APEX. Ramez Naam

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APEX - Ramez  Naam Nexus

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Quellcode und auch die im Compiler selbst. In jeder einzelnen Kopie, die der Virus finden konnte, würden sie entfernt werden. Dann gäbe es keine Versuchung mehr. Er würde nicht zu Shiva werden. Und kein zukünftiger Shiva würde ihm diese Hintertüren stehlen können.

      Er musste es jetzt tun. Jetzt, in den nächsten wenigen Minuten bevor die Inder ihn in den Fingern haben würden. Jetzt, bevor irgendjemand anders versuchen konnte, sie ihm abzunehmen. Bevor jemand versuchen würde, ihn aufzuhalten.

      Doch die Zweifel nagten erneut an ihm. Die Erinnerungen an sein Scheitern. Flammen, die aus einer Kirche in Houston ausbrachen. Nur einige Stunden zuvor hatte die Posthuman Liberation Front – besser gesagt eine PLF Terroristengruppe, die von einem Mann namens Breece angeführt wurde – nahezu eintausend Menschen bei einem Gebetsfrühstück für Daniel Chandler in Houston getötet. Chandler war der Verfasser des Chandler-Acts und Spitzenkandidat bei der Wahl zum Gouverneur von Texas.

      Sie hatten Nexus dazu benutzt, die Kontrolle über das Bewusstsein einer unschuldigen Frau zu übernehmen und die Bombe zu legen.

      Ebenso, wie sie Nexus dazu benutzt hatten, eine Bombe in Chicago zu zünden. Und genauso hatten sie Nexus vor drei Monaten bei dem Versuch eingesetzt, ein Attentat auf Präsident John Stockton in DC zu verüben.

      Kade war jedes Mal zu spät gekommen.

      Alles ging in Flammen auf. Alle Bombenanschläge und Morde der PLF würden den Kreislauf von Intoleranz und Hass, von Übergriffen, Misshandlungen und Terrorakten anfachen und letztendlich in einem ausgewachsenen Krieg enden.

      Wenn Kade die Hintertüren in Nexus beseitigte, würde er seine Waffe verlieren, die er bei dem Versuch eingesetzt hatte, Breece zu finden, die PLF zu stoppen und sie davon abzuhalten, einen Krieg zu entfachen.

      Kade öffnete seine Augen und sah, wie Sarai Aroon anblickte. Er konnte ihre Berührungen spüren, mit denen sie das Kleinkind beruhigte und sein Geist war nun klar. Diese Kinder waren die Zukunft. Weitere Generationen würden mit Nexus 5 in ihren Gehirnen geboren werden. Tausende von ihnen. Gar Zehntausende, vielleicht sogar Millionen. Er würde nicht zulassen, dass diese wundervollen Kinder mit einer solchen Verwundbarkeit geboren werden würden. Würde es nicht zulassen, dass ihre Anmut verdorben werden würde. Sie würden den Krieg auf eine andere Art und Weise stoppen müssen. Es musste einen besseren Weg geben.

      Kade schloss seine Augen, ließ den Atem tiefer werden, ließ sich von ihm vereinnahmen und die Atmung zum Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit werden, bis nichts anderes mehr um ihn herum war. Bis er zu seinem Atem wurde und sein Atem zu ihm, bis sein Bewusstsein ihn mit seinem ganzen Wesen und von ganzem Herzen ausstrahlte.

      Und dann waren die Kinder mit ihm. Zunächst Sarai, dann Kit, dann die restlichen. Eines nach dem anderen. Sie ließen ihre Angst los und sanken so einfach, so mühelos in dieses Ganze ein. Und er war sie alle und sie alle waren er. Zusammen waren sie gewaltig: ganz Atem, ganz Bewusstsein, unverfälschte Intelligenz. Ihr erleuchtetes Selbst war ein neuer Gipfel der Wahrnehmung und alle zusammen überwanden sie die Grenzen von bloßem Fleisch und Knochen, von Zweifel und Schmerz.

      Dann klickte Kade auf das Icon, das sich vor ihm befand und der Virus jagte zu den Satelliten über ihnen hoch und hinaus in die ganze Welt, um die Hintertüren für immer zu vernichten.

       3| DIE GESCHICKLICHKEIT DES GEISTES

      

      Samstag, 03.11.2040 Qui Li-Hua wartete draußen vor den Aufzugstüren, hinter sich die bewaffneten Wärter und Scanner und lauschte dem langsamen Knirschen, als die riesige Maschine sich gemächlich ihren Weg durch das kilometerhohe Felsenfundament hinaufbewegte.

      Der hochwichtige Ausrüstungskoffer befand sich zu ihren Füßen. Er beinhaltete das einzige elektronische Equipment, das man mit hinein- oder hinausnehmen durfte. Die Postdoktoranden und Techniker waren ehrerbietig hinter ihr aufgestellt.

      Ich bin immerhin Leitende Wissenschaftlerin Qui, dachte sie sich. Spitzenberaterin des großen Chen Pang. Obwohl ich eigentlich eher Professorin Qui sein sollte. Ausgezeichnete Professorin Qui.

      Sie hätte diese Professur längst innehaben müssen. Die Stellung wäre ihr gewiss, wahrscheinlich sogar ein Lehrstuhl. Zumindest wenn Chen Pang sie nicht blockiert hätte, die Entdeckungen, die aus Su-Yong Shus Geist kamen, nicht heimlich für sich selbst gehortet und er sich nicht geweigert hätte, den Ruhm mit ihr zu teilen. Nach allem, was sie für ihn getan hatte.

      Chen Pang, der führende Kopf im Bereich des Quantencomputing, dachte Li-Hua verächtlich. Ein Hochstapler.

      Oh, er war einst führend gewesen. Er hatte das Cluster designt, auf dem Su-Yong Shus Geist jetzt beruhte.

      Aber all die Entdeckungen der letzten Jahre? Nun, es war Li-Hua klar, wer in Wahrheit zu diesen Erkenntnissen gekommen war. Wenn auch niemand sonst diesen Zusammenhang erkannt hatte.

      Su-Yong Shu hatte ihren Ehemann schon lange in den Schatten gestellt. Oder jedes andere menschliche Wesen, zumindest in diesem Gebiet. Der große Professor Chen war kaum mehr als ein Strohmann.

      Nun würden sie Shu abschalten. Chens Stern würde verblassen. Und Li-Hua würde aufsteigen und das sehr bald.

      Der Crash in Schanghai war der eigentliche Grund, weshalb sie Su-Yong Shu abschalteten, auch wenn es sich niemand auszusprechen wagte.

      Zwei Wochen zuvor war es in Schanghai zu einem Totalausfall gekommen. Der Strom war ausgefallen. Das Wasser war ausgefallen. U-Bahnen und Züge waren ausgefallen. Selbstfahrende Autos – komplett eigenständige Dinge, die eigentlich völlig unabhängig von der Außenwelt sein sollten – waren ausgefallen. Automatisierte Lebensmitteltransporter und Güterlieferwagen waren ausgefallen. Abwasserpumpen, die Schanghai vor einer Überflutung bewahren sollten, waren ausgefallen. Menschen waren gestorben. Sie ertranken in Kellergeschossen und U-Bahn-Zügen, während Dreckwasser über ihren Köpfen aufstieg.

      Li-Hua erschauderte.

      Sogar Überwachungssysteme waren ausgefallen. Rot leuchtende Beobachtungsdrohnen mit ihren Quadrokopter-Tragwerken hörten einfach auf zu fliegen, fielen vom Himmel und zerschmetterten auf den Straßen wie kaputtes Spielzeug.

      Wie das die Verantwortlichen in Schrecken versetzt haben musste!

      Es kam zu Aufständen. Soldaten hatten Leute erschossen. Schanghai befand sich am Rande des Wahnsinns in diesen ersten paar Tagen, bevor die Ordnung wiederhergestellt worden war.

      Sie nannten es »kaskadierende Systemausfälle«, einen »schlampigen westlichen Kodex«. Irgendein stellvertretender Junior Assistent eines Ministerialberaters wurde für Nachlässigkeit im Umgang mit Verwaltungssystemen verhaftet.

      Und doch gab es sie. Und sie waren dabei, die am höchsten entwickelte elektronische Entität, die es auf diesem Planeten gab, zu deaktivieren.

      Und was war mit der Politik, was war mit Peking?

      Nun, das Politbüro hatte einen ziemlich beeindruckenden Wechsel in seiner Zusammensetzung erfahren.

      Gab es da einen Zusammenhang zwischen all diesen Begebenheiten? Oh nein … natürlich nicht.

      Ein dröhnender Bass erklang, um die Ankunft des Riesenaufzuges anzukündigen. Das Schleifgeräusch hielt inne. Und dann schoben sich massive Türen auf, die Chen

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