Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 6 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 6 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 18
»Hast du eine Vorstellung davon, woher das kommt?«, wagte sie eine vorsichtige Frage.
Zu ihrer Überraschung lachte Sina auf. Es war ein bitteres Lachen.
»Machen Sie Witze? Hätten Sie Hunger, wenn Sie Ihr Kind wegen Ihrem Freund abgetrieben haben, weil er es verlangt hat? Und dann macht er trotzdem Schluss.«
»O je«, entfuhr es Laura mitfühlend. »So war das?«
»Ja, so war das. Und jetzt ist es zu spät. Zu spät für alles.« Sina versetzte dem Tablett einen unsanften Stoß, dass die beiden Brötchen vom Teller rutschten und der Orangensaft überschwappte und auf den Boden tropfte.
Schnell zupfte Laura ein paar Papiertücher aus dem Spender und wischte die Bescherung auf.
»Wenn es für mich nicht zu spät ist, wie sollte es dann für dich zu spät sein?«, bemerkte sie wie nebenbei.
Verwirrt legte die unglückliche junge Frau den Kopf schief. Eine schwarze Strähne fiel ihr vor die geschminkten Augen. Unwillig schob sie sie zur Seite.
»Sie? Sie sind doch Ärztin und haben wahrscheinlich einen Professor als Mann und ein paar schlaue Kinder. Eine riesige Villa mit Pool im Keller. Und eine Putzfrau und einen Chauffeur.«
Diesmal war es Laura, die bitter auflachte.
»Ha, schön wär’s!« Ich bin eine Diebin, die ihrem neuen Arbeitgeber gleich in der ersten Nacht Rauschmittel klaut. Mein ehemaliger Freund hat sich in die Luft gesprengt und viele Menschen verletzt. Kinder habe ich keine und nach der Diebstahl-Geschichte auch keinen Job mehr!, ging es ihr durch den Sinn. Laut sagte sie: »Weißt du, auch als Erwachsener läuft das Leben nicht immer so, wie man sich das vorgestellt hat. Und auch als Erwachsener ist man nicht davor gefeit, dumme Sachen zu machen.«
»Sie?« Sina konnte es kaum glauben.
»Ja, ich. Im Grunde genommen war es bei mir nicht viel anders als bei dir«, lächelte Laura Merz traurig. »Ich habe mein Herz auch an einen Mann gehängt, der mir ständig irgendwas versprochen hat. Gehalten hat er nichts. Trotzdem hab ich ihm immer wieder geglaubt.«
Mit großen Augen hatte die junge Frau Lauras Geständnis gelauscht.
»Hat er auch Schluss gemacht?«, fragte sie voller Mitgefühl.
Doch diesmal konnte Laura den Kopf schütteln.
»Nein, ich bin ihm zuvor gekommen.« Erstaunt stellte sie fest, dass sie diese Tatsache fast mit Stolz erfüllte. »Jetzt ist er nicht mehr am Leben.«
»Oh, das tut mir leid.« Erschrocken schlug Sina die Hand vor den Mund.
Zu ihrer eigenen Überraschung lächelte Laura Merz.
»Im Grunde genommen hatte Achim schon lange keine Lust mehr, sah schon ewig keinen Sinn mehr in seinem Leben. Er hat Drogen konsumiert, um nichts mehr zu spüren«, erzählte sie. »Nicht, dass ich seine Entscheidung gutheiße. Aber ich muss sie akzeptieren. Und es fällt mir überraschend leicht.«
Staunend hatte Sina den Worten der Ärztin gelauscht.
»Sie sind eine tolle Frau. Ich wünschte, ich hätte eine Mutter wie Sie. Dann wäre vieles bestimmt nicht passiert«, erklärte sie.
Unwillkürlich musste Laura wieder an ihr Gespräch mit Benedikt denken, und ihr Herz begann, schneller zu schlagen. Sie musste ihn unbedingt anrufen und um Verzeihung bitten. Ihm erklären, was passiert war ...
»Und ich könnte mir keine bessere Tochter vorstellen«, murmelte sie, als es klopfte und sich gleich darauf die Tür öffnete.
Der Kollege Schober trat ein. Im Gegensatz zum vergangenen Abend war seine Miene ernst, fast streng.
»Frau Merz, Sie möchten bitte sofort zur kommen.«
*
Unruhig wanderte Jenny Behnisch in ihrem Büro auf und ab. Im Gegensatz dazu saß Daniel Norden ruhig auf dem Sessel in der gemütlichen Besucherecke. Das Versprechen, das er seiner Frau jüngst gegeben hatte, geriet angesichts, Tatjanas leckeren Petit Fours völlig in Vergessenheit. Genüsslich steckte er eines der zartschmelzenden Törtchen in den Mund, während er auch aus persönlichem Interesse auf Laura Merz’ Erscheinen wartete.
»Wenn wir diesen Fall nicht umgehend lückenlos aufklären, steht der gute Ruf der Klinik auf dem Spiel«, bemerkte die Klinikchefin zutiefst besorgt.
»War denn schon jemand von der Presse bei dir?«, fragte Daniel und leckte einen Rest Schokocreme von den Fingern.
Jenny hielt in ihrem rastlosen Marsch inne und sah ihn an.
»Nein, das nicht«, gestand sie. »Aber ...«
»Na siehst du«, unterbrach Daniel Norden die sorgenvollen Gedankengänge seiner Freundin und Kollegin. »Dann wird das auch sicher nicht mehr passieren. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass die Quelle, woher die Rauschmittel stammen, bekannt ist. Dieser Achim hatte also noch mehr Dreck am Ste ...«
Er hatte noch nicht ausgesprochen, als es klopfte. Gleich darauf öffnete sich die Tür und Andrea Sander, die Assistentin der Klinikchefin, kündigte die Besucherin an.
»Frau Dr. Merz ist hier.«
»Sie soll reinkommen. Und bitte bringen Sie noch Kaffee«, bat Jenny, als hinter Andrea auch schon Lauras schmale Gestalt auftauchte.
Sie war blass und wirkte angespannt.
»Sie wollten mich sprechen?«, wandte sie sich an Dr. Behnisch, ehe ihr Blick den anwesenden Mann streifte, den sie nach der Operation nur kurz auf dem Klinikflur zu Gesicht bekommen hatte. Trotzdem erkannte sie den Vater ihrer jungen Patientin sofort, und schlagartig wurde ihr noch schlechter als ohnehin schon. »Geht es um Anneka?«, erkundigte sie sich ängstlich. »Ich habe gehört, dass sie auf dem Weg der Besserung ist.«
»Danke. Anneka geht es schon wieder ziemlich gut.« Daniel fühlte mit der Gynäkologin. Die Tatsache, dass sie erst vor Kurzem ihren Partner auf so tragische Art und Weise verloren hatte, stimmte ihn noch viel milder als ohnehin schon. »Bei diesem Eingriff haben Sie hervorragende Arbeit geleistet. Das hat mir der Kollege Weigand noch einmal versichert.«
Vor Verlegenheit und Scham wurde Laura rot. Doch freuen konnte sie sich nicht über dieses Kompliment. Sie setzte sich auf die äußerste Kante des Sessels und dankte Andrea, die noch einmal hereingekommen war, um Kaffee zu servieren.
»Ich habe mir übrigens die Ultraschallbilder Ihrer Tochter noch einmal genau angeschaut. Darauf ist zwar die Zyste erkennbar, die sich möglicherweise schon gedreht hatte«, sagte sie, als sie wieder unter sich waren. »Aber eine Blutung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgetreten.«
»Eine Schwester hat berichtet, Sie hätten trotz Hinweis kein CT in Erwägung gezogen«, mischte sich Jenny an dieser Stelle ins Gespräch ein.
Laura schluckte und senkte den Kopf.
»Das stimmt«, gestand sie leise. »Ich war mir einfach sicher. Das war ein Fehler.«
»Ich