Der Strick um den Hals. Emile Gaboriau

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Der Strick um den Hals - Emile Gaboriau

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      »Es fehlen ihrer nicht zehn. Als man erfuhr, daß es sich darum handele, dem Grafen und der Gräfin von Claudieuse beizuspringen, Donnerwetter ... Sie werden sich denken können, daß sich da keiner erst an den Ohren herbeiziehen ließ.«

      »Dann fahrt ab und eilt euch«, befahl Herr Sénéchal. »Wir werden euch unterwegs einholen. Wir, das heißt Herr Daubigeon und ich, gehen sofort, Herrn Galpin-Daveline, den Untersuchungsrichter, abzuholen.«

      Sie hatten nicht weit zu gehen.

      Der Richter hatte sie selbst schon seit einer halben Stunde in der Stadt gesucht; auf dem Platze angelangt, ward er ihrer alsbald gewahr.

      Der personifizierte Gegensatz des Staatsanwalts, war Herr Galpin-Daveline ganz und gar Mann seines Berufs, und mehr als das.

      Alles an ihm von Kopf bis Fuß, von seinen Tuchgamaschen bis zu seinem hochblonden Backenbart, bekundete die Magistratsperson. Er war nicht nur ernst, er war die Verkörperung der Ernsthaftigkeit. Obgleich er noch jung war, konnte sich niemand rühmen, ihn jemals lächeln oder spaßen gesehen zu haben. Zugleich war er so steif, daß er, nach Herrn Daubigeons Ausdrucksweise, »das Schwert der Gerechtigkeit selbst verschluckt zu haben schien«.

      Daher hielt er es auch unter seiner Würde, auf einem zu engen Spielraum zu operieren, die großen Fähigkeiten, die er zu besitzen glaubte, in alltäglichen Angelegenheiten zu vergeuden, wo es sich etwa nur um den Urheber eines Holzdiebstahls oder um den Einbruch in einen Hühnerstall handelte.

      Doch alle seine verzweifelten Anstrengungen, einen bedeutenden Posten zu erlangen, waren bisher zunichte geworden. Vergebens hatte er sich sogar heimlich in die Politik gemischt, bereit, stets der Partei zu dienen, die ihm am besten dienen würde.

      Aber Herr Galpin-Daveline war nicht einer von denen, deren Ehrgeiz sich entmutigen läßt. Auch hatte er, von einer Reise nach Paris zurückgekehrt, in letzter Zeit zu verstehen gegeben, daß eine brillante Heirat, die ihm in Aussicht stehe, nicht verfehlen werde, ihm die Protektionen zu verschaffen, welche seinen Verdiensten bisher gefehlt hatten.

      »Wohlan«, rief er, als er Herrn Sénéchal und Herrn Daubigeon erreicht hatte, »da haben wir einen entsetzlichen Fall, der jedenfalls die weitesten Dimensionen annehmen wird!«

      Der Bürgermeister wollte ihm die näheren Umstände mitteilen.

      »Nicht nötig«, sagte jener; »alles, was Sie wissen, weiß ich auch. Ich bin dem Bauern begegnet, der Ihnen zugeschickt wurde, und habe ihn ausgefragt. – Ich denke«, sprach er alsdann, sich zu dem Staatsanwalt wendend, »daß es unsere Pflicht wäre, uns sofort auf den Schauplatz des Verbrechens zu begeben.«

      »Ich wollte Ihnen eben dasselbe vorschlagen«, antwortete Herr Daubigeon.

      »Man müßte die Gendarmerie benachrichtigen.«

      »Herr Sénéchal hat sie soeben schon benachrichtigen lassen.«

      Die Aufregung des Untersuchungsrichters war groß, so groß, daß sie sogar einigermaßen die Eisrinde undurchdringlicher Kälte zu durchbrechen schien.

      »Da gilt's, auf frischer Tat zu ertappen«, sprach er.

      »Augenscheinlich.«

      »So daß wir gemeinsam handeln können, Sie, indem Sie untersuchen, ich, indem ich Ihrer Untersuchung gemäß nachforsche.«

      Ein ironisches Lächeln glitt über die Lippen des Staatsanwalts.

      »Sie müssen mich gut genug kennen«, antwortete er, »um zu wissen, daß, was mich betrifft, keine Eifersuchtskonflikte zu befürchten sind. Ich bin nur noch ein gutmütiger Hagestolz, dem nichts über seine Ruhe und seine Bücher geht.

      › Sum piger et senior Pieridumque comes ...‹«

      »Dann hält uns nichts mehr zurück«, rief Herr Sénéchal, der vor Ungeduld brannte, »mein Wagen ist angespannt – brechen wir auf!«

      2

      Von Sauveterre nach Valpinson rechnet man ungefähr eine Meile Entfernung, das heißt eine Landmeile von sieben Kilometern.

      Aber Herr Sénéchal hatte ein gutes Pferd, vielleicht das beste des Bezirks, wie er, als er den Wagen bestieg, seinen beiden Reisegefährten versicherte.

      In der Tat hatten sie in kaum zehn Minuten die Feuerwehrleute erreicht, die eine gute Weile früher abgezogen waren.

      Und doch beeilten sich diese braven Leute, meist Handwerksmeister, Maurer, Schieferdecker und Zimmerleute von Sauveterre, aus allen ihren Kräften. Von einem halben Dutzend dampfender Pechfackeln beleuchtet, zogen sie keuchend den holprigen Weg entlang, indem sie die beiden Spritzen und den Karren mit den Rettungsgeräten vor sich herschoben.

      »Mut, meine Freunde, Mut!« rief ihnen der Bürgermeister zu, während er an ihnen vorbeifuhr.

      Etwa drei Minuten später erschien ein Bauer zu Pferde, durch die Nacht dahinsausend gleich einem fahrenden Ritter.

      Herr Daubigeon befahl ihm anzuhalten. Er gehorchte.

      »Ihr kehrt aus Valpinson zurück?« fragte Herr Sénéchal.

      »Ja«, antwortete der Bauer.

      »Wie steht es mit dem Grafen von Claudieuse?«

      »Er ist zu sich gekommen.«

      »Was hat der Arzt gesagt?«

      »Daß er vermutlich durchkommen wird. Und ich eile zur Apotheke, um Arznei zu holen.«

      Um besser zu hören, beugte sich Herr Galpin-Daveline aus dem Wagen.

      »Wird durch das Gerücht noch niemand beschuldigt?« fragte er.

      »Niemand.«

      »Und das Feuer?«

      »Wasser zum Löschen ist genug vorhanden«, antwortete der Bauer, »aber die Spritzen fehlen ...«

      »Was ist zu tun? ... bei dem immer stärker werdenden Winde?«

      »Oh, welch ein Unglück! Welch ein Unglück!«

      Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen.

      Der

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