Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Es dauerte einen Moment, bis Else Unterholzner ihre Gedanken sortiert hatte. Sie räusperte sich umständlich, ehe sie die Frage der Ärztin beantwortete.
»Mein Mann ist während einer harmlosen Operation ganz unvermutet gestorben. Viele Menschen sind mir beigestanden in dieser schweren Zeit. Nur Ditte …«, ihre Augen wanderten hinüber zum Bett ihrer Feindin, »meine angeblich beste Freundin meinte, ich soll froh sein, dass ich ihn endlich los bin.« Elses Stimme war tränenerstickt, und Fee wusste nicht, ob sie um die verlorene Freundschaft oder den offenbar treulosen Mann weinte. »Und das in einer Zeit, in der ich so dringend Trost und Beistand gebraucht habe. Können Sie sich vorstellen, wie schrecklich das ist?« Dankbar nahm sie das Taschentuch, das Felicitas ihr reichte, und betupfte behutsam die empfindliche Haut um die Augen.
»Was ist dann passiert?«, beschloss die Ärztin, im Augenblick nicht weiter auf diese Geschichte einzugehen.
»Danach haben wir uns eine Zeit lang ignoriert. Und dann irgendwann gingen die Grabenkämpfe los.« Es war Ditte, die diese Frage beantwortete. »Es fing damit an, dass dein Gärtner meinen Apfelbaum derart verstümmelt hat, dass er eingegangen ist«, schimpfte sie in Richtung ihrer Nachbarin.
»Er hat lediglich abgeschnitten, was über meinen Zaun hing«, verteidigte sich Else postwendend. »Was kann ich dafür, dass du den Baum viel zu nah an mein Grundstück gepflanzt hast?«
»Wenn ich nicht irre, hast du mich damals angebettelt, genau das zu tun. Wir könnten uns die Äpfel teilen, hast du gesagt.«
»Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?«, winkte Else herablassend ab. »Außerdem hast du mir im Winter jeden Tag den Schnee vor die Haustür geschaufelt. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen.«
»Das war erst nach dem mysteriösen Baumsterben.«
An dieser Stelle hatte Fee genug gehört.
»Also, meine Damen …« Sie erhob die Stimme, um sowohl Else als auch Ditte in ihre Schranken zu verweisen. »Es ist offensichtlich, dass Sie emotional immer noch sehr miteinander verbunden sind«, stellte sie so sachlich wie möglich fest und sah von einer zur anderen.
»Wie bitte?«, platzte Else ungläubig heraus. »Das soll wohl ein Witz sein.«
Mit einer energischen Handbewegung brachte Fee sie zum Schweigen.
»Wenn dem nicht so wäre, hätte doch wenigstens eine von Ihnen längst die Flucht ergriffen«, gab sie zu bedenken.
Diesem Argument hatten die beiden Frauen spontan nichts entgegen zu setzen.
»Ich wollte das Haus nicht verkaufen, in dem ich so lange mit meinem Mann glücklich war«, fand Else schließlich eine halbwegs plausible Antwort.
»Dass ich nicht lache!«, prustete Ditte postwendend los. »Du musst an fortgeschrittener Demenz leiden, wenn du glaubst, dass eure Ehe gut war.« Sie zögerte kurz. So lange hatte sie geschwiegen. »Weißt du wirklich nicht, dass dein lieber Elmar dich pausenlos betrogen hat? Dabei war er noch nicht mal wählerisch und hat alles angegraben, was nicht bei drei auf dem Baum …«
»Hör auf! Hör sofort auf damit!« Elses Stimme war schrill. Sie hielt sich die Ohren zu, um nicht an das erinnert zu werden, was sie so dringend vergessen wollte.
Sie zitterte am ganzen Körper, und Fee ging zu ihr, um sie zu trösten und zu halten. Diese mitfühlende Berührung war mehr, als Else verkraften konnte. Wie ein Sturzbach rannen ihr die Tränen über die Wangen. Sie ließ die Hände sinken und ließ ihrer Trauer freien Lauf.
»Natürlich weiß ich, dass er mich ständig betrogen hat«, gestand sie, unterbrochen von Schluchzern, die ihren ganzen Körper schüttelten. »Aber ich konnte mir das einfach nicht eingestehen. Sonst hätte ich mir die Frage stellen müssen, warum ich nicht gegangen bin damals.« Willig ließ sie sich von Fee die Tränen abtupfen.
»Und? Warum haben Sie es nicht getan?«, stellte die Ärztin behutsam die alles entscheidende Frage.
Ditte hielt die Luft an, und einen Moment lang wirkte Else wie erstarrt.
»Ich … ich hatte Angst … hab mich einfach nicht getraut«, gestand sie endlich so leise, dass ihre Worte kaum zu hören waren. »Ich bin ein Feigling. Bis heute.«
Davon wollte Fee nichts wissen.
»Aber Sie lassen sich fotografieren, posieren für Modemagazine und laufen auf Modeschauen«, ließ sie diese Behauptung nicht gelten. »Dazu gehört jede Menge Mut.«
Else schniefte und schluckte und nickte.
»Deshalb mache ich es ja. Ich habe verstanden, dass ich endlich was tun muss, wenn sich was ändern soll.« Sie hatte ihre Umgebung völlig vergessen. In diesem Augenblick gab es nur Fee und sie, und sie sah die Ärztin aus geröteten Augen an. »Ich will nicht mehr allein sein. Jetzt ist es einfach genug.«
Felicitas lächelte weich und streichelte über die weiche Wange.
»Dieser Entschluss ist das Wichtigste. Daraus entsteht alles andere«, versprach sie fast feierlich. »Wenn Sie nicht in die völlige Isolation abgleiten wollen, müssen Sie sich operieren lassen. Das wissen Sie doch selbst am besten, oder?«
Elses verschwommener Blick wanderte hinüber zu den kläglichen Resten des Blumenstraußes, die am Boden vor sich hin welkten.
»Ich bin einverstanden. Wann soll der Eingriff stattfinden?«, fragte sie leise, sodass sowohl Ditte als auch Fee sich kurz fragten, ob sie sich verhört hatten.
»Ich werde Sie sofort in den OP-Plan eintragen lassen«, versprach Felicitas hocherfreut. Mit so einem schnellen Erfolg hatte sie nicht gerechnet. »In ein paar Minuten bin ich wieder hier.«
»Tun Sie das!« Else nickte und sah der Ärztin dabei zu, wie sie aufstand und das Zimmer verließ.
Inzwischen hatte Ditte genügend Zeit gehabt, sich von ihrer Überraschung zu erholen.
»Von wem sind eigentlich diese wunderschönen Blumen?«, fragte sie hämisch, gewöhnt daran, ihre wahren Gefühle für Else hinter Hohn und Spott zu verbergen.
»Das geht dich gar nichts an«, konterte ihre Nachbarin in altbewährter Manier.
»Eine Männerbekanntschaft also. Lässt du dich deshalb operieren? Weil es dir deine Eitelkeit befiehlt? Steht er nicht auf Klumpfüße?«, frotzelte Ditte vergnügt. Der freundliche Ausdruck in ihren Augen war unverkennbar. Das bemerkte auch Else in ihrer desolaten Verfassung. Plötzlich spürte sie den Drang zu lachen und konnte sich nur mit Mühe zurückhalten.
»Kannst du nicht einmal still sein?«, fragte sie nicht halb so schroff wie beabsichtigt.
Ditte antwortete nicht sofort. Als sie schließlich doch anfing zu sprechen, war ihre Stimme völlig verändert.
»Erst wenn ich weiß, dass er ein anständiger Kerl ist und nicht so ein Tunichtgut wie Elmar.«
Verdutzt lauschte Else dem Nachhall dieser Worte, den fassungslosen Blick auf Ditte gerichtet.
»Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich in all den Jahren vermisst habe?«, fragte sie endlich heiser.
Verstohlen wischte