Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman. Marie Francoise
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Dr. Daniel seufzte, dann verließ er sein Ordinationszimmer.
»Setzen Sie Frau Doschek bitte auf die Liste der Hausbesucher für morgen«, bat er seine Sprechenstundenhilfe.
Erstaunt sah Sarina ihn an. »Ist es denn schon soweit?«
Dr. Daniel nickte. »Ja, und unglücklicherweise hat sie sich gerade in München aufgehalten und ist nun in einer kleinen Frauenklinik gelandet, deren Ruf nicht der beste ist.«
»Ach, du liebe Zeit«, entfuhr es Sarina. »Frau Doschek wollte doch so gern zu Hause entbinden.«
»Ja, und nun ist ausgerechnet sie in eine der wenigen Kliniken gekommen, wo die sanfte Geburt noch nicht praktiziert wird.« Er seufzte leise. »Ich fürchte, da wird morgen ein sehr langes, einfühlsames Gespräch nötig sein, um sie diese Eindrücke vergessen zu lassen.
*
»Er kann nichts tun?«
Beinahe hysterisch stieß Valerie Doschek diese Worte hervor. Die Wehenschmerzen, die in immer kürzeren Abständen kamen, und die steife Haltung, die sie hier einnehmen mußte, hatten sie buchstäblich zermürbt. Nun war Dr. Daniel ihre letzte Hoffnung gewesen, und als
Sigrid ihr sagte, daß ihr der Arzt in diesem Fall nicht helfen könne, war Valerie einem Zusammenbruch nahe.
»So, Frau Doschek, nun wird’s langsam ernst«, erklärte der hereintretende Arzt mit betonter Munterkeit. »Jetzt heißt es noch mal kräftig mitarbeiten.«
»Ich kann nicht mehr!« rief Valerie mit tränenerstickter Stimme. »Ich wollte zu Hause entbinden und nicht in dieser gräßlichen Krankenhaussterilität!«
»Tja, das hätten Sie sich früher überlegen müssen«, entgegnete der Arzt. »Jetzt können Sie nicht mehr nach Hause. Der Muttermund ist zehn Zentimeter offen, und Ihr Baby will heraus. Also, Frau Doschek, Sie werden bei der nächsten Wehe kräftig pressen.« Er warf Sigrid einen kurzen Blick zu. »Und Sie gehen bitte hinaus.«
»Nein! Ich will wenigstens meine Freundin bei mir haben, wenn ich…«
»Das ist bei uns nicht üblich«, fiel der Arzt ihr ins Wort, dann sah er
Sigrid an. »Gehen Sie jetzt. Sie können wieder hereinkommen, wenn alles vorbei ist.«
Sigrid drückte noch einmal Valeries Hand. »Mach’s gut. Ich versuche inzwischen Heinz zu erreichen.«
Valerie konnte nur nicken, weil die nächste Wehe sie mit voller Wucht überfiel.
»Pressen!« kommandierte der Arzt. »Frau Doschek, Sie müssen schon ein bißchen mitarbeiten!«
Valerie bemühte sich, der Anweisung zu folgen, doch es schien, als wäre sie mit ihrer Kraft am Ende. Sie versuchte zu pressen, doch die Geburt ging nicht voran.
»Hilft nichts«, meinte der Arzt. »Ich muß das Baby mit der Saugglocke holen.«
»Nein«, schluchzte Valerie leise. Sie fühlte, wie sie von der Krankenhausroutine überrollt wurde, und konnte nichts mehr dagegen tun, weil sie zu erschöpft war.
Im Rhythmus der Wehen zog der Arzt das Baby vorsichtig heraus, dann wurde die Nabelschnur durchtrennt, und Valerie hörte ihr Kind kläglich weinen, während die herbeigerufene Kinderärztin es gründlich untersuchte.
»Mein Baby«, stammelte Valerie. »Ich möchte mein Baby sehen.«
»Immer mit der Ruhe«, entgegnete der Arzt. »Ihr Kleiner wird untersucht, gebadet und angezogen. Währenddessen werde ich den kleinen Dammriß hier nähen. An-schließend können Sie Ihr Kind sehen.«
Wieder rollten Tränen über Valeries Wangen. Sie spürte den feinen Stich, als der Arzt die Lokalanästhesie vornahm. Valerie fühlte ein leichtes Taubheitsgefühl im Intimbereich.
»Es werden nur etwa zehn Stiche nötig sein«, erklärte der Arzt, während er begann, den Riß zu schließen. »In einer Viertelstunde ist alles vorbei, dann können Sie für ein paar Minuten Ihr Kind haben, bevor es ins Säuglingszimmer gebracht wird.«
»Ich möchte nach Hause«, verlangte Valerie mit schwacher Stimme.
Der Arzt sah sie an. »Bei uns ist ein Krankenhausaufenthalt von einer Woche, nach einem Kaiserschnitt sogar von vierzehn Tagen üblich. Eine ambulante Geburt sehen wir nicht gern.«
»Das ist mir egal«, erwiderte Valerie so fest, wie es ihr angesichts dieser Situation möglich war. »Ich will jedenfalls nach Hause.«
»Von mir aus«, erklärte der Arzt nun weit weniger freundlich. »Aber Sie müssen mir eine Erklärung unterschreiben, daß Sie auf eigenes Risiko nach Hause gehen.«
»Ich unterschreibe Ihnen alles, wenn ich nur schnell von hier wegkomme.«
»Undankbarkeit ist der Welt Lohn«, entfuhr es dem Arzt, während er seine Arbeit beendete, dann stand er auf. »Sie bleiben noch zwei Stunden zur Beobachtung hier. Währenddessen werde ich für Ihren Gynäkologen einen Bericht schreiben.«
Valerie nickte nur. Mittlerweile war ihr alles egal. Sie wollte lediglich ihr Baby und dann nichts wie weg aus diesem Krankenhaus.
Kaum war der Arzt draußen, da kam auch schon Sigrid herein.
»Wie war’s?« fragte sie teilnahmsvoll.
»Grauenhaft«, antwortete Valerie. »Er hat das Baby mit der Saugglocke geholt, und dann wurde es sofort abgenabelt und weggebracht. Ich habe es noch nicht mal gesehen.«
»So, hier ist Ihr kleiner Prinz«, erklärte die Schwester und zeigte Valerie das Baby, das sie zur Welt gebracht hatte. Es trug einen blauen Strampelanzug, und die Ärmel des weißen Jäckchens waren über die Hände gezogen. Die Schwester bemerkte Valeries erschrockenen Blick.
»Die Kleinen haben oft so scharfe Fingernägelchen, und damit zerkratzen sie sich gern das Gesicht«, erklärte sie, dann lächelte sie. »Wollen Sie ihn ein wenig halten, oder soll ich ihn gleich ins Säuglingszimmer bringen?«
»Geben Sie mir mein Kind«, verlangte Valerie mit sich überschlagender Stimme. »Ich fahre jetzt sofort nach Hause.«
Das Gesicht der Schwester wurde abweisend. »Davon weiß ich nichts.« Sie überlegte, ob sie das Baby seiner Mutter überlassen sollte, und legte es nach einigem Zögern schließlich in Valeries Arme. »Aber Sie bleiben hier, bis ich bei Dr. Hellmann rückgefragt habe.«
Das hörte Valerie schon gar nicht mehr. Mit zärtlichem Blick sah sie auf ihren kleinen Sohn hinunter.
»Mein Liebling«, murmelte sie, und als das Baby ein wenig unruhig wurde, schob sie das Klinikhemd zur Seite und unternahm einen ersten Stillversuch, was hier auf diesem schmalen Bett nicht ganz einfach war.
»Was