Das Sandmann-Projekt. Anette Hinrichs

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Das Sandmann-Projekt - Anette Hinrichs

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Mann war nichts mehr zu sehen.

      Als Malin zurück ins Präsidium kam, waren die Schreibtische ihrer Kollegen verwaist. Sie schenkte sich einen Becher Kaffee ein und setzte sich an ihren Platz. Nachdenklich starrte sie aus dem Fenster in den bewölkten Himmel. Was machte man in einem Pfeifenclub? Rauchen und philosophieren?

      Malin nippte an ihrem Kaffee. Er schmeckte ungewöhnlich bitter. Sie schob den Becher beiseite, öffnete die unterste Schublade ihres Schreibtisches und zog eine Papiertüte mit einem Franzbrötchen vom Vortag heraus. Genüsslich biss sie in das süße Hefegebäck. Sofort breitete sich der vertraute Butter-Zimt-Geschmack auf ihrem Gaumen aus.

      Derart gestärkt, gab sie in die Internet-Suchmaschine die Begriffe Pfeifenclub und Hamburg ein. Zwölftausend Treffer. Anscheinend waren solche Clubs hier nichts Ungewöhnliches. Sie las sich einige der Vereinsbeschreibungen durch. In vielen häuften sich Dinge wie Förderung der Geselligkeit und Erhaltung von Traditionen, auch von Aktionen wie Zigarillowettrauchen und Kegelturnieren war die Rede. Bei weiteren Clubs wurden Wanderungen und Ausflüge erwähnt, sowie Spendenaktionen und das jährliche Grünkohlessen.

      Malin gab als zusätzlichen Begriff Langenhorn in die Maske ein. Nur noch einhunderteinundzwanzig Treffer. Sie ging die einzelnen Seiten durch, nur um festzustellen, dass nicht einer davon in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Langenhorner Pfeifenclub stand.

      Die Tür wurde aufgerissen und Tiedemann erschien. »Du bist zurück? Vorhin war ein Taxifahrer hier und wollte was von dir.«

      »Der sollte mich doch anrufen«, entfuhr es Malin.

      »Davon hat er nichts gesagt.« Tiedemann setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Dafür konnte er sich umso besser an Kurt Wenninger erinnern. Er sagt, der Alte sei sternhagelvoll gewesen und hätte während der ganzen Fahrt gezetert. Es hörte sich wohl so an, als hätte Wenninger sich an dem Abend heftig mit jemandem gestritten.«

      »Sind Namen gefallen?«

      »Wenninger hat etwas von einem Admiral gefaselt.« Tiedemann lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. »Möglicherweise meinte er jemanden vom Militär, aber um da einen Zusammenhang herzustellen, fehlen uns zahlreiche Infos. Ich habe sicherheitshalber eine Abfrage bei EWO gemacht, für den Fall, dass es sich um einen Nachnamen handelt. Nichts.« Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. »Ich komme übrigens gerade vom Chef. Wir sind mit der Suche nach Michael Baumann kein Stück vorangekommen, deshalb hat Fricke die Berliner Kollegen um Unterstützung gebeten.«

      »Apropos Suche, wo steckt eigentlich Sven?«

      »Beim Zahnarzt.« Tiedemann musterte Malin. »Und? Hast du bei Biedermann etwas erreicht?«

      Sie erzählte von dem Gespräch mit dem Postboten. Tiedemann hob die Brauen. »Ein Pfeifenclub? Das sollten wir überprüfen.«

      »Bin schon dabei«, entgegnete Malin. »Allerdings gibt es Dutzende in Hamburg. Die meisten Gruppen treffen sich in irgendwelchen Gaststätten oder Vereinsheimen. Biedermann hat in diesem Zusammenhang Langenhorn erwähnt, doch möglicherweise wollte er sich damit auch nur wichtig machen.« Sie knüllte die leere Brötchentüte auf ihrem Tisch zu einer kleinen Kugel zusammen und feuerte sie in den Papierkorb. »Ich habe das Gefühl, wir treten auf der Stelle.«

      Tiedemann schlug sich an die Stirn und gab etwas in seine Computertastatur ein. Dann erhellte sich sein Gesicht. »Dass ich da nicht gleich draufgekommen bin! Das Admiral ist eine Gaststätte. Ich kenne sie sogar. Wir haben dort vor einigen Jahren in einem Fall recherchiert. Und jetzt rate mal, in welchem Stadtteil sie sich befindet.«

      »Wenn du so fragst, nehme ich an, in Langenhorn?«

      Tiedemann grinste. »Und zwar in unmittelbarer Nähe zum Langenhorner Markt.« Er griff nach seiner Jacke. »Kommst du?«

      8

      Die Gaststätte Admiral befand sich in einem zitronengelb gestrichenen Haus direkt an der vielbefahrenen Tangstedter Landstraße. Von weitem wirkte das Gebäude mit seinen weißen Sprossenfenstern und dem roten Ziegeldach einladend, doch als sie darauf zugingen, bemerkte Malin die fleckige Fassade und das abgeblätterte Holz an den Fensterrahmen. In einem Schaukasten neben dem Eingang hing eine Speisekarte mit verblasster Schrift.

      Die Eingangstür führte die Kriminalbeamten direkt in den Gastraum. Tische und Stühle aus dunklem Holz, eine breite Theke mit Barhockern und eine alte Eistruhe bildeten die Einrichtung. Auf jedem Tisch stand eine kleine Vase mit einer roten Nelke, an den Wänden hingen alte Bierplakate.

      Ein hagerer Mann mit Kinnbart hantierte hinter dem Tresen mit der Zapfanlage und sah den Neuankömmlingen missmutig entgegen. »Wir haben noch geschlossen. Steht auch auf dem Schild an der Tür. Kommen Sie in einer halben Stunde wieder, dann gibt’s auch Bier.«

      »Wir möchten kein Bier, sondern eine Auskunft.« Tiedemann zückte seinen Dienstausweis. »Aber vielleicht verraten Sie uns erst mal Ihren Namen.«

      »Gregor Lenz. Das ist mein Schuppen hier.« Der Wirt wischte sich die Hände an einem Handtuch ab. »Also, was kann ich für Sie tun? Ärger kann ich in meiner Gaststätte nicht gebrauchen.«

      »Ist Ihnen der Name Kurt Wenninger bekannt?«

      Lenz schüttelte den Kopf. »Sagt mir nichts.«

      Tiedemann zog ein Foto des Mordopfers aus seiner Jackentasche und schob es dem Wirt über die Theke.

      Gregor Lenz betrachtete es. »Das Gesicht kommt mir allerdings bekannt vor. Was ist mit dem Mann?«

      Malin ergriff das Wort. »Herr Wenninger ist vor einigen Tagen in seinem Haus tot aufgefunden worden. Ermordet.«

      »Das ist schlimm.« Der Blick des Wirts wurde argwöhnisch. »Und was hab ich damit zu tun?«

      »Wir gehen davon aus, dass sich Herr Wenninger am Dienstagabend, den fünften August, in Ihrer Gaststätte aufgehalten hat«, antwortete Tiedemann. »Können Sie das bestätigen?«

      Nachdenklich krempelte Lenz die Ärmel seines schwarzen Hemdes hoch. »Wäre schon möglich. Ich glaube, dieser Wenninger ist einer unserer Schmauchfreunde. Wir vermieten zweimal wöchentlich einen unserer Nebenräume an einen Pfeifenclub. Völlig legal, versteht sich.«

      Malin und Tiedemann wechselten einen Blick.

      Gregor Lenz schien die Doppeldeutigkeit seiner Worte ebenfalls aufzugehen, denn er schob eilig eine Erklärung hinterher. »Damit meinte ich natürlich, was das Rauchen in Gaststätten anbelangt!«

      Tiedemann winkte ab. »Entspannen Sie sich. Wir sind von der Mordkommission, nicht vom Ordnungsamt. Also noch mal zurück zu besagtem Dienstag vor zwei Wochen. Ein Zeuge hat ausgesagt, Herr Wenninger sei an dem Abend auffallend betrunken gewesen.«

      »Hier bei uns?« Der Wirt runzelte die Stirn. »Es gab da vor kurzem tatsächlich einen Vorfall. Was genau im Clubraum vorgegangen ist, kann ich Ihnen nicht sagen, nur, dass es dort sehr laut wurde. Möglicherweise war es sogar an dem Tag, von dem Sie sprechen. Ich frag mal meinen Koch.« Er öffnete die satinierte Schiebetür einer Durchreiche. »Friedhelm? Kommste mal?« Keine Antwort. »Ich seh mal nach, wo er steckt. Bin gleich wieder da.« Der Wirt verschwand durch die angrenzende Tür.

      Malin lehnte sich an den Tresen. »Endlich tut sich was.«

      »Abwarten«, entgegnete Tiedemann trocken. »Selbst

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