf einmal so verspannt?“

      „Bin ich ja gar nicht.“

      „Du hast doch nicht etwa Angst vor mir?“

      „Vor dir? Warum sollte ich?“

      „Eben.“ Er sah sich um. „Gemütliches Zimmer, nicht wahr?“

      „Ja, sehr gemütlich.“

      „Mit allem Komfort. Möchtest du fernsehen?“

      „Nein. Langweilst du dich denn mit mir?“

      „Aber keine Spur. Davon kann überhaupt keine Rede sein.“ Er leerte sein Glas und füllte es gleich wieder.

      Er trinkt zu viel, dachte Sonja.

      Thomas beugte sich zu ihr hinunter und sah ihr tief in die Augen. „Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe, Sonja. Wieso haben wir eigentlich nie miteinander geschlafen?“

      „Ich weiß es nicht“, antwortete Sonja mit belegter Stimme.

      „ An Gelegenheiten hat es uns doch nie gemangelt. Wir waren sehr oft allein.“

      Sonja zuckte die Schultern. „Es hat sich eben nie ergeben.“

      „Könnte es sich denn – heute ergeben?“, fragte Thomas leise.

      Sonja vibrierte innerlich. „Tut mir leid, Thomas“, sagte sie heiser, „der Zug ist abgefahren.“

      Er sah sie überrascht an. „Du nimmst doch nicht etwa Rücksicht auf Patrick?“

      „Es gibt zwischen einem Mann und einer Frau so gewisse Augenblicke – entweder funkt es dann, oder es läuft nie mehr etwas zwischen den beiden.“

      Thomas richtete sich auf und trank. „Du meinst, ich habe diese gewissen Augenblicke nicht erkannt und dadurch verpasst?“

      „Ja“, sagte Sonja. „Das meine ich.“ Sie stellte ihr Glas weg und stand auf. „So, und nun muss ich gehen.“

      Er riss verblüfft und enttäuscht die Augen auf. „Jetzt? Wohin denn?“

      Sie lächelte. „Dumme Frage. Nach Hause natürlich.“

      „Aber dafür ist es doch noch viel zu früh.“

      Sie schluckte trocken. „Es ist besser, wenn ich gehe. Wir sehen uns ja sicher wieder – irgendwann. Das lässt sich gar nicht vermeiden, wenn du deine Zelte wieder in München aufschlägst.“ Sie gab ihm einen sehr flüchtigen Kuss auf den Mund. Er wollte sie packen und an sich pressen, doch sie war schneller, entwand sich seinem Griff und war schon bei der Tür.

      „Adieu!“, rief sie, und dann war sie auch schon draußen.

      Er fluchte, als er allein war, griff sich wütend die Flasche, setzte sie an die Lippen und trank mit gierigen Zügen. Verdammt, er wollte betrunken sein.

      Aber der Champagner reichte nicht. Er ließ sich eine Flasche Whisky bringen und trank Glas um Glas. Er wusste, dass er mit dem Alkohol vorsichtig sein musste, dass ihm der viele Whisky nicht gut tat, aber es war ihm egal.

      Er behandelte sich wie einen Todfeind, den er vernichten wollte. Es war verrückt, aber er hasste sich. Ja, er konnte diesen Thomas Winter nicht ausstehen. Diesen eingebildeten Gockel, der meinte, jede Frau haben zu können. Diesen leichtsinnigen Abenteurer. Diesen unzuverlässigen Luftikus, der aller Welt – und auch sich selbst – etwas vorspielte. Diesen kranken Mann, der so tat, als könne er Bäume ausreißen. Dabei war sein Herz so schwach, dass ihm jede Aufregung schadete.

      Nicht Heimweh hatte ihn nach München zurückgetrieben, sondern Angst. Angst davor, in irgendeiner fremden Stadt zu sterben. Niemand sah es ihm an.

      Selbst Dr. Kayser hatte nicht gemerkt, dass er ein todkranker Mann war, der – bei seinem Lebenswandel – nicht mehr lange zu leben hatte.

      Sein Herz ... Angina pectoris hatten drei Ärzte unabhängig voneinander diagnostiziert. Einer in Mainz, einer in Bonn und einer in Hamburg.

      Striktes Alkoholverbot hatten sie ihm erteilt, doch hielt er sich dran? Nein. Er trank weiter, mehr denn je. Er trank nicht, er soff schon, und er war gespannt, wie lange er das durchhalten würde.

      Jetzt, wo er endlich zu Geld gekommen war, ging es ihm gesundheitlich furchtbar schlecht. Er würde das viele Geld, das er während einer lang anhaltenden Glückssträhne gemacht hatte, nicht mehr ausgeben können. War das nicht traurig? Immer, wenn er traurig war, musste er trinken.

      „Prost!“, sagte er und trank den nächsten Whisky in einem Zug aus.

      Es bringt mich um!, dachte er, während er das Glas abermals füllte. Wenn schon! Niemand wird Thomas Winter eine Träne nachweinen. Ich befreie die Welt von einem Übel. Herrgott, wie lange dauert das denn, bis ich so betrunken bin, dass ich nicht mehr denken kann?

      Ihm war heiß, er riss den Kragenknopf auf und öffnete den Hemdkragen. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Kalter Schweiß! Er trank, ließ die Ewigkeit hochleben.

      O ja, er war ein übler Zyniker, und nichts war ihm heilig. Er machte sich über alles lustig. Sogar über seinen eigenen Gesundheitszustand.

      Und über den Tod, der seine Knochenfüße bereits an die Startklötze gestemmt hatte, der ihn jedoch nicht einschüchtern konnte.

      Alle Menschen müssen sterben, die einen früher, die anderen später. Übrig bleibt am Ende keiner. Das ist nun mal der Lauf der Welt, der Zyklus des Lebens, ein ständiges Kommen und Gehen. Je früher man sich damit abfindet, desto leichter

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