Ethnobombe. Michael Exner

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Ethnobombe - Michael Exner

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      „Moment!“ Ringstrøm meldete sich. „Die Leute müssten damit rechnen, selbst umzukommen. Das wäre schon ziemlich dicht dran an religiösem Fanatismus, eher eine Art gesellschaftlichen Selbstmordes.“

      „Wenn es so wäre, könnten sie Vorsichtsmaßregeln getroffen haben, z.B. ein Gegenmittel, Impfungen, Isolation oder…“ Eine junge Frau im Laborkittel hatte sich in Rage geredet. „Außerdem sind die wirklich fanatisch genug, um..“

      „Genug.“ Anna Kampa unterbrach. „Wir spekulieren nur. Jeder soll sich dazu Gedanken machen. Ich beauftrage die amerikanischen Bundesbehörden. Sie sollen prüfen, ob diese Gruppierung die Möglichkeit für einen solchen Anschlag hatte. Mehr dazu in der Nachmittagssitzung.

      Nächster Tagesordnungspunkt: die Evakuierung. Die Einsatzleitung hat mir berichtet, dass alles planmäßig verläuft. Die 4800 Passagiere und die meisten Besatzungsmitglieder werden bis morgen 16 Uhr evakuiert sein. Können Sie das bestätigen, Kapitän Solejow?“

      „Ja, Frau Kampa. Es gab keinerlei Widerstand.“

      Da Sibo sah erstaunt auf. Widerstand? Wer hatte Widerstand erwartet? Er sah Sara an. Die schien das aber nicht seltsam zu finden und folgte der erneuten Diskussion.

      „ ..müssen sein. Heute Morgen ist die Nachricht von Ihrer Gruppe auf der 'Maaru' in der Presse erschienen. Es sind bereits erste wütende Kommentare in den Medien aufgetaucht. Einige Journalisten sind zum Angriff übergegangen. Ich zitiere: 'Die Damen und Herren Wissenschaftler wollen sich wohl nicht die Finger schmutzig machen, indem sie vor Ort das Mördervirus suchen. Besser lässt es sich wohl in der warmen Nachmittagssonne beim Drink am Pool nachdenken.

      Vielleicht hat ja sogar der eine oder andere Eierkopf etwas mit dieser Katastrophe zu tun.'“

      Da Sibo fühlte regelrecht den triumphierenden Blick Saras auf seiner rechten Gesichtshälfte. Er grinste.

      „Sie sehen also, dass hier Stimmung gegen Sie gemacht wird. Wir müssen damit rechnen, dass Sie von rachsüchtigen Gruppierungen angegriffen werden, die dieser Pressekampagne glauben. Oder andere versuchen, auf das Schiff zu gelangen, weil sie sich hier einigermaßen sicher glauben. Deshalb die Patrouillenboote. Sie werden Tag und Nacht in mindestens 100 Meter Entfernung um die 'Maaru' kreisen. Die Besatzungen sind bewaffnet, die Boote sind mit modernster Technik ausgerüstet, auch gegen Unterwasserangriffe. Weiterhin wird sich die `Maaru‘ weder dem Festland noch einer der Inseln der Antillen nähern. Sie liegen jetzt 30 Meilen vor Barbados. Nach der Evakuierung und nachdem Sie die nötige Ausrüstung an Bord genommen haben, hat Kapitän Solejow die Anweisung, auf mindestens 50 Meilen Abstand zum Land zu gehen.“

      Betretenes Schweigen. Niemand wollte etwas sagen, jedem wurde noch einmal klar, dass sie für die nächsten Tage, Wochen, ja vielleicht Monate auf dem Schiff gefangen sein würden.

      In der Stille hörte man umso deutlicher das an- und abschwellende Geräusch der Hubschrauber, die pausenlos die Passagiere von den beiden Landeplätzen der 'Maaru' holten. „Noch etwas:“ Kampa meldete sich wieder: „Seit drei Stunden sind zwei Teams in Quarantäne gegangen:

      Team Nr. 1 sind 16 Wissenschaftler und Laboranten, die Ihre Gruppe auf der 'Maaru' verstärken sollen.

      Team Nr. 2 besteht aus 5 Technikern, die insbesondere die Ausrüstung installieren sollen, die ab heute Nachmittag eingeflogen wird. Wir haben ein paar Techniker an Bord, die das bestehende Equipment warten und erweitern können. Das, was uns heute erwartet, überschreitet das Wissen unserer Wartungstechniker wohl bei weitem. Deshalb benötigen wir die Verstärkung schnellstmöglich. Um die Quarantäne beenden zu können, brauchen wir allerdings die Inkubationszeit. Dr. Li und Dr. Graber: höchste Priorität für Sie und Ihre Teams. Noch Fragen?“

      „Was meinte Solejow mit Widerstand?“ Alva pustete in seinen Kaffeetopf.

      „Wir haben im Stabsmeeting darüber diskutiert, ob es Probleme bei der Evakuierung geben könnte. Mauters hatte die Befürchtung, dass sich einige Passagiere weigern könnten, das einigermaßen sichere Schiff zu verlassen. Sind aber alle freiwillig gegangen. Sie sind lieber zu Hause bei ihren Familien und Freunden als hier. Komisch, nicht?“

      „Hm, weiß nicht, aber was mich mehr interessiert: du hast heute Morgen was vom radikalen Flügel der ‚Liga‘ erwähnt. Jeder schien zu wissen, was gemeint ist. Ich habe zwar schon von der ‚Liga‘ gehört, aber dass die inzwischen auch radikale Tendenzen zeigen, ist mir neu.“

      „Vielleicht solltest du ab und zu mal die Nase aus dem Labor stecken. Dann bekommst du auch was von den wichtigen Sachen mit. Hast du nicht mal von der Anschlagsserie auf die Samenbanken in Frankreich, Japan und Deutschland gehört?“

      Er schaute überrascht auf: “Klar, aber ich wusste nicht, dass die das waren. Bisher habe ich diese Leute einfach nur für verschrobene Spinner gehalten. Schon dieser theatralische Name: ‚Liga der Vernunft‘ Wahrscheinlich denkt man, das sei medienwirksam. Los, erkläre mal einer alten Laborratte, wie die ticken.“

      Sara saß wieder im Schneidersitz auf seinem Bett. Jetzt legte sie die Zeitschrift beiseite:

      „Da muss ich ein wenig ausholen: Die 'Liga der Vernunft', wie ihre Mitglieder sich nennen, ist die bekannteste Gruppe von einigen Dutzend, die sich einen gemeinsamen Feind auserkoren haben: die rapide wachsende Zahl der auf der Erde lebenden Menschen. Die meisten Probleme, die die Menschheit seit vielen Jahren haben, werden der Überbevölkerung zugeschrieben. Kennst du die Fakten??“

      „Ich weiß natürlich davon, aber nur flüchtig. Aber du scheinst dich ja da richtig auszukennen!“

      Jetzt war Sara in ihrem Element.

      „Viele Jahrtausende lang hat sich die Zahl der Menschen nur sehr langsam erhöht. Seit etwa 300 Jahren nimmt die Größe der Menschheit immer schneller zu, seit Anfang des 20 Jahrhunderts in atemberaubendem Tempo.

      Ein Phänomen machte jedoch Hoffnung: In Ländern, in denen die Bevölkerung vermehrt zu Wohlstand und Bildung kam, brach die Fertilisationsrate regelrecht zusammen. Das geschah als erstes in den Ländern der industriellen Revolution, besonders England und Deutschland, dann in ganz Westeuropa und den USA. Hier standen sich zwei Entwicklungen gegenüber. Zum einen die Verdopplung der Lebenserwartung durch die Neuerungen der modernen Medizin, praktische Ausrottung der großen Seuchen wie Pest, Typhus, Cholera und Pocken. Dazu kam die Senkung der Säuglingssterblichkeit.

      Zum anderen entfiel durch den aufkommenden Wohlstand die Notwendigkeit, durch viele Kinder die eigene Altersversorgung zu sichern. Die Einrichtung sozialer Netze verstärkte diese Entwicklung. Als Mitte des 20 Jahrhunderts noch die medizinischen Möglichkeiten der Schwangerschaftsverhütung bzw. der relativ risikolosen Abtreibung dazu kamen, sank die Geburtenrate unter das Erhaltungsniveau und liegt seit vielen Jahren bei 1,2 -1,4 Kindern pro Frau. Die Bevölkerung in den Industriestaaten begann zu schrumpfen, aber kein Problem, das ließ sich über gesteuerte Einwanderung alles ausgleichen.

      In den Ländern der Dritten Welt dagegen explodierten die Bevölkerungszahlen regelrecht. China, Indien, Pakistan, Südamerika, Afrika hatten Zuwachsraten, die jeden Rahmen zu sprengen drohten. Hier begannen aber bestimmte Maßnahmen zu greifen. China führte um 1980 die Ein-Kind-Politik ein, in Indien waren es massenweise Sterilisationen. In manchen Ländern waren es Selbstläufer nach dem Motto: Gebt ihnen einen bescheidenen Wohlstand, Zugang zu Medizin und Bildung, erklärt ihnen das mit den Blumen und den Bienen und die Geburtenrate sinkt von allein. Das funktionierte Anfang des 3. Jahrtausends so gut, dass Forscher das Ende des Bevölkerungszuwachses für 2050 bei etwa 9,5-10 Milliarden Menschen errechneten. Das Problem schien sich weitestgehend von allein zu

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