Seine Schriften zur Wissenschaftslehre. Max Weber

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Seine Schriften zur Wissenschaftslehre - Max Weber

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unter jenem »schöpferischen« Charakter menschlichen Tuns etwa verstanden werden kann, mit »objektiven«, – d.h. hier: von unseren Wertungen abgesehen in der empirischen Wirklichkeit gegebenen oder aus ihr abzuleitenden, – Unterschieden in der Art und Weise der Kausalbeziehungen zusammen. Als ursächliches Moment greift die Eigenart und das konkrete Handeln einer konkreten »historischen« Persönlichkeit »objektiv«, – d.h. sobald wir von unserem spezifischen Interesse abstrahieren, – in keinem irgend verständlichen Sinn »schöpferischer« in das Geschehen ein, als dies bei »unpersönlichen« ursächlichen Momenten, geographischen oder sozialen Zuständlichkeiten oder individuellen Naturvorgängen, ebenfalls der Fall sein kann. Denn der Begriff des »Schöpferischen« ist, wenn er nicht einfach mit dem der »Neuheit« bei qualitativen Veränderungen überhaupt gleichgesetzt, also ganz farblos wird, kein reiner Erfahrungsbegriff, sondern hängt mit Wertideen zusammen, unter denen wir qualitative Veränderungen der Wirklichkeit betrachten. Die physikalischen und chemischen Vorgänge z.B., welche zur Bildung eines Kohlenflözes oder Diamanten führen, sind »schöpferische Synthesen« in formal ganz demselben – nur durch die Verschiedenheit der leitenden Wertgesichtspunkte inhaltlich verschieden bestimmten – Sinn wie etwa die Motivationsverkettungen, welche von den Intuitionen eines Propheten zur Bildung einer neuen Religion führen. Unter logischen Gesichtspunkten betrachtet, hat die qualitative Veränderungsreihe in beiden Fällen die gleiche Eigenart der Färbung lediglich dadurch angenommen, daß infolge der Wertbeziehungen eines ihrer Glieder die Kausalungleichung, in welcher sie – wie an sich jede lediglich auf ihre qualitative Seite hin betrachtete Veränderung in der individuell besonderten Wirklichkeit – verläuft, als eine Wertungleichung ins Bewußtsein tritt. Damit wird die Reflexion auf diese Beziehung zum entscheidenden Grund unseres historischen Interesses. Wie die Unanwendbarkeit des Satzes »causa aequat effectum« auf das menschliche Handeln nicht aus irgendwelcher »objektiven« Erhabenheit des Ablaufes der psychophysischen Vorgänge über die »Naturgesetzlichkeit« im allgemeinen oder über spezielle Axiome, wie etwa das von der »Erhaltung der Energie« oder dergleichen abzuleiten ist, sondern aus dem rein logischen Grund, daß eben die Gesichtspunkte, unter welchen das »Handeln« für uns Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung wird, die Kausalgleichung als Ziel derselben a priori ausschließen, – so verhält es sich, lediglich in einem noch um eine Stufe gesteigerten Grade, mit demjenigen »Handeln«, sei es Einzelner, sei es einer als Gruppe begrifflich zusammengefaßten Vielheit von Menschen, welches wir als »historisches« Handeln aus der Fülle des vom geschichtlichen Interesse nicht erfaßten Tuns herausheben. Das »Schöpferische« desselben liegt lediglich darin, daß für unsere »Auffassung« der geschichtlichen Wirklichkeit der kausale Ablauf des Geschehens einen nach Art und Maß wechselnden Sinn empfängt: – m. a. W. das Eingreifen jener Wertungen, an denen unser geschichtliches Interesse verankert ist, läßt aus der Unendlichkeit der an sich historisch sinnlosen und gleichgültigen ursächlichen Komponenten das eine Mal gleichgültige Ergebnisse, das andere Mal aber eine bedeutungsvolle, d.h. in bestimmten Bestandteilen von jenem historischen Interesse erfaßte und gefärbte Konstellation entstehen. Im letzteren Fall sind für unsere »Auffassung« neue Wertbeziehungen gestiftet worden, die vorher fehlten, und wenn wir nun weiterhin diesen Erfolg anthropozentrisch dem »Handeln« der Menschen kausal zurechnen, dann gilt uns dasselbe in solchen Fällen als »schöpferisch«. Nicht nur aber kann, wie gesagt, rein logisch betrachtet, die gleiche Dignität auch reinen »Naturvorgängen« zukommen, – sobald nämlich von jener »objektiv« ja ganz und gar nicht selbstverständlichen anthropozentrischen Zurechnung abstrahiert wird, – und nicht nur kann dies »Schöpferische« natürlich auch – je nach dem »Standpunkt« – mit negativem, herostratischem Vorzeichen versehen sein oder einfach qualitativen Wertwandel ohne eindeutiges Vorzeichen bedeuten, – sondern vor allem ist aus all diesen Gründen selbstverständlich zwischen Sinn und Maß des »Eigenwerts« des »schöpferisch« handelnden Menschen und seines Tuns und demjenigen des ihm zugerechneten Erfolges keinerlei notwendige Beziehung vorhanden. Ein – nach seinem »Eigenwert« bemessen – für uns absolut wert- und geradezu sinnloses Handeln kann in seinem Erfolge durch die Verkettung historischer Schicksale eminent »schöpferisch« werden, und anderseits können menschliche Taten, welche, isoliert »aufgefaßt«, durch unsere »Wertgefühle« mit den grandiosesten Farben getränkt werden, in den ihnen zuzurechnenden Erfolgen in der grauen Unendlichkeit des historisch Gleichgültigen versinken und also für die Geschichte kausal bedeutungslos werden, oder – das in der Geschichte regelmäßig Wiederkehrende – in der Verkettung der historischen Schicksale ihren »Sinn« nach Art und Maß bis zur Unkenntlichkeit ändern.

      Gerade diese letzteren Fälle des historischen Bedeutungswandels pflegen unser historisches Interesse im intensivsten Maße auf sich zu ziehen, und man kann also die spezifisch historische Arbeit der Kulturwissenschaften auch hierin als äußerste Antithese aller auf Kausalgleichungen hinarbeitenden Disziplinen ansehen: Die Kausalungleichung als Wertungleichung ist für sie die entscheidende Kategorie, und lediglich diesen Sinn kann es also auch haben, wenn man von »schöpferischer Synthese« als einem dem Gebiet, sei es des individualpsychischen Geschehens, sei es der Kulturzusammenhänge, oder beider, eigentümlichen Vorgang spricht. Die Art hingegen, wie dieser Begriff von Wundt bei den verschiedensten Gelegenheiten110 verwendet wird, ist, wie ich glauben möchte, nicht haltbar und direkt irreführend, wennschon natürlich niemand diesem hervorragenden Gelehrten den Gebrauch, welchen Historiker wie Lamprecht gelegentlich von dieser Kategorie zu machen versucht haben, zur Last legen wird. – Wundts angeblich »psychologische« Theorie mag hier in gedrängter Skizze analysiert werden.

      Die »psychischen Gebilde« stehen nach Wundt111 zu den sie komponierenden »Elementen« zwar in bestimmten kausalen Beziehungen – d.h. also doch selbstverständlich: sie sind eindeutig determiniert –, aber sie besitzen zugleich »neue Eigenschaften«, die in jenen einzelnen Elementen »nicht enthalten sind«. – Es ist doch wohl zweifellos, daß dies bei allen Naturvorgängen ganz in gleichem Sinn und Maß der Fall ist, wann immer wir sie als qualitative Veränderungen auffassen. Wasser z.B. besitzt, mit bezug auf seine qualitative Eigenart betrachtet, Eigenschaften, die absolut nicht in seinen Elementen »enthalten« sind. Sobald vollends die Beziehung auf Werte erfolgt, gibt es überhaupt keinen Naturvorgang, der nicht gegenüber seinen »Elementen« spezifisch »neue« Eigenschaften enthielte. Auch die rein quantitativen Beziehungen des Sonnensystems, gegenüber den, als seine »Elemente«, isoliert betrachteten einzelnen Planeten oder gegenüber den mechanischen Kräften, die es aus einem hypothetischen Urnebel herausentwickelt haben mögen, macht durchaus in keinem Sinn eine Ausnahme davon, trotzdem doch hier eine Verkettung von rein physikalisch interessierenden Einzelvorgängen vorliegt, deren jeder also in einer Kausalgleichung ausdrückbar wäre. – Aber hören wir zunächst wieder Wundt. Ein Kristall, meint er, könne für den Naturforscher »nichts anderes« sein als »die Summe seiner Moleküle samt den ihnen eignen äußeren Wechselwirkungen«. Das gleiche gelte für eine organische Form, die für den Naturforscher, auch wenn er »das Ganze« noch nicht »kausal abzuleiten« vermöge, nur das »in den Elementen vollständig vorgebildete Produkt dieser Elemente« sei. Das entscheidende Zugeständnis, welches Wundt hier in die Feder geflossen ist, liegt in den Worten: »für den Naturforscher«, – der eben für seine Zwecke von den in der unmittelbar erlebten Wirklichkeit gegebenen Beziehungen zu abstrahieren hat. Denn für den Nationalökonomen, – um unter Außerachtlassung der feineren Zwischenglieder gleich zu ihm zu kommen, – liegt die Sache offenbar anders. Ob die »Wechselbeziehung« der chemischen Elemente eine solche ist, daß durch sie ein für die menschliche Ernährung geeigneter Getreidehalm oder etwa ein Diamant dargestellt wird, oder ob chemisch gleiche Elemente sich in irgendeiner für die Befriedigung menschlicher Nahrungs- oder Schmuckbedürfnisse indifferenten Verbindung befinden, ist für seine Betrachtung ein fundamentaler Unterschied: im ersteren Falle hat der Naturprozeß ein Objekt hervorgebracht, welches ökonomisch bewertbar ist. Würde dagegen nun eingewendet, daß es sich eben deshalb hier um das Hineinspielen »psychologischer« Momente – der mittels »psychischer Kausalität« zu interpretierenden »Wertgefühle« und »Werturteile« – handle, so wäre dieser Einwand zwar in dieser Fassung falsch formuliert, aber in dem, was er sagen möchte, natürlich

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