Das Sandmann-Projekt. Anette Hinrichs
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Читать онлайн книгу Das Sandmann-Projekt - Anette Hinrichs страница 19
Fricke beugte sich vor. »Und bei einem dieser Treffen, die Sie uns hier gerade als gemütliches Pfeifenkränzchen verkaufen, kracht es dann so gewaltig, dass eines Ihrer Mitglieder sturzbetrunken nach Hause fährt und anschließend dort ermordet wird.«
Herzog wurde stocksteif. »Ich weiß nicht, worauf Sie anspielen, Herr Fricke.«
»Bei einem Ihrer Treffen, um genau zu sein am Dienstag, dem fünften August, ist es zu einem Streit gekommen. Dabei soll es mehr als laut zugegangen sein. Dafür gibt es Zeugen.« Frickes Stimme war eine Spur schärfer geworden. »Also?«
»Das muss ein Missverständnis sein.« Herzog hob abwehrend beide Hände. »Ich war an dem Abend selbst dabei. Möglicherweise haben wir etwas lauter diskutiert und Kurt hat ein Glas zu viel getrunken. Aber mehr war da nicht. Wenn Kurt zu einem späteren Zeitpunkt aufgebracht war, muss es dafür andere Gründe geben.«
»Und worüber haben Sie diskutiert?«, hakte Fricke nach.
»Das kann ich Ihnen gar nicht mehr so genau sagen. Vermutlich ging es um Politik. Kurt konnte sich furchtbar über die Regierung und deren Änderungspläne in Bezug auf die Rentenbeiträge aufregen.«
»Wer könnte Ihrer Meinung nach einen Grund gehabt haben, Kurt Wenninger zu ermorden?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.« Herzog entfernte von seinem linken Hosenbein einen imaginären Fussel. »Das Ganze ist für mich absolut unbegreiflich.«
Fricke lehnte sich mit ausdrucksloser Miene wieder zurück. Malin ergriff das Wort. »Was können Sie uns sonst noch über Herrn Wenninger erzählen?«
»Er war ein anständiger Kerl.« Herzog legte bedächtig seine Fingerspitzen aneinander. »Mit einer besonderen Vorliebe fürs Botanische.«
»Waren Sie mal bei ihm zu Hause?«
»Nein. Die Schmauchfreunde treffen sich ausschließlich an den Clubabenden. Darüber hinaus gibt es keinen privaten Kontakt. Deshalb kann ich Ihnen leider auch gar nicht allzu viel über Kurt erzählen. Bis auf die politischen Diskussionen, die ihn manches Mal in Rage brachten, war er eher der verhaltene Typ.«
Fricke räusperte sich. »Wussten Sie, dass Kurt Wenninger lange Zeit in Ost-Berlin gelebt hat?«
»Nein, das wusste ich nicht.« Herzog lächelte. »Aber wie gesagt, Herkunft spielt bei uns keine große Rolle.«
»Wie finden eigentlich neue Mitglieder zu Ihnen?«, fragte Malin. »Ich habe im Internet keine Homepage oder einen anderen Hinweis auf die Schmauchfreunde gefunden.«
»Wir sind eine geschlossene Gruppe.«
»Und die Miete für den Clubraum?«, hakte Malin nach. »Wer bezahlt die?«
»Jedes Mitglied zahlt einen Jahresbeitrag, von diesem Geld wird die Raummiete beglichen.«
Malin dachte an die Aussage des Wirts. »Und die bezahlen Sie in bar, ohne Belege?«
Wolfgang Herzog wirkte irritiert. »Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Frage bezwecken, doch wenn das ein Versuch werden soll, mir irgendwelche steuerlichen Mauscheleien zu unterstellen, muss ich Sie leider enttäuschen. Die Schmauchfreunde sind kein eingetragener Verein. Wir sind weder auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, noch streben wir sonstige steuerbegünstigte Zwecke an. Somit ist eine geordnete Aufzeichnung nicht nötig. Der Pfeifenclub dient unserem reinen Privatvergnügen.« Er ging zu seinem Schreibtisch und öffnete eine Schublade, aus der er einen Ordner in DIN-A5-Format herauszog, den er Malin reichte. »Herr Lenz hat auf Barzahlung bestanden. Und natürlich habe ich eine Quittung verlangt. Nicht nur als Anwalt bin ich lieber auf der sicheren Seite, sondern ich möchte gegenüber den anderen Mitglieder auch Rechenschaft ablegen können, für den Fall, dass es notwendig sein sollte.«
Malin öffnete den Ordner und stellte beim Durchblättern fest, dass die Belege über mehrere Jahre zurückreichten. Sie gab ihn an ihren Chef weiter.
Fricke warf einen Blick hinein und legte ihn auf den Tisch. »Wir brauchen eine Liste mit den Namen und Adressen sämtlicher Mitglieder der Schmauchfreunde.«
»Dafür benötigen Sie einen Beschluss.« Wolfgang Herzog verschränkte die Arme vor der Brust.
»Kann ich aus Ihrer Reaktion schließen, dass Sie etwas zu verbergen haben?« Frickes Blick ruhte auf dem Anwalt.
Herzogs Gesichtszüge verhärteten sich. »Ich stelle Ihnen die Liste zusammen und lasse Sie Ihnen zukommen.«
»Vielen Dank.«
Verena Herzog erschien in der Tür. »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Vielleicht einen Kaffee oder ein Wasser?«
Ihr Mann erhob sich aus seinem Sessel. »Die Herrschaften wollten gerade gehen.«
Malin und Fricke tauschten einen Blick und standen auf.
»Ich bringe Sie zur Tür.« Verena Herzog drehte sich um. Im letzten Augenblick sah Malin das selbstgefällige Lächeln, das die Lippen der Anwaltsgattin umspielte.
10
»Ich hasse Anwälte«, brummte Fricke, sobald sie das Jugendstilhaus verlassen hatten. »Die produzieren nichts als heiße Luft und Berge von Papier. Ist dir aufgefallen, Brodersen, dass dieser Herzog quasi gar nichts über Wenninger erzählt hat?«
Malin nickte. »Allerdings hat das niemand getan, mit dem wir bisher gesprochen haben.«
»Pah! Die beiden kennen sich seit zwanzig Jahren und da wollen die sich nie über etwas Persönliches ausgetauscht haben?« Fricke schüttelte den Kopf. »Da will uns doch jemand für dumm verkaufen.«
»Du meinst also, Herzog hat was mit dem Mord an Wenninger zu tun?«
»Das hab ich nicht gesagt, Brodersen. Aber sobald wir diese Mitgliederliste haben, werden wir uns jeden Einzelnen von denen vorknöpfen. Und dann will ich wissen, was an diesem besagten Dienstag wirklich vorgefallen ist.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Wir statten jetzt noch Ilse Wenningers Tochter einen kurzen Besuch ab, und dann heißt es auch für uns beide Wochenende. Oder zumindest das, was noch davon übrig ist.« Er öffnete die Tür des Dienstwagens und setzte sich hinters Lenkrad.
»Hast du morgen schon etwas vor?« Malin rutschte auf den Beifahrersitz.
Fricke sah sie argwöhnisch an. »Wieso, willst du mich wieder mit zum Sonntagsessen bei deiner Mutter schleppen?«
»Möchtest du etwa?«, fragte Malin irritiert. Der Gedanke, dass sich jemand freiwillig den steifen Gepflogenheiten ihrer Familie aussetzen könnte, befremdete sie.
»Keine