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»Wann sind wir denn endlich wieder gesund?«, fragte Tim, während ihm die Tränen über die Wangen liefen.
»Ich will endlich wieder aufstehen«, forderte Kim dagegen mit trotzigem Blick. »Hier im Bett ist es doch langweilig.«
»Dr. Brunner hat gesagt, dass eure Krankheit inzwischen den Höhepunkt erreicht hat«, versuchte sie, die beiden zu trösten. »Ab jetzt kann es nur besser werden. Dann geht das Fieber zurück, die roten Flecken werden wieder verschwinden, und ihr werdet euch schnell besser fühlen.« Sie setzte sich an den Bettrand neben Tim, der stärker unter den Masern litt als sein Bruder. »Ich lese euch was vor, was haltet ihr davon?«
»Hmm.« Tim nickte, rutschte tiefer unter die Decke und schloss die Augen.
»Ich möchte lieber Fernsehen«, sagte Kim.
Entschlossen schüttelte sie den Kopf. »Erst am Spätnachmittag eine Stunde und nicht mehr.«
»Wann kommt eigentlich Mama wieder?« Herausfordernd sah der Junge sie an.
»Ja, wann kommt sie zurück?«, meldete sich jetzt auch Tim.
Amelie schluckte schwer.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie, obwohl sie ganz genau wusste, dass Britta nicht mehr zurückkommen würde. »Das wird bestimmt noch lange dauern«, fuhr sie fort. »Aber vielleicht könnt ihr sie ja mal in dieser Zeit besuchen.«
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Britta ihre Kinder verstoßen hatte. Deshalb stellte sie den beiden jetzt auch ohne schlechtes Gewissen ein Wiedersehen in Aussicht.
Tim griff nach ihrer Hand. »Aber du gehst nicht weg, oder?«
Das war zu viel für sie. Ihr Hals schnürte sich zusammen, Tränen stiegen ihr in die Augen, die sie nicht mehr zurückhalten konnte. Sie rollten ihr über die Wangen.
»Warum weinst du?« Zutiefst erschrocken sah Tim sie an.
»Bist du auch krank?« Kims Augen weiteten sich voller Staunen.
Seine Frage sowie seine Mimik ließen sie ganz von selbst wieder lächeln.
»Nein, ich bin nicht krank«, erwiderte sie.
Dabei wischte sie sich mit einer unwirschen Bewegung die Tränen weg.
Oder vielleicht doch? Ihre gegenwärtige Situation machte ihre Seele krank. Die Angst davor, Torsten zu verlieren; die Qual, eine Entscheidung treffen zu müssen; das Wissen darum, einem oder gar drei Menschen, die sie liebte, wehtun zu müssen, ganz gleich, wie sie sich entscheiden würde.
Jonas kam am Spätnachmittag nach Hause. In der Diele löste er seinen Krawattenknoten, klopfte sich die Regentropfen vom Jackett und warf dieses dann achtlos über die Garderobe.
»Wie geht’s den Jungs?«, lautete seine erste Frage, als er die Küche betrat, wo Amelie das Abendessen zubereitete.
»Sie schauen sich eine Kindersendung im Fernsehen an.« Sie lächelte ihn an. »Kaffee?«
»Nein, danke. Davon habe ich während der Sitzung mit den Leuten von der Reisebürokette zu viel getrunken.«
»Und?«
»Ich habe abgelehnt. Du hattest recht. Das Wiesler ist ein Traditionshotel. Es ist nicht auf Pauschaltouristen angewiesen. Zumindest zurzeit noch nicht.«
Amelie atmete auf.
»Diese Entscheidung wäre auch ganz im Sinne deiner Eltern«, sagte sie gerührt.
Jonas, der sich inzwischen auf die Eckbank unter den Herrgottswinkel gesetzt hatte, schaute sie von unten an.
»Soll ich dir was verraten?«
Sie nickte.
»Ich habe sie vorher angerufen.«
»Das ist doch völlig in Ordnung«, bestätigte sie ihn. »Es ist nie falsch, sich einen Rat einzuholen.«
Jonas hielt ihren Blick fest. »Liege ich richtig, wenn ich annehme, dass du jetzt meinen Rat einholen möchtest?«
Er hatte also nicht vergessen, dass sie mit ihm reden wollte.
Sie schenkte sich Kaffee ein, setzte sich ihm gegenüber und sah ein paar Lidschläge lang nach draußen in den Regen.
»Ich weiß nicht, ob ich einen Rat brauche«, erwiderte sie dann. »Ich glaube vielmehr, dass mir in meiner Sache niemand raten kann. Ich möchte dir nur etwas sagen, damit du Bescheid weißt.«
So begann sie, Jonas von ihrer Liebe zu Torsten zu erzählen. Nachdem sie geendet hatte, sah sie die Betroffenheit auf seinen Zügen.
»Aber ihr kennt euch ja noch gar nicht so lange«, wandte er ein.
Seine Hilflosigkeit schlug sich in seinem Ton nieder.
»Du hast Britta auch erst kurz gekannt und dann geheiratet«, wandte sie eine Spur zu spitz ein.
»Das sollte dir eine Warnung sein«, konterte er prompt mit düsterer Miene.
»Torsten und Britta sind doch gar nicht miteinander zu vergleichen«, begehrte sie auf. »Torsten und ich, wir sind wie …, wie Seelenverwandte. Wir passen viel besser zusammen als du und deine Frau.«
Jonas winkte mit einer müden Geste ab und schwieg.
Ja, sie wusste, was er dachte. Sie war frisch verliebt. Dann sah man den anderen stets durch eine rosarote Brille. Darum brachte sie das Thema auch auf eine andere Schiene.
»Lassen wir Torsten einmal aus dem Spiel. Es geht mir darum, dass ich grundsätzlich ein eigenes Leben führen möchte«, fuhr sie fort. »Ich möchte nicht irgendwann einmal als die unverheiratete Tante enden, als das sprichwörtlich alte Mädchen, das zeit seines Lebens nur für andere gelebt hat.«
»Das würde ich auch niemals wollen«, erwiderte Jonas mit großen Augen. »Du kannst jederzeit kündigen, ohne irgendeine Frist einzuhalten, aber doch nicht gerade jetzt. Nicht so plötzlich. Ich erhöhe dein Gehalt, gebe dir das Doppelte, aber lass mich bitte nicht in der gegenwärtigen Situation mit den Kindern allein.« Seine Stimme begann zu schwanken, als er hinzufügte: »Mir tun die Jungs leid, um die ich mich nicht so kümmern kann, wie ich möchte und müsste. Wir können sie nicht von heute auf morgen einer fremden Kinderfrau überlassen.« Er senkte den Kopf, seine Schultern begannen zu zucken, und er schluchzte leise auf. Auch Amelie war den Tränen nah.
Das wusste sie doch alles. So dachte sie ja auch, aber da war noch ihre Liebe zu Torsten, seine Erwartung an sie, die völlig verständliche Erwartung eines Mannes, der liebte.
Sie stand auf und setzte sich neben Jonas auf die Bank. Er wandte sich ihr zu, schlang die Arme um sie und drückte sie fest an sich. Sie erwiderte seine Umarmung, legte ihren Kopf auf seine Schulter und begann zu weinen. Gegenseitig strichen sie sich übers Haar, drückten einander, wie sie es als Kinder getan hatten. Damals bei der Beerdigung am Grab ihrer Eltern, die Jonas sehr gemocht hatte. Schließlich rückten sie voneinander