Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman. Marie Francoise
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Jetzt sprang er auf, nahm die attraktive Frau liebevoll in die Arme.
»Manon! Wie kommst du denn hier herein? Meine beiden Damen sind doch schon längst weg.«
Mit einem zärtlichen Lächeln sah sie ihn an. »Und du arbeitest wieder mal bis zum Umfallen. Robert, Robert, ich glaube, auf dich muß ich wirklich schwer aufpassen.«
»Gerade wollte ich Schluß machen und nach München fahren, um dich zu besuchen«, beteuerte Dr. Daniel.
»Ich glaube dir kein Wort«, entgegnete Manon. »Als ich hereingekommen bin, hast du nicht unbedingt so ausgesehen, als würdest du die Arbeit gerade niederlegen. Außerdem kannst du dir ab sofort die Fahrten nach München sparen. Professor Thiersch hat mich endlich aus seinen Fängen entlassen.«
Mit einer Hand streichelte Dr. Daniel durch Manons kurzes, leicht gewelltes Haar. Dabei mußte er unwillkürlich daran denken, welche Qualen sie beide durchlitten hatten, als Manon ganz plötzlich an akuter Leukämie erkrankt war. Dieser Umstand hatte Dr. Daniel gezeigt, wieviel Manon ihm eigentlich bedeutete, daß es sehr viel mehr als nur Freundschaft war. Doch eine ganze Weile hatte es so ausgesehen, als würde ihre Liebe keine Zukunft haben. Erst eine Knochenmarktransplantation hatte Manons Leben gerettet, und nun war sie also endlich aus der Thiersch-Klinik entlassen worden.
»Ich bin froh, daß ich dich endlich wiederhabe«, gestand Dr. Daniel leise, dann küßte er sie. »Ich liebe dich.«
»Alles Lüge«, entgegnete Manon, doch sie lächelte dabei. »Würdest du mich wirklich lieben, dann hättest du längst gesehen, welch eine flotte Frisur ich jetzt trage.«
Dr. Daniel schmunzelte. »Natürlich habe ich das gesehen, Manon, und wenn es mir nicht gefallen würde, dann hätte ich es dir schon gesagt.«
»Um Ausreden bist du ja wohl nie verlegen«, lachte Manon, dann drehte sie sich kokett vor ihm. »Und? Wie steht mir die neue Frisur?«
»Du bist schön wie immer«, erwiderte Dr. Daniel ernst. »Sogar als du keine Haare hattest, hast du mir gefallen.«
»Daran will ich gar nicht mehr denken«, meinte Manon, während ein Hauch von Melancholie über ihr fraulich-schönes Gesicht huschte.
»Das heißt also, daß du gleich an deinem Entlassungstag noch beim Friseur warst«, erklärte Dr. Daniel in dem Versuch, sie von diesen trüben Gedanken abzulenken.
Manon nickte lächelnd. »Selbstverständlich. Ich will schließlich ein wenig schön sein, wenn ich zu dir komme.« Wieder drehte sie sich vor ihm. »Ein neues Kleid habe ich mir auch gegönnt. Meine gesamte Garderobe ist mir nämlich noch ein bißchen zu weit, und schließlich wollte ich dir nicht im Schlabberkleid gegenübertreten.«
Wieder nahm Dr. Daniel sie in die Arme. Er küßte sie erneut. »Ich bin so froh, daß du wieder zu Hause bist.«
»Ich auch, Robert.« Zärtlich streichelte sie durch sein dichtes, blondes Haar. »Du hast Sorgen, Liebling.«
»Sieht man mir das an?«
Manon nickte. »Ich habe es schon immer gemerkt, wenn es dir nicht gutging. Also, was ist los?«
»Heute war in der Tat ein stressiger Tag«, meinte Dr. Daniel, dann schüttelte er den Kopf. »Mehr werde ich dir aber nicht sagen. Du kommst gerade aus der Klinik, da sollst du dich erst mal ein wenig erholen. Professor Thiersch würde mir schwere Vorwürfe machen, und das zu Recht, wenn ich dich jetzt mit meinem Problemen belasten würde.«
»Wir gehören zusammen, Robert, vergiß das nicht«, entgegnete Manon ernst. »Das bedeutet, daß man nicht nur das Glück, sondern auch das Leid miteinander teilen muß.«
»Das werde ich ganz bestimmt nicht vergessen«, versicherte Dr. Daniel. »Was mich im Augenblick jedoch beschäftigt, sind die Sorgen einer Patientin, und damit, liebe Manon«, er stupste sie an der Nase, »sollst du dich jetzt ganz bestimmt nicht belasten. So, und nun gehen wir nach oben. Irene kocht erfahrungsgemäß immer für eine ganze Kompanie, da wird für dich also sicher auch etwas abfallen.«
»Das ist gut«, meinte Manon. »Ich habe nämlich einen Bärenhunger, und deine Schwester kocht auch ausgezeichnet.«
»Weiß ich«, grinste Dr. Daniel, während er hinter Manon die Treppe zu seiner Wohnung hinaufstieg. »Deshalb lasse ich mir ja von ihr den Haushalt führen. Außerdem liebt sie ihren kleinen Bruder so heiß und innig…«
»Robert! Eigentlich sollte ich dir dafür die Ohren langziehen!« schallte ihm in diesem Moment die Stimme seiner verwitweten Schwester entgegen. »Kannst du denn nicht ein einziges Mal pünktlich sein?«
»Sie liebt dich heiß und innig?« wiederholte Manon fragend und grinste dabei über das ganze Gesicht. »Das hört sich für mich aber doch ein bißchen anders an.«
In diesem Moment trat Irene aus der Küche, und dabei fiel Manon wieder einmal auf, wie wenig sich die Geschwister rein äußerlich glichen. Dr. Daniel war groß und schlank, mit markantem Gesicht und blondem Haar, während die Körperformen seiner Schwester eher üppig ausfielen und ihr einstmals dunkles Haar mittlerweile grau geworden war.
»Manon!« Jetzt strahlte sie über das ganze runde Gesicht und nahm die Freundin ihres Bruders spontan in die Arme. »Schön, daß Sie endlich wieder hier sind.« Dabei warf sie Dr. Daniel einen strafenden Blick zu. »Das hättest du mir auch früher sagen können, dann hätte ich ein feudaleres Abendessen auf den Tisch gebracht.«
»Ich wußte nichts davon«, verteidigte sich Dr. Daniel. »Manon hat mich ebenfalls überrascht.«
»Außerdem lege ich auch keinen Wert auf ein feudales Menü«, betonte Manon. »Bei Ihnen schmeckt mir alles gut, Irene.«
Dr. Daniels Schwester errötete. »Das haben Sie jetzt aber lieb gesagt, Manon.« Sie zögerte. »Was halten Sie eigentlich davon, wenn wir beide uns jetzt auch endlich duzen würden?«
»Sehr viel«, stimmte Manon erfreut zu.
»Schön«, meinte Irene, dann warf sie ihrem Bruder einen kurzen Seitenblick zu, ehe sie sich Manon wieder zuwandte. »Bei dieser Gelegenheit gebe ich dir auch gleich einen Tip: Erziehe dir diesen Burschen beizeiten, sonst läßt er dich eines Tages auch auf deinem Essen sitzen und kommt, wann immer es ihm beliebt.«
»Irene…«, begann Dr. Daniel, doch seine Schwester fiel ihm gleich ins Wort: »Sei du bloß ruhig.« Sie bedachte ihn mit einem strafenden Blick. »Um sechs wolltest du oben sein, und jetzt schau mal auf die Uhr. Es ist schon gleich acht. Ein paar hinter die Löffel sollte man dir geben, und deinem Sohn gleich dazu. Der macht es schon genauso wie du… kommt und geht, wann es ihm paßt. Und wenn die gnädigen Herren dann aufkreuzen, soll das Essen natürlich auf dem Tisch stehen.«
»Wenn du mich jetzt noch länger ausschimpfst, dann wird dein Essen vollends kalt«, wandte Dr. Daniel beschwichtigend ein.
»Sei nicht zu streng mit Robert und Stefan«, meinte Manon lächelnd. »Sie sind beide sehr pflichtbewußte Ärzte, die eben leider nicht immer pünktlich Feierabend machen können.«
»Na ja, dann will ich eben mal Gnade vor Recht ergehen lassen«, grummelte Irene. »Glücklicherweise habe ich Rohrnudeln gemacht. Die schmecken notfalls auch kalt.«