Das Familienleben der Tiere. Mario Ludwig

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Das Familienleben der Tiere - Mario Ludwig

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Versuchsdesign, den Versuchsteilnehmern anstelle von Bildern der Partnerin, Bilder von Arbeitskolleginnen bzw. langjährigen Bekannten. Im Gegensatz zu Bildern von der Partnerin war hier jedoch keine Aktivität im Belohnungssystem zu verzeichnen. Demnach reicht reine Vertrautheit nicht aus, um einen Bindungseffekt zu stimulieren, es muss schon Liebe im Spiel sein. Und das wiederum bedeutet nach Ansicht der Wissenschaftler, dass Oxytocin zumindest dazu beiträgt, die Bindung zwischen zwei Liebenden aufrechtzuhalten, und damit natürlich auch einen wichtigen Beitrag leistet, Monogamie zu fördern.

      Übrigens, der 40-stündige Begattungsmarathon findet immer nur am Beginn einer Beziehung statt. Im weiteren Verlauf des rund zweijährigen Wühlmauslebens ist der Sex dann durchaus normal. Will heißen, deutlich kürzer und wohl auch leidenschaftsloser.

      Die Wissenschaft hat sich lange gefragt, woran es liegt, dass bei den Präriewühlmäusen sowohl Männchen als auch Weibchen so treu sind, während die nah verwandten Wiesenwühlmäuse beiderlei Geschlechts viele verschiedene Partner haben. Eine Erklärung macht zwei Hormone verantwortlich: Vasopressin, ein Hormon, das positiv auf das Sozialverhalten und auf die Paarbindung einwirkt, und das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin, das ebenfalls das Sozialverhalten, aber auch das Vertrauen stärkt. Bei den treuen Präriewühlmäusen fanden amerikanische Wissenschaftler im Gehirn bei den Männchen deutlich mehr Rezeptoren für Vasopressin und bei den Weibchen deutlich mehr Bindungsstellen für Oxytocin als bei den polygamen Wiesenwühlmäusen. Und diese Rezeptoren reagieren auch empfindlicher auf das Hormon, das heißt, die Hormone wirken bei ihnen stärker.

      Amerikanische Forscher der Emory University in Atlanta haben vor einigen Jahren das Gen, das für die Bildung dieser Vasopressinrezeptoren verantwortlich ist, aus den treuen Präriewühlmausmännchen auf die untreuen Wiesenwühlmausmänner übertragen. Und siehe da: Plötzlich waren aus notorischen Fremdgängern treue Ehemänner geworden. Nach dem Gentransfer haben sich die manipulierten Wiesenwühlmausmänner nicht mehr nach anderen Weibchen umgeschaut. Aber bevor jetzt die ein oder andere Leserin sagt: „So ein Gentransfer wäre genau das richtige für meinen Ehemann“ – ein derartiger Transfer klappt nur bei diesen beiden Wühlmausarten. Schon andere Mäuse besitzen ebenfalls dieses „Treuegen“ und sind dennoch polygam. Offensichtlich ist das sogenannte Treuegen zwar eine notwendige, aber nicht die alleinige Voraussetzung für Monogamie. Dazu müssen nach Ansicht der Wissenschaft noch andere Gene in bestimmten Variationen vorliegen.

      Den umgekehrten Fall, sprich, ob Wiesenwühlmausweibchen nach einem Transfer des Gens, das für die Bildung der Oxytocinrezeptoren verantwortlich ist, auch treu werden, hat man bisher noch nicht untersucht.

      Oxytocin steuert übrigens auch das Empathieverhalten bei Präriewühlmäusen, wie Forscher des Yerkes National Primate Research Centers der Emory Universität im US-Bundesstaat Georgia herausgefunden haben. Die amerikanischen Forscher hatten Präriewühlmauspaare, die vorher zusammengelebt hatten, getrennt und anschließend einer dieser getrennten Wühlmäuse leichte Elektroschocks versetzt. Anschließend wurden die beiden Nager wieder zusammengesetzt und tatsächlich wurde die „geschockte“ Wühlmaus sofort von ihrem Partner durch Ablecken und Fellpflege getröstet. Eine Verhaltensweise, die offensichtlich von Oxytocin gesteuert wird. Nachgewiesen wurde das mit einem weiteren Experiment: Als man bei den Wühlmäusen den Rezeptor für das Hormon Oxytocin im Gehirn blockierte, fanden keine Tröstungen mehr statt.

      Dass übermäßiger Alkoholgenuss bei uns Menschen schnell einmal zur Untreue führen kann, ist hinreichend bekannt. Und auch die treusten der treuen Tiere sind vor dieser Tatsache nicht gefeit. Amerikanische Wissenschaftler konnten in einer hochinteressanten Studie zeigen, dass die Super-Treue der Präriewühlmäuse unter Alkoholeinfluss, zumindest teilweise, ganz schön ins Wanken gerät. Alkoholexperimente lassen sich mit Präriewühlmäusen relativ einfach durchführen, da Präriewühlmäuse, im Gegensatz zu vielen anderen Nagetieren, ausgesprochen gerne Alkohol trinken und ihn mitunter sogar reinem Wasser vorziehen. Setzt man Präriewühlmäuse im Experiment unter Alkoholeinfluss, reagieren überraschenderweise die Geschlechter deutlich unterschiedlich. Während Weibchen nach reichlich Alkoholkonsum offenbar eine noch stärkere Bindung zu ihrem Partner verspüren, neigen betrunkene Präriemausmänner zum Fremdgehen. Warum das so ist, ist noch nicht vollständig geklärt worden, da besteht noch Forschungsbedarf.

      Der Grund für die weit verbreitete Untreue im Tierreich liegt klar in den unterschiedlichen Fortpflanzungsstrategien von Männchen und Weibchen begründet. Die Männchen im Tierreich wollen nichts mehr, als ihre Gene so breit gestreut wie möglich weiterzugeben. Das heißt, sie wollen möglichst viele verschiedene Sexualpartnerinnen haben. Und bei so einer Strategie ist Treue dann eher hinderlich. Untreue zahlt sich auch aus dem Blickwinkel der Evolution gesehen aus, weil sie – Moral hin Moral her – eine größere genetische Variabilität gewährleistet.

      Die Weibchen im Tierreich haben einen ganz anderen Ansatz. Sie wollen immer das Männchen mit den besten Genen als Sexualpartner haben, es soll ja diese guten Gene an die gemeinsamen Kinder weitergeben. Deshalb herrscht im Tierreich in den allermeisten Fällen Damenwahl und auch da ist Treue nicht gerade förderlich.

      Der Vorteil für die Tiere, die treu sind, liegt offensichtlich bei der Aufzucht der Jungen, die sehr energie- und zeitaufwendig ist. Da ist es allemal hilfreich, wenn einem ein Partner unterstützend zur Hand geht. Von Möwen etwa weiß man zum Beispiel, dass diejenigen Paare, die am längsten zusammen sind, die meisten Jungen durchbringen, weil die Eltern ein eingespieltes Paar sind, das sich gut ergänzt. Da zahlt sich eben Treue aus.

      Fernehe mit angemessener Verlobungszeit

      „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“: Wenn es eine Tierart gibt, für die das berühmte Zitat aus Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“ Gültigkeit hat, dann ist das der Wanderalbatros. Diese großen Meeresvögel sind mit einer Flügelspannweite von bis zu 3,5 Metern die größten flugfähigen Vögel überhaupt. Aber Wanderalbatrosse, die vor allem auf der südlichen Halbkugel unserer Erde beobachtet werden können und auf einigen wenigen subantarktischen Inseln brüten, sind nicht nur in Sachen Größe Rekordhalter im Tierreich, sondern auch bei dem Phänomen Treue.

      Die „Ehe“ von Albatrospaaren hält oft über Jahrzehnte hinweg. Und das will bei einem Lebensalter von 60 Jahren und mehr schon etwas heißen. Eine „Goldene Hochzeit“ ist in Albatroskreisen durchaus nicht ausgeschlossen. Aktuelle Weltrekordhalterin in Sachen Alter unter den Wildvögeln ist übrigens gerade ein Albatrosweibchen mit dem schönen Namen „Wisdom“ (Weisheit), das es auf ein Alter von 68 Jahren bringt und in diesem stolzen Alter sogar noch einmal Mutter geworden ist. Verantwortlich für diese ungewöhnlich dauerhafte Treue der Albatrosse ist möglicherweise die Tatsache, dass Herr und Frau Albatros vor der eigentlichen Ehe eine mehrjährige Verlobungszeit vorgeschaltet haben. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ eben. Schließlich soll die spätere Ehe das ganze Leben andauern.

      Deshalb führen die „Verlobten“ jedes Jahr äußerst komplizierte und komplexe Balztänze auf, mithilfe derer sie offenbar herausfinden wollen, ob man die Zukunft wirklich gemeinsam gestalten will. Albatrosse paaren sich übrigens immer auf der Insel, auf der sie geboren wurden. Haben die Albatrosse diese Verlobungszeit erfolgreich hinter sich gebracht, gehen sie eine Ehe ein, die tatsächlich in den allermeisten Fällen ewig hält, obwohl es eigentlich eine Fernbeziehung ist. Herr und Frau Albatros sind nämlich das ganze Jahr getrennt irgendwo in der Welt unterwegs. Nur einmal im Jahr treffen sie sich auf „ihrer Insel“ zur Fortpflanzung. Dann wird zunächst ein kompliziertes Begrüßungsritual aufgeführt: In einer Art Tanz werden die Schwanzfedern gespreizt, der Schnabel zum Himmel gereckt und der Partner zärtlich mit dem Schnabel liebkost. Und wenn mit der Fortpflanzung alles geklappt hat, legt das Weibchen ein einziges Ei, aus dem dann nach 11 Wochen ein ziemlich großes Junges schlüpft, das von beiden Elternteilen 13

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