Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman. Marie Francoise
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»Ja«, stimmte Dr. Daniel zu. »Ich stelle mir das ebenfalls sehr schlimm vor. »Er schwieg kurz. »Es ist auch äußerst schwierig, ihr in diesem Fall ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, dabei hätte gerade sie es jetzt bitter nötig.«
»Ihr Freund ist ein recht unangenehmer Zeitgenosse«, meinte Carola, die glaubte, daß sich Dr. Daniels letzte Worte auf Kai bezogen hatten, doch der Arzt schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, ob man das so pauschal beurteilen kann«, entgegnete er. »Ich gebe zu, daß mir Herr Horstmann nicht übermäßig sympathisch ist, aber vielleicht versucht er einfach nur, seine Verlobte zu schützen.«
Carola nickte nachdenklich. »Von dieser Seite habe ich es eigentlich noch nicht betrachtet, aber Sie können natürlich recht haben. Wahrscheinlich ist er nur besorgt um sie.«
»Ich bin sicher, daß ich das in diesem Falle auch wäre«, meinte Dr. Daniel, dann blickte er auf die Uhr. »Ich muß jetzt in die Praxis. Während meiner Mittagspause soll die Pelviskopie bei Fräulein Forster gemacht werden. Sie darf also wegen der anstehenden Narkose nichts mehr zu essen bekommen. Informieren Sie bitte auch Frau Dr. Metzler, daß Sie sich so gegen ein Uhr für die Anästhesie bereithalten möchte. Ich hätte sie selbst informiert, aber ich muß mich nun wirklich beeilen.«
»Keine Sorge, Herr Doktor, ich werde es ihr ausrichten«, versprach Carola, und Dr. Daniel wußte, daß er sich auf die junge Krankenschwester verlassen konnte.
In der Praxis warteten dann auch tatsächlich schon etliche Patientinnen auf ihn. Die Sprechstunde zog sich entsprechend in die Länge, so daß Dr. Daniel nur mit Mühe und Not um ein Uhr zur Stelle sein konnte.
In der Zwischenzeit hatte man Nikola bereits in den kleinen Operationssaal der Gynäkologie gebracht und die Anästhesistin Dr. Erika Metzler leitete soeben die Narkose ein.
»Das klappt ja alles wie am Schnürchen«, stellte Dr. Daniel zufrieden fest. »Vielleicht komme ich dann vor Beginn der Nachmittagsstunde sogar noch dazu, einen Happen zu essen.«
Er beugte sich über Nikola und sah, daß ihre Lider schon zu flattern begannen.
»Sie müssen überhaupt keine Angst haben, Fräulein Forster«, meinte er, obwohl er nicht sicher war, ob Nikola in diesem Zustand noch von seinen Lippen würde ablesen können. »In ein paar Minuten ist alles vorbei.«
Keine Reaktion von Nikola deutete darauf hin, ob sie verstanden hatte oder nicht. Die Augen fielen ihr zu. Dr. Daniel tauschte mit Erika Metzler einen kurzen Blick.
»Also, fangen wir an«, meinte er. Er nahm zuerst die körperliche Untersuchung vor, die er Nikola wegen der sicher noch schmerzhaften Verletzungen in seiner Praxis nicht hatte zumuten wollen, doch hier ergab sich kein krankhafter Befund, was die Pelviskopie tatsächlich erforderlich machte.
Dr. Daniel griff nach dem Skalpell und setzte den kurzen Schnitt, der nötig war, um die Untersuchung durchzuführen. Es dauerte tatsächlich nur wenige Augenblicke, bis er den Abstrich von den Eileitern genommen hatte.
»Bringen Sie das bitte ins Labor«, wies er die OP-Schwester der Gynäkologie, Monika Merten, an. »Vielleicht kann Dr. Scheibler es heute noch auswerten.«
Schwester Monika nickte und beeilte sich, Dr. Daniels Anordnung nachzukommen. Währenddessen legte dieser schon die kurze Naht, dann trat er vom OP-Tisch zurück und warf einen Blick auf die große Uhr, die über dem Eingang zum Operationstisch hing.
»Erika, bringen Sie die Patientin bitte in den Aufwachraum«, sagte er. »Ich werde in der Kantine noch eine Kleinigkeit essen und dann selbst nach Fräulein Forster sehen.«
»In Ordnung, Robert«, stimmte Erika zu. Sie lächelte. »Lassen Sie sich mit dem Essen ruhig etwas Zeit. Ich werde mich in der Zwischenzeit schon um die junge Frau kümmern.«
Dieses Angebot hätte sich die Anästhesistin sparen können, denn natürlich nahm sich Dr. Daniel fast gar keine Zeit. Obwohl er wußte, wie ungesund es
war, aß er äußerst hastig und machte sich danach unverzüglich auf den Weg zum Aufwachraum, wo Nikola auch gerade zu sich kam.
Dr. Daniel beugte sich über sie und lächelte in ihre müden Augen.
»Haben Sie Schmerzen, Fräulein Forster?« fragte er und sprach dabei besonders langsam, damit Nikola keine Probleme hatte, unter den Nachwirkungen der Narkose von seinen Lippen abzulesen.
Schwach schüttelte sie den Kopf.
»Das ist schön«, meinte Dr. Daniel und streichelte väterlich über ihr dunkles Haar. »Die Müdigkeit wird jetzt auch bald vergehen. Es war nur eine ganz leichte Narkose, die Sie bekommen haben.«
Nikola nickte, dann bedeutete sie Dr. Daniel, daß sie etwas aufschreiben wolle. Er reichte ihr Block und Stift. Nikolas Hand zitterte ein wenig, trotzdem war ihre Schrift gut lesbar.
»Habe ich eine sehr schlimme Krankheit?« wollte sie wissen.
»Es ist bestimmt nichts, was man mit Medikamenten nicht behandeln könnte«, antwortete Dr. Daniel. »Unser Chefarzt wird den Abstrich, den ich vorhin genommen habe, noch heute untersuchen. Ich denke, daß wir spätestens morgen früh das Ergebnis besprechen können.« Er zögerte. »Vom medizinischen Standpunkt her bestünde eigentlich keine Notwendigkeit für Sie, über Nacht in der Klinik zu bleiben. Wenn Sie also in ein paar Stunden nach Hause möchten, hätte ich nichts dagegen einzuwenden.«
Nikola schüttelte den Kopf, griff wieder nach Stift und Block und schrieb. Ich möchte hierbleiben. Sie zögerte und setzte dann mit sichtlicher Beklommenheit hinzu: Es sei denn, Sie brauchen das Bett anderweitig.
»Nein, Fräulein Forster«, versicherte Dr. Daniel sofort. »So waren meine Worte von vorhin nicht gemeint, ganz im Gegenteil. Ich bin sogar froh, wenn Sie noch ein paar Tage bleiben, weil ich auch Ihre Verletzungen gern im Auge behalten würde. Das Angebot, nach Hause zu gehen, habe ich Ihnen nur gemacht, weil ich weiß, daß sich die meisten Menschen nicht darum reißen, im Krankenhaus zu bleiben.«
Nikola lächelte ein wenig, dann tastete sie nach Dr. Daniels Hand und drückte sie ein wenig. Der Arzt verstand. Nikola fühlte sich hier sicher und geborgen – und sie hatte Vertrauen zu ihm. Das waren die besten Voraussetzungen, um ihr helfen zu können.
*
Ivo Kersten erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen. Das durch die großen Fenster hereinfallende Licht tat ihm in den Augen weh, und sein Magen fühlte sich an, als hätte irgend jemand damit Fußball gespielt. Stöhnend wollte sich Ivo auf die andere Seite drehen, doch dabei begann sein ganzer Körper erst recht zu schmerzen.
Er blinzelte mühsam und versuchte zu ergründen, wo er war. Das Zimmer war fremd, und das fahrbare Nachttischchen neben seinem Bett sah nach Klinik aus.
»Na endlich«, erklang in diesem Moment eine Stimme von der Tür her.
Ivos Hände fuhren an seinen schmerzenden Kopf.
»Nicht so laut«, flehte er, dann blinzelte er wieder und erkannte seinen besten Freund. »Sándor. Wie kommst du denn hierher?«
»Zufällig arbeite ich hier«, antwortete der junge Krankenpfleger, dann setzte er sich auf die Bettkante. »Du schaust ganz entsetzlich aus, wenn ich dir das in aller Deutlichkeit sagen darf.«
Ivo