Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen
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»In zwei Jahren kann noch so viel passieren«, murmelte seine Frau mit besorgtem Blick in die Richtung, in der die beiden Verliebten inzwischen entschwunden waren.
Nachdem Dr. Brunner seinen Patienten geröntgt hatte, konnte er Jonas Wiesler eine gute und eine schlechte Nachricht überbringen.
»Und?« Jonas sah ihn eindringlich an. Dabei spiegelte sich in seinen grauen Augen die Furcht wider, die ihn beherrschte.
Matthias verschränkte die Finger ineinander und lehnte sich zurück.
»Du hast eine Krankheit, die sich Sarkoidose nennt. Die Bestimmung des Angiotensin umwandelnden Enzyms in deinem Blut, dein erhöhter Immunglobulin- und Kalziumspiegel sowie die Lymphknotenvergrößerungen in deiner Brust haben meinen Verdacht bestätigt. Deine Lunge, das von dieser Krankheit am stärksten betroffene Organ, ist zum Glück noch nicht befallen. Stattdessen deine Gelenke.« Er räusperte sich bedeutsam, bevor er fortfuhr: »Diese Krankheit ist nicht tödlich. Das erst einmal zur Entwarnung für dich vorausgeschickt. Ihre Heilung gestaltet sich jedoch sehr langwierig. Denn die Ursachen der Sarkoidose sind bis heute nicht erforscht.«
»Was heißt das nun alles?«, fragte der junge Hotelier, wie es jeder Patient getan hätte, der sich in medizinischen Fachbegriffen und deren Bedeutung nicht auskannte.
Dr. Brunner wusste um diese Situation. Den wenigsten Kranken diente es, Medizinerdeutsch zu hören. Sie interessierten sich vielmehr dafür, wie sie mit der Krankheit umgehen und welche Heilungsmaßnahmen sie ergreifen mussten.
»Wie sieht die Heilung aus? Was muss ich tun?« Jonas durchbohrte ihn mit seinem Blick.
»Du kannst ganz normal weiterleben. Das heißt, in der letzten Zeit hast du ja selbst bemerkt, dass du nicht mehr so belastbar bist. Dem solltest du zukünftig Rechnung tragen. Um die Krankheit zu bekämpfen, müssen wir das Immunsystem stärken. Zusätzlich werde ich dir Kortison verordnen, um die Atemnot, das Fieber und die Gelenkschmerzen zu unterdrücken.«
Jonas´ Augen weiteten sich ungläubig. »Und das muss ich mein ganzes Leben lang nehmen?«
»Wer wie du nur vergrößerte Lymphknoten in der Brust und Entzündungen in den Gelenken hat, aber keinerlei Anzeichen auf einen Lungenbefall, hat sehr gute Heilungschancen. Mehr als drei Viertel der Patienten sind spätestens nach fünf Jahren wieder gesund. Manchmal verschwinden vergrößerte Lymphknoten in der Brust sogar schon nach ein paar Monaten wieder. Allerdings – und das will ich dir nicht verschweigen – kann die Hälfte der betroffenen Menschen danach auch wieder einen Rückfall erleiden. Aber zunächst geht es ja um deine Heilung.«
»Natürlich«, erwiderte Jonas sofort. »Ich will so schnell wie möglich wieder gesund werden. Kim und Tim, das Hotel …« Er ließ den Kopf in beide Hände sinken, verweilte in dieser Stellung ein paar Augenblicke lang und sah Matthias dann wieder an. »Ich werde umdenken, alles neu organisieren müssen.«
»Vergiss bitte nicht, es gibt keinen Grund zur Verzweiflung«, sagte der Landarzt eindringlich. »Noch einmal: Du kannst ganz normal weiterleben, nur in der nächsten Zeit nicht auf Hochtouren, wenn wir den Kortisonverbrauch so niedrig wie möglich halten wollen.«
»O Mann.« Der junge Hotelier raufte sich die Haare. Dann murmelte er wie zu sich selbst: »Wie gut, dass ich in dieser Situation Amelie habe.«
Nachdem Amelie an diesem Morgen die Zwillinge in den Kindergarten gebracht hatte, widmete sie sich der Bügelwäsche. Diese Tätigkeit empfand sie stets als eine Art der Meditation. Das Eisen glitt von selbst über die Shirts und Hemden. Dabei konnte sie ihren Gedanken freien Lauf lassen. Gerade beschäftigten sich diese mit ihrem Vetter, der etwa zur gleichen Zeit bei Dr. Brunner saß. Was mochte der Befund ergeben? Vielleicht war es doch nur der Stress, der Jonas zermürbte?
Als sie seinen Wagen auf den Hof fahren hörte, stellte sie das Bügeleisen auf die Station und ging ihm in der Diele entgegen.
Gebeugt wie ein alter Mann kam er durch die Haustür. Sie erstarrte innerlich. Die Diagnose musste niederschmetternd gewesen sein, so, wie er wirkte. Als er sie wahrnahm, zwang er sich zu einem Lächeln. Es fiel müde aus.
»Und?« Ihre Stimme klang belegt.
»Lass uns einen Kaffee trinken«, schlug er vor.
Sie folgte ihm in die Küche. Während sie die Maschine anstellte, ließ sie ihm Zeit. Dann hielt sie es nicht mehr länger aus. Seine Krankheit, oder vielmehr deren Folgen, betraf ja auch ihr Leben.
Sie drehte sich um. »Jetzt sag schon«, forderte sie ihn auf.
Er erzählte –, und sie atmete aus. Eine Krankheit ohne tödlichen Ausgang, wenn sie früh genug erkannt wurde.
»Das freut mich«, sagte sie schließlich mit Tränen der Erleichterung in den Augen.
Jonas sprang so unvermittelt auf, dass der Löffel aus der Zuckerdose auf die Tischplatte klirrte.
»Das freut dich?«, rief er erbost aus. »Weißt du, was das bedeutet? Mein Leben wird in der nächsten Zeit so aussehen wie in den vergangenen Wochen. Ich kann all die Arbeit, die hier anfällt, nicht mehr allein erledigen. Ich muss delegieren, mehr Leute einstellen.« Erschöpft hielt er inne, senkte den Kopf und ließ sich wieder auf die Eckbank fallen.
Sie schluckte.
Ja, sie hatte leicht reden. Dennoch gab es ja auch weitaus schlimmere Diagnosen.
Sie setzte sich neben ihn und legte den Arm um seine Schulter.
»Du wirst wieder gesund werden«, sprach sie ruhig auf ihn ein. »Das ist das Wichtigste. Denk doch einmal an die Kinder. Du darfst jetzt nicht undankbar werden. Du hast eine gute Chance, die Krankheit zu bekämpfen und danach beschwerdefrei zu sein.«
Er rückte von ihr ab. Seine Augen schimmerten feucht.
»Ach, Amelie«, begann er dann mit brüchiger Stimme. »Wenn ich dich nicht hätte. Du bist mein einziger Halt. Das Gefühl, dass du zu mir und den Kindern stehst, uns unterstützt, gibt mir Kraft. Wir sind doch eine Familie, nicht wahr? Waren es doch immer, oder?« Sein Blick war so flehend, dass sie ganz automatisch nickte.
Natürlich sind wir eine Familie, sagte sie sich dann bewusst im Stillen. Seine Eltern haben mich aufgenommen. Jonas ist wie ein Bruder für mich. Niemals würde sie ihn jetzt allein lassen. Sie musste ihm helfen, sein Leben mit dieser Krankheit neu zu ordnen. Wie gut, dass Torsten dabei in ihrer Nähe war. Sie würden es schon so einrichten können, dass die Wochenenden ihnen allein gehörten. Aus den Stunden mit dem geliebten Mann würde sie dann die Kraft ziehen, die sie während der Woche brauchte, um Jonas beizustehen.
Am Abend dieses Tages besuchte Amelie ihren Freund in dessen Pension. Torstens Zimmer verfügte über eine Terrasse, wo sie gemütlich sitzen konnten, mit einem herrlichen Ausblick auf die Schwarzwaldhügel. Auf dem Korbtisch standen schon eine geöffnete Flasche Rotwein und zwei Gläser. Amelie hatte Brot und Käse mitgebracht.
Nach einer liebevollen Begrüßung, die recht lange ausfiel, traten die beiden Hand in Hand hinaus in die laue Abendluft. Amelie beobachtete Torsten dabei, wie er mit sanften ruhigen Bewegungen den Wein einschenkte. Sie liebte seine Hände, die mit ihrem Körper genauso sanft umgingen. Dann jedoch entdeckte sie den Ausdruck auf seinem Gesicht. Sie konnte ihn nicht richtig deuten. Sein geheimnisvolles Lächeln, sein vielversprechender Blick, der sie jetzt traf …
»Was