Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 36
»Henrik, nicht wahr, du kümmerst dich um Pieter? Ich ziehe mich mit Herrn Cornelius ins Biedermeierzimmer zurück.«
»Ja, Mutti, du kannst dich auf mich verlassen.« Henrik klopfte sich auf die Brust. »So, Pieter, und nun gib Habakuk endlich das Bananenstückchen«, forderte er ihn auf. »Schau nur, er schlägt schon mit den Flügeln, ein Zeichen seiner Ungeduld.«
Pieter blickte seinem Vater einen Augenblick hilflos nach, dann hob ein tiefer Atemzug seine Brust. »Also gut«, sagte er entschlossen. »Ich tue es.« Vorsichtig steckte er das Stück Banane durch die Gitterstäbe. Blitzschnell packte Habakuk es mit seinen Krallen und kletterte mit seiner Beute auf die dicke Stange zurück.
Entsetzt beobachtete Pieter den bunten Vogel. Aber dann ließ er sich von Henrik zum Aquarium führen.
»Schau, Pieter, wie viele Fische wir jetzt schon haben. Aber die ganz kleinen Fischchen werden nicht groß. Sie werden von den großen aufgefressen«, erläuterte der jüngste Sproß der Familie von Schoenecker.
»Das ist aber sehr traurig.«
»Ach, Pieter, das ist nun mal so in der Natur. Die Großen fressen immer wieder die Kleinen auf. Es gibt auch ein Lied darüber. Mein großer Bruder Nick kennt den Text genau. Du, aber jetzt laufen wir mal schnell ins Eisenbahnzimmer!«
*
Henrik bemühte sich sehr, Pieter abzulenken, während im Biedermeierzimmer über dessen nächste Zukunft entschieden wurde.
Enno Cornelius sprach offen mit Denise über seine schwierigen privaten Probleme.
»An und für sich ist es nicht fair, wenn ich durch meine Bitte, Pieter bei Ihnen aufzunehmen, einem anderen Kind den Platz wegnehme«, fügte er hinzu. »Trotzdem wäre ich sehr froh, wenn ich Pieter hierlassen dürfte. Vermutlich werden Sie sich fragen, weshalb ich kein Kindermädchen für den Jungen engagiere. Aber Pieter fühlt sich nicht wohl daheim. Er hat … Ja, er fürchtet sich vor seiner Mutter. Meine Frau ist überempfindlich und leicht reizbar.« Das Wort ›nervenkrank‹ vermied Enno absichtlich. Auch wenn seine Liebe zu Betty längst gestorben war und nur noch das Mitleid ihn bei ihr hielt, ging es ihm gegen die Familienehre, sie auf irgendeine Weise bloßzustellen.
»Ich verstehe Sie vollkommen, Herr Cornelius. Pieter wäre nicht das erste unglückliche Kind in wohlhabenden Verhältnissen, das zu uns kommt. Die heutige Zeit ist oft schuld daran. Die Kräfte der Menschen werden viel mehr als früher beansprucht, ihre Nerven werden zu sehr strapaziert. Dann kommt es zu solchen tragischen Kinderschicksalen.«
»Sie wollen meinen Jungen also in Sophienlust aufnehmen?«, fragte Enno sichtlich erleichtert.
»Ja, Herr Cornelius. Wollen Sie ihn gleich bei uns lassen?«, fragte Denise herzlich.
»Ja, sehr gern. Morgen früh muss ich nach London fliegen. Und nach meiner Rückkehr bringe ich meine Frau ins Sanatorium. Einen Teil von Pieters Sachen habe ich schon im Wagen.«
»Unser Hausmädchen Ulla wird die Koffer holen.«
»Ende nächster Woche bringe ich dann Pieters restliche Kleidungsstücke. Ich bin sehr froh, dass der Junge in ein solches Heim kommt«, versicherte er noch einmal.
Enno Cornelius wurde Denise von Minute zu Minute sympathischer. Sein bescheidenes zurückhaltendes Wesen überraschte die lebenserfahrene Frau. Denn sein Werk in Essen und sein Name galten etwas in der Welt. Ja, man konnte sogar sagen, dass er eine führende Rolle in der Industrie spielte.
»Ich habe einen guten Einfall«, meinte Denise und erzählte rasch von Nick und seiner stillen Hoffnung, als Modefotograf Erfolg zu haben. »Ich würde vorschlagen, dass Sie und Ihr Sohn mich und Henrik nach Bachenau begleiten. Wenn wir uns beeilen, kommen wir noch zu Nicks Filmaufnahmen zurecht. Ich glaube, Pieter würde durch dieses neue Erlebnis leichter über den Abschied von Ihnen hinwegkommen.«
Enno Cornelius war einverstanden. Aber vorher wollte er noch Pieter sagen, dass er für die nächsten Wochen in Sophienlust bleiben müsse.
So geschah es auch. Kurz darauf stiegen die beiden Jungen in Ennos Auto ein, weil Henrik durchaus mit einem so tollen Schlitten fahren wollte. Enno folgte Denises Wagen. Henrik redete während der Fahrt wie ein Wasserfall, um bei seinem neuen kleinen Freund keine Traurigkeit aufkommen zu lassen. Aber Pieter wurde trotzdem immer stiller. Seit das Hausmädchen von Sophienlust seinen großen Koffer auf eines der Kinderschlafzimmer getragen hatte, war ihm unendlich schwer ums Herz.
Obwohl Pieter seinem Vater nie gezeigt hatte, wie sehr er ihn liebte, fiel ihm der Abschied von ihm doch sehr schwer. Am liebsten hätte er laut geweint. Aber er wollte sich vor Henrik nicht blamieren. Mit fast sechs Jahren weinte ein Junge doch nicht mehr, überlegte er.
Dann dachte Pieter an seinen Teddy, den er in der Eile daheim vergessen hatte. Seit er ihn besaß, hatte er noch keine Nacht ohne ihn geschlafen.
»Vati, nicht wahr, du bringst meinen Teddy ganz bestimmt mit, wenn du mich am Wochenende besuchst?«, fragte er leise.
»Ja, Pieter.« Enno lächelte seinen Sohn im Rückspiegel an. Aber es war ein gequältes Lächeln, denn er stellte sich vor, wie leer das große Haus in Essen ohne Pieter sein würde. Er würde sich sehr einsam fühlen …
Ennos Gedanken streiften nun für einen Augenblick Julia van Arx. Auch sie war sehr einsam und verbrachte ihre Freizeit meist allein.
»Da vorn ist schon das Tierheim!«, rief Henrik. »Schau, Pieter, dort ist auch das fünf Meter breite Schild über dem Tor!«
»Das rote Schild mit der grünen Schrift?«
»Ja, Pieter. Darauf steht der Name: ›Waldi & Co. Das Heim der glücklichen Tiere‹. Und weißt du auch, weshalb das Tierheim Waldi & Co. heißt?«
»Nein, Henrik.«
»Weil der Dackel Waldi, der meiner großen verheirateten Schwester gehört, einmal einem Kind das Leben gerettet hat. Zur Belohnung ist dann das Tierheim nach ihm benannt worden. Auch hat er dann die Dackeline Hexe zur Frau bekommen. Sie haben vier Kinder. Zwei der kleinen Dackel sind an Kinder verschenkt worden. Die beiden, die noch bei meiner Schwester sind, heißen Pucki und Purzel. Und dann gibt es viele andere Tiere im Tierheim. Bären und Affen und …«
»Auch Löwen?«, fragte Pieter, ihm ins Wort fallend. Seine Augen wurden immer größer vor Staunen.
»Nein, Löwen nicht. Aber einmal war ein Gepard da. Mein Schwager Hans-Joachim – er ist ein tüchtiger Tierarzt – hat aber auch schon einen Löwen behandelt. Er hat überhaupt keine Angst vor Raubtieren. Er ist sehr mutig«, fügte Henrik stolz hinzu.
»Und Elefanten? Gibt es die bei euch im Zoo auch?«
»Du meinst im Tierheim? Nein, Elefanten wären auch viel zu groß. Auch für Giraffen ist kein Platz da. Dafür