Ethnobombe. Michael Exner
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„Wohl wahr, aber zunächst sollten wir wirklich erst mal essen gehen.“
„Ja, und was dann?“
„Müssen wir warten, bis die technische Ausrüstung eingeflogen und installiert ist. Das wird frühestens morgen sein.“ „Können wir denn gar nichts machen?“ Sara mochte es nicht, zur Untätigkeit verdammt zu sein.
„Doch, nachdenken.“
„Mehr nicht? Es muss doch was geben!“ Sara klang verzweifelt.
„Unsere Aufgaben hier vor Ort werden folgende sein. Erstens: statistische Auswertungen von Daten, die weltweit gesammelt werden. Dazu brauchen wir nicht nur die Möglichkeit, Petabytes an Daten zu speichern, sondern auch zu verwalten. Außerdem müssen stabile Satellitenverbindungen geschaffen werden, über die ständig Unmengen von Informationen innerhalb kürzester Zeit übertragen werden können. Das unterstützt aber nur die Hauptarbeit. Die Untersuchungen an Tausenden Proben ist das Wichtigste. Dazu brauchen wir Hochleistungslabore. Das erste kommt heute Abend. Dazu noch ein paar Labortechniker in den nächsten Tagen, hoffentlich. Erst dann können wir wirklich loslegen.“
„Wie lange dauert es, bis das Labor einsatzfähig ist?“
„Ein bis zwei Tage sicherlich. So ein transportfähiges Labor besteht aus mehreren Containern, die verschiedene Funktionen haben. Zum einen das eigentliche Labor für genetische Untersuchungen, dazu Schleusen, Dekontaminationseinrichtungen, Quarantäneräume und andere Sicherheitseinrichtungen. Notstromaggregate usw., alles natürlich redundant. Dann gibt es noch ein Reinraumlabor, soziale Einrichtungen und einen kleinen Verwaltungstrakt. Außerdem Klimaanlagen, die komplett autark und redundant arbeiten, ohne Zu- oder Abluft mit Verbindung zur Umwelt. Alles ist so konzipiert, dass die Leute sich tagelang, notfalls über Wochen dort aufhalten können. Das muss alles aufgebaut und angeschlossen werden.
„Und was mache ich dann? Ich habe alles Mögliche studiert, nur nichts mit Medizin oder Technik. Während ihr arbeitet, bohre ich in der Nase.“
In dem Moment durchfuhr ihn ein eisiger Schreck: „Du wirst doch nicht etwa evakuiert?“
Sara zeigte ganz offen ihre Freude. Und neckte ihn: „Hast wohl Verlassensängste?“
Verlegen brubbelnd machte er sich an seinem Laptop zu schaffen.
„Prof. Mauters hat mich auf die Liste setzen lassen.“ Sara sah jetzt auch nach unten.
„Welche Liste?“
„Die Liste derer, die hier bleiben. Ich hatte sie darum gebeten.“
In dieser Nacht schliefen sie das erste Mal miteinander.
„Hör auf, man sieht dir das auf 100 Meter an, Sara.“
„Du grinst selbst wie ein Honigkuchenpferd, Alva! Und womit soll ich aufhören?“
„Du strahlst über beide Backen. Und was ist ein Honigkuchenpferd?“
„Weiß ich nicht. Habe ich mal bei den Deutschen aufgeschnappt. Außerdem heißt es Wangen, nicht Backen, obwohl… „ Sara grinste schon wieder.
„Beeile dich, wir kommen zu spät. Und man kann es uns ruhig ansehen. So sehen nun mal frisch gevögelte Eichhörnchen aus.“
Sie lachten noch, als sie den Konferenzraum betraten. Soeben schwebte ein Lastenhubschrauber mit einem Laborcontainer ein.
Dann explodierte das Patrouillenboot.
Die meisten stürzten zu den Fenstern, einige blieben einfach stehen und sitzen. Ein paar machten Anstalten, aus dem Raum zu fliehen, sahen aber schnell die Sinnlosigkeit ein.
Das Boot war in einer Serie von mehreren Explosionen völlig zerrissen worden. Noch Sekunden später klatschten Trümmer ringsherum ins Meer. Das Boot war etwa 150 Meter entfernt detoniert, sofort drehten zwei andere Boote bei und näherten sich der Unglücksstelle, kreisten aber in respektvoller Entfernung um die versinkenden Reste.
„Warum fahren die nicht hin? Vielleicht hat ja jemand überlebt!“ Da Sibo erkannte Elena Marx, eine Labortechnikerin. „So etwas überlebt niemand.“ kam von Ringstrøm. „Außerdem haben die Angst.“
Da Sibo wusste sofort, was der Alte meinte. Er musste daran denken, dass Dr. Graber von psychischen Veränderungen gesprochen hatte, von Aggressivität. Was, wenn die Bootsbesatzung erkrankt war und sich selbst gesprengt hatte. Was, wenn es ein Anschlag war.
„Wir sind alle schon paranoid.“ Das sagte er laut. Erstaunlicherweise sprang Ringstrøm nicht darauf an.
„Wieso waren das mehrere Explosionen?“ Die Technikerin hatte noch Fragen.
„Mehrere Tanks vielleicht. Außerdem hatten sie Waffen und Munition an Bord.“
Von der Küstenseite her näherten sich zwei Hochgeschwindigkeitsboote der Küstenwache. Sie wurden von mehreren Hubschraubern überholt. Gleichzeitig nahm die 'Maaru' träge Fahrt auf und entfernte sich Richtung offene See.
Inzwischen hatten sich die meisten wieder gesetzt, die Diskussion war aber immer noch im Gange. Sie wurde hitzig in kleinen Gruppen geführt. Man schien einhellig der Meinung zu sein, es mit einem Anschlag zu tun zu haben, beim ‚Wer‘ und ‚Wie‘ und vor allem beim ‚Warum‘ konnte man sich aber nicht einigen.
Kampa erschien auf dem Schirm.
„Guten Morgen, meine Damen und Herren, zunächst ein paar organisatorische Neuigkeiten.“
Allgemeines Erstaunen, dass die UN-Chefin nicht auf die Explosion einging, aber Kampa fuhr schon fort.
„Die heutige Konferenz wird die letzte dieser Art sein. Ab heute Nachmittag werden die ersten beiden Labore auf der 'Maaru' einsatzbereit sein, so dass die Arbeit in kleineren Arbeitsgruppen beginnen kann. Da die ersten Satellitenverbindungen ebenfalls stehen, hat der Datentransfer bereits begonnen. Die berichterstattenden Meetings werden ab heute alle zwei Tage stattfinden, in den Arbeitsgruppen trifft man sich natürlich täglich. Das zu Erstens.
Zu Zweitens: Es wird zwei Koordinatoren an Bord geben. Zum einen den Koordinator Logistik/Beschaffung. Das wird Prof. Elaine Mauters sein. Ihre Aufgabe ist es, in erster Linie auf alle Veränderungen zu reagieren, die sich durch die wissenschaftliche Arbeit ergeben. Sie wird alle Anforderungen zusammenfassen und koordinieren, die an sie herangetragen werden. Dabei ist es egal, ob es sich um irgendwelche Geräte, Lager- oder Speicherkapazitäten, oder um Experten handelt, die benötigt werden.
Der andere, der wissenschaftliche Koordinator wird Prof. Alva da Sibo sein. Er wird die Arbeitsgruppen beaufsichtigen, Dienstpläne erstellen und die Ergebnisse zusammenfassen. Beide Koordinatoren werden mir direkt berichten.
Mit Prof. Mauters konnte ich heute Morgen schon sprechen, Prof. da Sibo war aus irgendeinem Grund nicht zu erreichen. Ich hoffe, Sie sind dennoch einverstanden, Professor?“
Da Sibo nickte nur wortlos, während Sara den Kopf langsam senkte, damit niemand ihr Grinsen sah. Gleichzeitig spürte sie, wie ihre Ohren anfingen, zu