Henkersmahl. Bärbel Böcker

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Henkersmahl - Bärbel Böcker

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den Apparat gelegt hatte.

      Beide erhoben sich und griffen nach den Unterlagen. Max überprüfte alles auf Vollständigkeit und murmelte: »Ablaufplan der Sendung, Zuspielfilme, alles da.« Ungerührt legte er den Hörer auf und sagte: »Komm, lass uns einen Zahn zulegen, wenn Regine so trommelt, verheißt das nichts Gutes.«

      5

      Florian und Max standen vor der Fahrstuhltür und starrten auf das Display der Fahranzeige. Der Fahrstuhl hing offenbar fest, denn die Anzeige K1 leuchtete permanent rot auf. Dort im Souterrain befand sich das Archiv und einige Schnittplätze, an denen Profi Entertainment die Zuspielfilme der Sendung produzierte. Wahrscheinlich hatte mal wieder irgendein Kollege den Fahrstuhl blockiert.

      »Verdammt, immer wenn man es eilig hat«, fluchte Max. »Komm, wir nehmen die Treppe.«

      Aus dem oberen Stock kam ihnen einer der Aufnahmeleiter entgegen. Im Vorbeilaufen frotzelte er: »Hält fit, was?«

      »So fit, dass ich bald einen Kreislaufkollaps kriege«, antwortete Max ärgerlich. Er blieb stehen und hielt sich einen Moment am Treppengeländer fest.

      Florian wunderte sich, denn Max machte doch sonst nicht so schnell schlapp. »Nun los, komm schon«, sagte er und musterte ihn prüfend.

      Beide nahmen die nächsten Stufen, Max jedoch deutlich langsamer. Als sie im dritten Stock angekommen waren, beugte Max sich über das Treppengeländer und rief hinunter: »Um wie viel Uhr geht’s eigentlich los? Verzögern sich die Stellproben?«

      »Nein, sieht gut aus, wir können den Zeitplan vermutlich halten. Ich melde mich, falls ich etwas anderes höre«, rief der Aufnahmeleiter, der bereits im zweiten Stock angelangt war, zurück.

      »Hauptsache, morgen läuft alles glatt«, grummelte Florian. Stellproben, die dazu dienten, dass Licht, Kamera, Ton und Ablauf der Sendung so aufeinander abgestimmt waren, dass alles reibungslos funktionierte, führten sie in ihrer Show derzeit eigentlich selten durch, aber diese Woche hatten sie eine neue Bühnendekoration bekommen und deshalb mussten die Elemente der Show neu koordiniert werden, obwohl im Prinzip alles beim Alten blieb.

      Mittlerweile war beim Diens-Talk, der seit zwei Jahren lief und am Dienstagabend von 21 bis 22 Uhr einen Marktanteil von durchschnittlich 16 Prozent erzielte, fast alles reine Routine. Auch die Redaktionssitzungen.

      Als Florian und Max nun mit Schweißperlen auf der Stirn in den Konferenzraum eintraten, schlug ihnen eine Wolke schlechter Luft entgegen. Irgendjemand hatte Knoblauch gegessen, viel Knoblauch. Florian ging zum Fenster und kippte es, obwohl er es am liebsten weit geöffnet hätte, aber dafür war es noch zu kalt. Dann setzte er sich an den ovalen Konferenztisch, der vor einem großen Flachbildschirm stand, auf dem ununterbrochen das Programm eines Nachrichtensenders lief. Er wunderte sich darüber, dass Hermann Barrick, Leiter der journalistischen Unterhaltung beim Sender, auch hier war. Üblicherweise zitierte er Regine und Max zu Besprechungen zu sich ins Büro. Außer ihm und Max, Regine Liebermann und Hermann Barrick waren zwei weitere Redakteure anwesend, Katja und Curt. Sie waren Kettenraucher wie Regine.

      Regine ergriff das Wort: »Um es kurz zu machen. Wir haben das Thema der nächsten Sendung gekippt. Es lautet nicht mehr Köln in Angst, sondern Brutale Diebe, Jugendbanden in Nordrhein-Westfalen.«

      »Das ist nicht dein Ernst.« Max bekam einen roten Kopf.

      »Doch. Und zwar aus gutem Grund.« Regines Stimme klang ungewohnt scharf.

      Barrick lehnte sich zurück, reckte den Hals und schob den Unterkiefer vor, wie immer, wenn er sich einerseits unbehaglich, aber dennoch wunderbar mächtig fühlte.

      »Der Leiter des Gesundheitsamtes und die Referentin aus dem NRW-Innenministerium haben vor 20 Minuten ihre Teilnahme an der Show abgesagt«, erklärte Regine.

      Florian unterbrach sie entgeistert: »Was? Ich habe doch gerade noch mit beiden telefoniert.«

      »Nun, was Sie so unter gerade noch verstehen. Wir machen eine aktuelle Talkshow, und die aktuelle Entwicklung sieht nun mal so aus, dass beide nicht zur Verfügung stehen. Anstatt nun wie wild Ersatz-Talkgäste aus der Politik zu suchen und in Anbetracht der knappen Zeit maximal Gäste der B- oder C-Kategorie zu kriegen, machen wir lieber eine Top-Sendung zu einem ganz anderen Thema …«

      »… das aber niemanden wirklich interessiert«, führte Max den Satz fort. »Ich habe zwar, wie ihr wisst, die Sendung über die Jugendbanden schon vorbereitet, aber im Brennpunkt stehen doch jetzt ganz andere Dinge! Die Menschen wollen erfahren, was es mit den dubiosen Krankheitsfällen auf sich hat. Außerdem erwarte ich in den nächsten Tagen einen heißen Tipp über einen bevorstehenden Bandenkrieg, der sich in Köln-Bickendorf abspielen soll. Wäre doch schade, das Pulver einfach zu verschießen.«

      Max sah Regine an, und die Hoffnung, dass sie ihm zustimmte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er fuhr fort: »Außerdem haben wir Neuigkeiten. Ein Toter aus Ehrenfeld scheint Opfer der unerklärlichen Krankheit zu sein.«

      »Woher wollen Sie das denn wissen?« Barrick funkelte ihn an. Seine Geheimratsecken ließen sein Gesicht noch länglicher erscheinen, als es eh schon war.

      »Aus sicherer Quelle«, erwiderte Max.

      »Und um welche geht es dabei, wenn ich fragen darf?« Barricks Stimme klang beinahe spöttisch.

      »Das würde ich jetzt lieber für mich behalten. Informantenschutz. Aber ich gehe davon aus, dass Sie das spätestens übermorgen in der Zeitung lesen werden.« Max’ Antwort war schroffer als nötig ausgefallen.

      »Die Quelle wollen Sie also nicht nennen und wir können sie auch nicht benutzen«, stellte Barrick fest. »Treu und Glauben als Basis der Sendung? Dafür riskiere ich nicht den Kopf bei der Programmdirektion.«

      »Moment mal, Herr Barrick. Wenn wir die Sendung machen, dann wird die Quelle sogar mit auf dem Talksofa sitzen«, versetzte Max.

      Regine schritt ein: »Woher stammen die Informationen, Max, und wer ist dein geheimnisvoller Talkgast?«

      »O. k.« Max verzog das Gesicht. »Eddie Klump vom Kölner Blick. Er weiß eine Menge und war sogar auf der Party, auf der der junge Mann starb.«

      »Dieser windige Boulevard-Journalist«, erregte Barrick sich. »Dem ist doch jede Lüge recht, um sich bei uns in die Sendung zu schleichen.« Barrick, bereits Ende 50, kam tatsächlich in Fahrt. »Machen Sie die Sache wasserdicht. Kommen Sie mir nicht mit diesem Klump und bringen Sie mir klare Belege, dann reden wir weiter.«

      Max schluckte. »Da ist noch etwas. Florian Halstaff und ich haben heute Morgen per Anruf auf dem Handy eine Drohung erhalten. Wenn wir die Sendung nicht kippen würden, müssten wir mit dem Schlimmsten rechnen. Was immer das auch heißen mag.«

      Max und Florian sahen Barrick erwartungsvoll an, gespannt, wie er auf diese Mitteilung reagieren würde.

      Barrick stutzte einen Moment. »Sie nehmen das doch nicht etwa ernst?«

      »Auf jeden Fall so ernst, dass wir die Sendung unbedingt machen sollten. Nun erst recht.« Max drehte sich zu Florian, der nachdrücklich nickte.

      »Keine Frage.«

      »In diesem Fall gebietet allein meine Fürsorgepflicht, Ihnen die Sendung zu untersagen«, erwiderte Barrick ironisch. »Nicht, dass Ihnen etwas zustößt. Sie wissen ja, für solche Fälle sind wir

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