Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett
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»Ich habe im Fort meine Bedenken angemeldet, Sir«, versetzte Whitlock vorsichtig. »Aber der Colonel meinte, dass wir als kleine Gruppe beweglicher wären. Er hat die Apachen unterschätzt.«
»Sie zweifeln den Befehl des Colonels an?«, fragte der Major scharf. Zwei steile Falten hatten sich über seiner Nasenwurzel gebildet.
»Nein, Sir«, wehrte Whitlock ab. »Das wäre vermessen. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass wir zu schwach sind, um gegen Victorio und seine Krieger bestehen zu können. Der Colonel ist davon ausgegangen, dass Victorio die Aussichtslosigkeit seines Kampfes einsieht und sich ergibt. Das war jedoch ein Trugschluss. Ich will damit dem Colonel auf keinen Fall zu nahe treten.«
Der Major winkte resigniert ab. »Schon gut. Ich weiß, was Sie meinen, Lieutenant. Lassen Sie aufsitzen. Wir ziehen uns in die Schlucht zurück. Und dann sehen wir weiter.«
»Wir sollten uns einige Pferde zusätzlich beschaffen, Sir«, räumte Whitlock ein. »Es kann nie schaden, ein paar Tiere in der Reserve zu haben.«
»Veranlassen Sie, dass die Tiere der Apachen eingefangen werden.«
Whitlock rief die Namen dreier Kavalleristen und befahl ihnen, die Pferde zu holen, die die Apachen zurückgelassen hatten. Dann zogen sich in die Schlucht zurück. Eine kleine Gruppe sicherte nach hinten, vier Soldaten und der Scout ritten voraus. Immer wieder wanderten die Blicke an den Felswänden nach oben. Und als die Vorhut eine der Engstellen passiert hatte, geschah es. Steine stürzten in die Tiefe. Eine ganze Gerölllawine. Es krachte und barst. Staub wallte dicht. Die Pferde scheuten. Geschrei erschallte. Die Vorhut war von der Patrouille getrennt. Immer wieder krachten Felsklötze in die Tiefe. Und dann kam Hufgetrappel auf. Ein Dutzend Apachen stoben durch die Schlucht. Im vollen Galopp feuerten sie ihre Waffen ab. Der Scout und die vier Soldaten hatten keine Chance. Die Apachen sprangen von den Pferden und erklommen den Haufen Gestein, der von oben in die Schlucht gestürzt war. Blindlings feuerten sie in die Patrouille hinein. Im Nu wälzte sich ein Knäuel ineinander verkeilter Menschen- und Pferdeleiber am Boden. Das Sterben ging weiter. Nur einem kleinen Rest Soldaten gelang es, in Deckung zu laufen und zu kämpfen. Pferde gingen durch und stoben von Panik erfasst davon. Die Nachhut war aufgerückt. Die Indianer, die durch die Schlucht gekommen waren, verschwanden wieder.
Der Spuk war plötzlich zu Ende.
Lieutenant Whitlock, Sergeant Burmester und fünf Soldaten waren noch einsatzfähig. Die anderen waren entweder tot oder schwer verwundet. Sie hatten nur noch drei Pferde. Es war eine bittere Niederlage, die sie einstecken mussten.
»Wir brechen die Mission ab«, sagte Whitlock. »Die Toten begraben wir an Ort und Stelle. Mit den Verwundeten versuchen wir, uns nach Norden durchzuschlagen.«
Seinen Worten fehlte die Hoffnung. Später, als die Männer Felsbrocken über die toten Kameraden schlichteten, sagte er zu dem Sergeant: »Wir sind verheizt worden. Der Colonel ist von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Aber was zählen schon ein paar Soldaten. Es ist im Sold inbegriffen, gegebenenfalls vor die Hunde zu gehen. Als Kavallerist bist du nichts weiter als ein Stück Ausrüstung, die zum Pferd gehört. Das ist so und wird mir immer klarer.« Der Tonfall in der Stimme Whitlocks war an Verbitterung nicht zu übertreffen.
»Haben wir überhaupt eine Chance?«, fragte der Sergeant.
»Solange ein Funke Leben in uns ist – ja. Es wird zehn bis zwölf Tage dauern, bis wir Fort Wingate erreichen. Ja, wir haben eine Chance.» Whitlock nickte, als wollte er so seinen Worten Nachdruck verleihen. »Wir marschieren nachts und ruhen am Tag. So schaffen wir es, Sergeant. Ganz bestimmt.«
Der Gesichtsausdruck des Sergeanten verriet, dass er Whitlocks Zuversicht nicht teilte.
Es starben noch zwei der Verwundeten. Sie waren zu siebt und mussten sich um drei Verwundete kümmern. Für sie hatten sie noch Pferde. Whitlock, der Sergeant und die anderen fünf Soldaten, die noch einsatzfähig waren, mussten marschieren.
Als die Dunkelheit den Tag nach Westen vertrieben hatte, brachen sie auf. Sie verließen die Schlucht und wandten sich nordwärts. Die Angst war ihr Begleiter, die Apachengefahr hing wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen. Dazu kamen bald Hunger und Durst. Der kleine Vorrat an Pemmikan war schnell aufgebraucht, die drei Wasserflaschen, die sie hatten, waren leer. Auf die Jagd wagten sie sich noch nicht zu gehen, denn ein Schuss konnte den Indianern ihren Standort verraten.
Die Nacht war finster. Die Dunkelheit zwischen den Felsen mutete fast stofflich und greifbar an. Sie kamen nur schlecht vorwärts. Die Geräusche, die sie verursachten, rollten vor ihnen her. Schon bald begannen Whitlocks Füße in den Stiefeln zu brennen. Den anderen ging es nicht besser. Mit den glatten Sohlen rutschte der eine oder andere auf dem oftmals glatten Fels aus. Die Männer stöhnten und ächzten. Einmal sagte einer der Kavalleristen: »Wenn ich das zehn oder zwölf Tage durchhalten soll, schieße ich mir lieber gleich eine Kugel durch den Kopf.«
»Das erledigen vielleicht die Rothäute«, knurrte ein anderer.
Unbeirrt ließ Whitlock marschieren. Gegen Mitternacht gönnte er sich und den Männern eine Pause. Nach einer halben Stunde ging es weiter. Die Füße wurden schwer wie Blei. Oftmals stieg das Land an und der Aufstieg war beschwerlich. Dann ging es wieder steil nach unten. Sie stolperten über Geröll, traten in Risse, stießen sich an Felsvorsprüngen. Als der Morgen graute, waren sie fix und fertig. Sie ließen sich zu Boden sinken und rissen sich die Stiefel von den Füßen.
Zwei Mann mussten Wache halten. Die anderen durften sich ausstrecken und schlafen. Sie befanden sich am Beginn einer Schlucht. Die Erschöpfung hatte die Muskeln in ihren Gesichtern erschlaffen lassen. Ihre Augen brannten. Sie hatten sich die Füße wundgelaufen und in den Gemütern saß die Angst. Sie waren psychisch und physisch fertig.
*
Eine kleine Gruppe von Apachen befand sich auf der Jagd. Sie hatten einen Hirsch erlegt und das tote Tier auf dem Rücken eines Mustangs festgebunden. Jetzt waren sie auf dem Rückweg in ihr Lager in einem Canyon. Es war um die Mittagszeit.
Es gab nicht viel Wild in den Mimbres Mountains. Nur Wölfe, Coyoten und Pumas, vielleicht auch Bären. Die Bisons, die früher über die Prärien gezogen waren, hatten weiße Jäger zu hunderttausenden abgeschlachtet und ihre Häute verkauft. Die Hauptnahrungsquelle der Indianer gab es nur noch selten, und vor dem Winter würden die wenigen kleinen Herden, die jetzt die weiten Prärien noch bevölkerten, nach Süden ziehen. Auch das Wild würde sich aus den gebirgigen Regionen in die Wälder flüchten.
Die Apachen wussten, dass ihnen ein harter Winter bevorstand. Darum versuchten sie, soviel Fleisch wie möglich zu erjagen und es zu trocknen, damit sie in den Wintermonaten überleben konnten. Dazu dienten hauptsächlich die auf den Ranches erbeuteten Rinder.
Auf einem Felsen stand ein Weißer. Das Rudel mit dem erlegten Hirsch war an ihm vorbeigezogen, ohne ihn zu bemerken. Er hielt die Winchester mit beiden Händen schräg vor seinem Körper.
Auf einem anderen Felsen erschien ebenfalls ein Weißer. Stoppelbärtig, mit einem langen Staubmantel bekleidet, ein Gewehr in den Fäusten haltend. Verkommenheit und Niedertracht standen ihm ins Gesicht geschrieben. Seine stahlblauen Augen blickten eisig. Er winkte seinem Gefährten zu.
Zwischen