Mein Herz ist aus Stein. Michaela Lindinger

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Mein Herz ist aus Stein - Michaela Lindinger

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In nächster Umgebung des Hauses wurde das ansteigende Gelände terrassiert und dort steht die Statue des Hermes, geschaffen vom Berliner Bildhauer Ernst Herter, die namensgebend für das Bauwerk werden sollte. Dieses war zwar schon 1886 fertiggestellt, der Hermes jedoch folgte erst später, auf Elisabeths Wunsch. Sie bestellte die Plastik persönlich bei Herter, was unzählige Aktenstücke in der Registratur ihres Privatsekretariats bestätigen. Auch der Preis ist bekannt: 15 730 Gulden (zum Vergleich: 2000 Gulden = ca. 7000 Euro).

      Überliefert ist, dass die Kaiserin bei der ersten Besichtigung der Innenräume nur den Kopf geschüttelt haben soll. Die Gestaltung entsprach nicht ihrem Geschmack, sondern kann eher als architekturgewordenes Psychogramm des Kaisers aufgefasst werden. Es waren von ihm favorisierte Künstler, die das Erscheinungsbild des Gebäudes bestimmten, das Franz Joseph Elisabeth zuliebe schließlich »Villa Hermes« nannte.

      Griechin sucht Griechen

      Auch im Achilleion, Elisabeths Privatresidenz auf Korfu, gab es eine »Hermesterrasse«. Ein ruhender Hermes war dort zu sehen, die Kopie einer Bronzestatue aus Herculaneum. Bilder von den Ausgrabungen in den »Städten unter der Asche«, also in Pompeji, Herculaneum und Stabiae, vor allem aber die Neuigkeiten aus »Troja«, das der deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann entdeckt haben wollte, beflügelten die Fantasien der Archäologiefans des 19. Jahrhunderts. Die Altertumskunde war dabei, sich als ernst zu nehmende Wissenschaft zu etablieren, um sich von Schatzsuchern, Grabräubern und selbst ernannten »Experten« abzugrenzen. Wer über die notwendigen Mittel und viel Zeit verfügte, schiffte sich nach Smyrna, Neapel oder Alexandria ein und ging den »Sensationen der Vergangenheit« vor Ort auf den Grund.

      Elisabeth war als Wittelsbacherin mit engen Beziehungen zu Griechenland aufgewachsen. Immerhin war 1832 der bayrische Prinz Otto, ein Sohn von Ludwig I., als künftiger König nach Griechenland geschickt worden. Die griechischen Nationalfarben Blau und Weiß erinnern noch heute an diese Episode. »Baiern« hieß schon seit 1825 »Bayern« mit einem griechischen Ypsilon. Später wurde Otto aus dem Land vertrieben, von den »schuftigen Griechen«, wie Franz Joseph sie nannte. Die Wittelsbacher verließen Griechenland ernüchtert und verbittert, das philhellenische Abenteuer konnte als gescheitert abgehakt werden.

      Als Elisabeth das erste Mal nach Korfu kam, im Jahr 1861, war die Insel englisches Protektorat. Später, als Korfu schon griechisch war, herrschte dort ein weiterer ausländischer Monarch, Georg I., der eigentlich Wilhelm hieß, aus Dänemark kam und 1913 in Thessaloniki ermordet werden sollte. Die kaiserliche Touristin aus Österreich war mehr am ersten Präsidenten Griechenlands interessiert, Ioannis Kapodistrias. Er stammte aus Korfu, war jedoch 1831 ebenfalls ermordet worden, in Nauplia, als er gerade zur Kirche des hl. Spiridon, des Schutzheiligen seiner Heimatinsel, unterwegs war. Elisabeth verehrte den republikanischen Politiker in besonderem Maß, liebte sie ja Griechenland nicht zuletzt als Mutterland der Demokratie.

      Auf Korfu suchten die Reisenden die klassischen Gegenden und Szenen und vermeinten in den Korfioten die Ebenbilder des alten Griechentums wiederzufinden. Viele antike Plätze und Ruinenstätten auf dem griechischen Festland waren vor 150 Jahren trostlose Orte, mit Unrat übersät, in den Überresten der Tempel hausten Schafe und Ziegen … Die Mitteleuropäer fühlten sich in ihrem realitätsfernen Bildungstraum gestört und wechselten nach Korfu, das von den Türken nicht erobert worden war und eine venezianische Eleganz ausstrahlte. Elisabeth schrieb an Valerie, dass es »nichts Schöneres auf der Welt« gebe als Korfu, ihr Herz könne sich »gar nicht fassen vor so viel ewiger Herrlichkeit«.

      Doch beließ es die österreichische Monarchin nicht beim Schwärmen. Sie las altgriechische Literatur und beschäftigte zu diesem Behufe verschiedene Griechischlehrer, junge »Exoten und Sonderlinge«, die ihr eifersüchtiger Mann durchwegs nicht leiden konnte. Elisabeth verbrachte wesentlich mehr Zeit in der Gesellschaft der jungen Griechen als mit ihrem Kaiser, der die hellenischen Alleinunterhalter mit wechselnden, wenig schmeichelhaften Epitheta wie »der Schreiende« (Nikolaos Thermojannis), »der Bucklige« (Konstantin Christomanos), »der Großhaxerte« (Rhoussos Rhoussopoulos) oder »der Parfümierte« (Alexander Mercáti) bedachte.

      Besondere Bedeutung für die Nachwelt sollte der Student Christomanos erlangen, der in seinen »Tagebuchblättern« die Begegnungen mit Elisabeth in der Art eines Chronisten festhielt. Bei seinem Antrittsbesuch bedeutete man ihm, in der Nähe der Hermesvilla zu warten. Er dürfte wohl sehr nervös gewesen sein:

      Plötzlich stand sie vor mir – eine schlanke, schwarze Frau. Ihr Kopf hob sich vom Hintergrund eines weißen Schirms ab, durch den Sonnenstrahlen drangen. In der Linken hielt sie einen schwarzen Fächer, leicht an die Wange geneigt. Ihre Augen fixierten mich goldhell.

      Drei Stunden spazierten die Kaiserin und ihr zukünftiger griechischer Vorleser durch den frühlingshaften Lainzer Tiergarten: »Dieses Wandern zwischen den hellen Stämmen der Birken und Buchen in die violetten, fast körperlich greifbaren Märchenschatten hinein, unhörbaren Schrittes auf der schwarzen feuchten Erde, über vermoderte Blätter vom vorigen Herbst.«

      Abgesehen von der Statue des Hermes kündet in Lainz noch eine weitere Figur von Elisabeths Griechenlandkult. Eine marmorne Aspasia war einst im Freien aufgestellt, heute befindet sie sich aus konservatorischen Gründen im Stiegenhaus der Hermesvilla. Ignaz Weirich hatte die Figur in Rom geschaffen, sie kam erst 1898 in kaiserlichen Besitz. Aspasia wurde von der Hausherrin besonders geschätzt. Geboren im 5. Jahrhundert v. Chr. im kleinasiatischen Milet, wurde sie die zweite Ehefrau des Perikles. Politischer Einfluss war ihr wichtig, sie gab Unterricht in Rhetorik und die Sokratiker berichteten positiv über sie. Wie so viele Frauen, die den Versuch machten, sich über ihren Stand zu erheben, wurde sie als Hetäre und Bordellbesitzerin öffentlich verhöhnt. Nur mit Mühe gelang es Perikles, eine gegen seine Frau eingebrachte Klage wegen »Gottlosigkeit und Kuppelei« abzuwehren. Die geistreiche, gut aussehende und mutige Aspasia, die sich gegen gesellschaftliche Zwänge souverän behauptete, scheint auf Elisabeth großen Eindruck gemacht zu haben.

       6 Ein Vorbild für Elisabeth: Aspasia, Ehefrau des Perikles, im Stiegenhaus der Hermesvilla

      Einer Zeitgenossin, die viel Zeit in der Hermesvilla verbringen sollte, setzte die Kaiserin auf ihre Art ein Denkmal, als sie im Mai 1887 von einer Reise nach Rumänien in die Villa im Tiergarten zurückkehrte:

      Doch ist dies nicht wert des Lärmes;

      Glück lebt nur in Phantasien,

      Beiden sei darum verziehen;

      Denkt da draußen Schutzgott Hermes.

      Wem soll man verzeihen? Und was eigentlich?

      Fortsetzung folgt in Kapitel IX.

      III Die Hausherrin der Hermesvilla

      Mehr als 30 Jahre war Elisabeth mit dem Kaiser verheiratet, als er die zündende Idee hatte, für sie (und ihn) ein Altersretiro im Lainzer Tiergarten errichten zu lassen. Schon die Silberhochzeit im Jahr 1879 war ein Albtraum gewesen. Laut Nichte Marie Larisch habe Tante Sisi dabei »eine Miene« gemacht »wie eine indische Witwe, die verbrannt werden sollte.« »Es ist schon genug, 25 Jahre verheiratet zu sein«, kommentierte die Kaiserin, »aber deshalb auch noch Feste zu feiern, ist unnötig.« Ein traditionelles Eheleben hatte es in dieser Beziehung kaum gegeben und gab es nun, als das Kaiserpaar in die Jahre kam, schon gar nicht mehr. Die Reitjagden in England und Irland, denen Franz Joseph nicht nur aus Kostengründen ausgesprochen ablehnend gegenübergestanden war, gab Elisabeth aus gesundheitlichen Gründen, vor allem aber wegen

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