Romantic Thriller Sommer 2020: 9 Romane um Liebe und Geheimnis. Alfred Bekker

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befand sich Helligkeit darin. Wieso? Hier gab es doch keinen Strom, und dass die drei Geister auftauchten, war eher unwahrscheinlich, denn sie waren ja schließlich selbst auf der Suche und hatten erklärt, sie könnten diesen Ort nicht erreichen.

      Die einsetzende Stille schmerzte ebenso in den Ohren wie das Kreischen zuvor. Ohne bewusst darauf zu achten, standen Gordon und ich eng beieinander. Er legte beschützend seine Hand um meine Schulter, ich fand diese Berührung in der augenblicklichen Situation sehr angenehm und beruhigend.

      „Was ist das?“, flüsterte ich. Doch jetzt wollte ich nicht länger warten, und ich wollte vor allem meine Angst überwinden. Mutig schritt ich voran. Eine Art Altar war dort zu sehen, darauf lagen einige aus sich selbst leuchtende Kristalle. Ich stellte nicht die überflüssige Frage, wieso diese Kristalle leuchten konnten, darauf würde ich sowieso keine Antwort bekommen. Aber interessant war für uns das Buch, welches sich ebenfalls auf dem Altar befand. Ziemlich dick und bestimmt sehr schwer, mit einem hölzernen Einband und getriebenen Silberarbeiten darauf. Das war unser Ziel.

      Ehrfürchtig streckte ich die Hand aus und berührte das Buch. Ein leichter elektrischer Schlag durchfuhr mich, doch ich schreckte nicht zurück. Neugierig schlug ich den Deckel auf, während mein Herz wie wild raste. Selbst wenn es nicht darum gegangen wäre, die drei Geister der ewigen Ruhe zuzuführen, hätte ich mich jetzt aufgeregt, denn das hier war bestimmt etwas ganz besonderes.

      Neben mir hörte ich das erregte Atmen von Gordon. Auch er war ganz in der Situation gefangen.

      In blutroter Schrift sprangen uns die Buchstaben auf der ersten Seite förmlich entgegen, formten sich zu Worten, die für mich keinen Sinn ergaben und doch bestimmt von schicksalsschwerer Bedeutung waren.

      Ich spürte plötzlich eine Gefahr auf mich zukommen. Ich schaute mich um, und im gleichen Moment erklang ein schabendes Quietschen. Irgendwo in den Wänden öffneten sich die nächsten Fallen, um uns zu töten. Da vorne, wie eine Schießscharte, wurde eine Luke sichtbar. Ich gab Gordon einen Schubs, dass er aus der Schusslinie stolperte, und warf mich selbst zu Boden. Das war rein instinktiv gehandelt, aber es erwies sich als vollkommen richtig, wie ich gleich darauf feststellte, denn sogar aus zwei Öffnungen schossen diese widerlichen Speere und hätten uns unweigerlich getroffen. Die Wucht der Durchschlagskraft hätte in jedem Fall gereicht, um uns schwer zu verletzen, wenn nicht gar zu töten. Doch als die Speere auf die Wand auftrafen, gab es ein hässliches metallisches Knirschen, und beide Waffen fielen zu Boden, wo die hölzernen Schäfte zersplitterten und in tausende Einzelteile zerbrachen. Die tödliche Falle musste vor unendlichen Zeiten eingerichtet worden sein, doch an ihrer Gefährlichkeit änderte das nichts.

      Zitternd stand ich auf und betrachtete die Waffen, die jetzt so harmlos wirkten. Auch Gordon rappelte sich auf. Er schaute kopfschüttelnd von den Speeren zu mir und wieder zurück.

      „Woher – ich meine, wie hast du gewusst, dass...“ Er brach ab und bemerkte nicht einmal, dass er unvermittelt zum Du übergegangen war. Ich hatte nichts dagegen. Es gibt wohl nur wenige Situationen, die enger verbinden als eine überstandene Lebensgefahr.

      „Ich wusste es einfach“, erwiderte ich, noch immer geschockt. Er zog mich an sich, und ich spürte gleich darauf den kräftigen Körper, in dem das Herz langsam wieder auf eine normale Schlagzahl zurückkehrte. Er roch gut, sein After-Shave passte zu ihm, war herb und männlich, und als er jetzt den Kopf beugte und mich küsste, musste das einfach so sein. Ich schmeckte seine Lippen und fühlte mich trotz der bedrohlichen Lage wie im siebten Himmel.

      „Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Gordon nach einer, wie mir schien, viel zu kurzen Zeit.

      „Ja, natürlich. Wir sollten das Buch nehmen und versuchen einen Ausgang zu finden.“

      „Ein außerordentlich praktischer Vorschlag.“ Er nahm das schwere Buch unter den Arm, und für einen Augenblick lang hatte ich das Gefühl, ich müsste es ihm wieder wegnehmen. Der Anfall verflog, als ich mich selbst zur Ordnung rief.

      Kaum hatten wir die Tür erreicht, schreckte uns ein erneut grässliches berstendes Geräusch auf. Der Altar versank im Boden, die Wände und die Decke grollten lauter als der Donner bei einem Gewitter, und selbst die Luft vibrierte. Staub und kleine Steine rieselten aus der Decke, und dieses Mal war es Gordon, der mir einen Schubs gab.

      „Lauf! Renn, so schnell du kannst“, brüllte er.

      Ich setzte mich in Bewegung, egal wohin, nur weg von hier. Die Abzweigung ließen wir außer Acht, rannten geradeaus, weiter ins Ungewisse. Nur so war es dann auch zu erklären, dass wir die nächste Falle nicht einmal ansatzweise sahen. Unter uns tat sich der Boden auf, und wir fielen ins Leere.

      13

      „O mein Gott, nein“, stöhnte ich entsetzt und schaute mich voller Panik um. Ich war von Knochen umgeben, und die hatten mir vermutlich das Leben gerettet. Es stank bestialisch, und ich wollte lieber nicht wissen, wie viele Menschen hier schon in den Tod gestürzt waren. Warum wusste eigentlich niemand etwas darüber, dass sich unter Rosemont Hall ein ausgedehntes Labyrinth befand?

      Zwei Geräusche drangen an meine Ohren. Das Rauschen von Wasser und das Stöhnen von Gordon. Offenbar hatte auch er den Sturz überlebt, unbewusst schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel, um danke zu sagen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass es seine Stimme gewesen war, die ich vorhin im Unterbewusstsein aufgenommen hatte, und die mich indirekt ins Leben zurückgeführt hatte.

      „Bist du verletzt?“, erkundigte ich mich und rappelte mich aus dem Gewirr der Knochen auf. Die Lampe hatte den Sturz unversehrt überstanden, doch es war nicht ihr Licht, das uns jetzt unsere Umgebung gut erkennen ließ. Eine Öffnung im Felsen brachte Tageslicht und die Hoffnung darauf, dass wir einen Ausgang aus diesem Horror finden könnten.

      Jetzt nahm ich das Buch an mich und stellte fest, wie schwer es tatsächlich war. Hätte das einen von uns getroffen bei diesem unkontrollierten Sturz, wären durchaus ernsthafte Verletzungen möglich gewesen.

      Ich bemerkte den hungrigen Blick von Gordon. Es gefiel ihm nicht, dass ich jetzt im Besitz des Buches war. Sicher, ich hatte das Versprechen abgegeben, ihm diesen Schatz für einige Zeit zu überlassen – aber ich hatte nicht gesagt, wann das sein würde. Wer auch immer dieses Exemplar in den Händen hielt, bekam offenbar den unwiderstehlichen Ehrgeiz, es nie wieder herzugeben. Ich erinnerte mich flüchtig an die Geschichte vom Herrn der Ringe, dort war ein ebensolcher Besitzanspruch mit dem Ring verbunden. Und von daher war mir auch der hungrige, ja schon gierige Blick geläufig, mit dem der Mann mich und das Buch jetzt musterte. Aber ich war mir dessen wenigstens bewusst. Offenbar besaß der Besitz des Buches nicht so viel Macht über mich wie über Gordon zum Beispiel. Allerdings würde ich aufpassen müssen, sagte ich zu mir selbst. Dabei wollte ich den Mann eigentlich nichts unterstellen, doch wohin Menschen getrieben werden konnten durch falschen Ehrgeiz, war mir wohl bewusst.

      Gordon und ich schauten uns an. Es gab hier nur einen Ausgang. Zwei Schritte entfernt floss ein unterirdischer Bach vorbei, daran entlang gab es einen schmalen

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