Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore

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Einäugige Killer: 5 klassische Krimis - Cedric Balmore

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      Das Mädchen bückte sich und griff nach einem auf dem Podest liegenden Morgenmantel. Sie hüllte sich hinein und verknotete den Gürtel. Ich fragte mich, warum sie sich erst jetzt dazu aufraffte. Ich fand dafür nur eine Erklärung. Sie hatte ein paar Minuten gebraucht, um die Wirkung eines Schocks abschütteln zu können. Es lag auf der Hand, daß dieser Schock von äußeren Einflüssen erzeugt worden war — zum Beispiel von einem Fremden, der mit einer Pistole in das Atelier eingedrungen war und den Maler mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen hatte, ihm in einen der Nebenräume zu folgen.

      Wahrscheinlich hatte der Pistolenheld dem Mädchen angedroht, den Maler zu erschießen, wenn sie nicht bereit sein sollte, mir bei meinem Auftauchen ein paar Lügen unterzujubeln. Er hatte von ihr verlangt, daß sie seine Anwesenheit bestreiten sollte.

      »Wie heißt der Maler?« fragte ich das Mädchen.

      »Chum. Das ist auch sein Künstlername. Einfach Chum.«

      »Ich möchte den Namen erfahren, der in seinem Ausweis steht«, sagte ich.

      »Jack Gardner.«

      Ich näherte mich der Tür, die mir am nächsten lag. Mit einem Ruck öffnete ich sie. Ich blickte in eine kleine, unaufgeräumte Küche. Auf dem Herd brodelte Kaffee in einem elektrischen Automaten. Ich warf einen Blick in den eingebauten Besenschrank. Dann machte ich kehrt und wandte mich der zweiten Tür zu. Ich prallte mit einem Mann zusammen. Er trug Kordhosen und ein kariertes Sporthemd mit hochgekrempelten Ärmeln. Der Mann war etwa fünfundzwanzig Jahre alt. Sein wuchernder Vollbart und die Farbflecken an seinen Hosen machten klar, daß ich Jack Gardner alias Chum vor mir hatte.

      »He«, sagte er. »Was suchen Sie denn hier?«

      Ich blickte über Gardners Schulter in eine kleine rechteckige Diele, von der zwei Türen abzweigten. Ich hatte plötzlich das Gefühl, auf einer falschen Fährte zu sein. Gardner machte einen völlig gelassenen Eindruck. Im nächsten Moment erinnerte ich mich an das Erscheinen des Killers vor Lester Norwich’ Haus. Auch der Mann im Trenchcoat war so betont ruhig gewesen.

      »Ich suche den'Mann mit dem schütteren Blondhaar«, sagte ich.

      Der Maler runzelte die Augenbrauen. »Sie haben wohl ’ne gebrochene Kardanwelle?« fragte er. »Hier ist niemand.«

      »Wohin führen diese Türen?« wollte ich wissen.

      »Was geht Sie das an?«

      Ich zeigte ihm meinen Ausweis. Er nahm ihn in die Hand. Ich sah, wie er die Unterlippe zwischen die Zähne zog. Zweifel und Skepsis erschienen in seinen Augen. Er gab mir die ID-Card zurück.

      »Was soll ich damit?« fragte er laut und mürrisch. »Sie müssen mir schon glauben. Hauen Sie ab, Mann!«

      Während er sprach, gab er mir mit dem Kopf ein Zeichen. Er wies auf die links von mir liegende Tür.

      »Wenn ich sage, daß ich keinen Mann mit schütterem Blondhaar kenne, dann stimmt das«, fuhr er laut fort. Es war klar, daß seine Worte nicht für mich, sondern für den Mann hinter der Tür bestimmt waren. Ich pirschte mich auf Zehenspitzen an diese Tür heran, während Gardner fortfuhr, ein paar ärgerlich klingende Sätze in die Luft zu sprechen.

      Ich riß die Tür auf. Der Mann im Trenchcoat lehnte mit dem Rücken am Rahmen, den Kopf lauschend nach vorn gebeugt. Die Aktion kam für ihn völlig überraschend. Er riß die Pistole hoch, die er in der Hand hatte, er versuchte es wenigstens. Mein Karateschlag fegte ihm die Waffe aus den Fingern. Er starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. Seine Schrecksekunde währte nicht lange. Er gab sich einen Ruck und ging mit den Fäusten auf mich los.

      Seine Angst und die Wut über das Entdeckt-Worden-Sein schienen seine Kräfte zu verdoppeln. Er praktizierte ein Temperament, als müßte er mich binnen weniger Sekunden von den Beinen holen. Ich hatte alle Hände voll zu tun, diese erste, wilde Attacke abzuwehren.

      Als er eine kurze Verschnaufpause einlegte, marschierte ich nach vorn. Er sah sich plötzlich in die Defensive gedrängt und gab sich Mühe, nochmals die Oberhand zu gewinnen. Es gelang ihm nicht. Ich hatte seine Tricks schnell durchschaut und mich darauf eingestellt.

      Ich bediente ihn mit ein paar kräftigen Linken, mischte einige Körperdubletten dazwischen und rundete das Ganze mit einem knochentrockenen Rechtshaken ab.

      Mein Gegner sackte in die Knie. Er kam nochmals hoch, mit glasigem Blick und leicht staksigen Beinen. Ich legte einen kurzen, kräftigen Spurt ein und brachte ihn mit zwei soliden Treffern erneut auf die Matte.

      Diesmal blieb er liegen. Ich bückte mich und klopfte ihn nach Waffen ab, fand aber keine. Dann hob ich seine Pistole auf. Ich schnupperte an der Mündung. Die Waffe war in letzter Zeit nicht benutzt worden. Das wunderte und irritierte mich. Ich nahm das Magazin heraus und überprüfte seinen Inhalt. Es war voll.

      Das paßte nicht zu meinen Vorstellungen und Erwartungen. Norwich war von drei Kugeln niedergestreckt worden. De.r Täter hatte dabei einen Geräuschdämpfer verwendet. Ich hatte bei dem Mann im Trenchcoat nichts gefunden, was diese Feststellungen untermauerte.

      »Kennen Sie ihn?« fragte ich schwer atmend und blickte Gardner an.

      »Nein«, meinte der Maler kopfschüttelnd. »Er tauchte plötzlich mit seiner Puste in meinem Atelier auf. Er zwang mich dazu, mit ihm in die hinteren Räume zu gehen. Er drohte, mich abzuservieren, falls Liz es nicht schaffen würde, seinen Verfolger — also Sie — mit ein paar Lügen abzuschütteln. Ich konnte ihn davon überzeugen, daß ich in meiner Bleibe kein Blutbad wünschte und daß er gut beraten sei, wenn er mich nach vorn gehen lassen würde. Das ist alles.«

      »Er ließ Sie so einfach gehen?«

      »Er pflasterte meinen Weg mit ein paar handfesten Drohungen. Ich habe sie ernst genommen und war bereit, seine Forderungen zu erfüllen, aber als ich Ihren Ausweis sah, stellte ich die Weichen anders.«

      »Hm«, machte ich und blickte den am Boden liegenden Gangster an. »Ich frage mich, warum er gerade hier haltmachte.«

      »Ich schwöre Ihnen, daß ich den Kerl noch niemals zu Gesicht bekommen habe.«

      »Warten wir ab, bis er wieder zu sich kommt«, sagte ich.

      Als der Gangster sich hochquälte, machte er einen ziemlich ramponierten Eindruck. Ich schob ihm einen Stuhl zurecht. Er ignorierte ihn und lehnte sich gegen die Wand.

      »Warum haben Sie es getan?« wollte ich wissen. »Warum haben Sie auf Lester Norwich geschossen?«

      Der Gangster starrte mich an. Er atmete mit offenem Mund wie nach einem Geländelauf. »Wovon reden Sie überhaupt?« murmelte er.

      »Von Ihrer Flucht. Können Sie mir verraten, wovor Sie geflohen sind?«

      Sein linker Mundwinkel begann zu zucken. Er sah bitter und zermürbt aus. »Ich bin vor drei Wochen aus dem Knast gekommen«, sagte er. »Niemand hat mich haben wollen. Ich kriegte keinen Job. Ich habe es immer wieder versucht. Umsonst. Wer stellt schon einen Knastbruder ein? Heute war das Maß voll. Ich nahm mir vor, eine Kasse auszuräumen. Ich betrat ein Haus in der 5. Avenue, aber dann verließ mich plötzlich der Mut. Ich machte kehrt und fuhr weg. Unterwegs merkte ich, daß mir jemand folgte — ein roter Jaguar. Ich kriegte es mit der Angst zu tun. Wenn man mich mit der Puste erwischte, war ich geliefert. Ich fuhr kreuz und quer und stoppte

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