Seine Schriften zur Wissenschaftslehre. Max Weber

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Seine Schriften zur Wissenschaftslehre - Max Weber

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Block zersprang, und wie gruppiert diese verstreut liegen, – für diese und eine volle Unendlichkeit ähnlicher »Seiten« des Vorganges würde, obwohl auch sie ja rein quantitative Beziehungen darstellen, unser kausales Bedürfnis, wenn es aus irgendeinem Grunde einmal auf ihre Kenntnis ankäme, sich mit dem Urteil begnügen, daß der vorgefundene Tatbestand eben nichts »Unbegreifliches«, – das heißt aber: nichts mit unserem »nomologischen« Wissen im Widerspruch Stehendes – enthalte. Ein wirklich kausaler »Regressus« aber würde uns nicht nur wegen der absoluten »Unberechenbarkeit« dieser Seiten des Vorganges – weil die konkreten Determinanten spurlos für uns verloren sind – gänzlich unmöglich, sondern auch, abgesehen davon, gänzlich »zwecklos« erscheinen. Unser Bedürfnis nach Kausalerklärung würde erst wieder erwachen, wenn innerhalb jenes Resultates des Felsabsturzes eine Einzelerscheinung aufträte, die auf den ersten Blick im Widerspruch mit den uns bekannten »Naturgesetzen« zu stehen schiene. – So einfach dieser Sachverhalt liegt, so ist es doch gut, sich so klar wie möglich darüber zu werden, daß diese höchst unbestimmte, jedes sachlich begründete Notwendigkeitsurteil ausschließende, Form der kausalen Erklärung – bei welcher die universelle Geltung des »Determinismus« reines a priori bleibt – durchaus typisch ist für den Hergang der »kausalen« Erklärung von konkreten Einzelhergängen. – Mit im Prinzip durchaus gleichartigen Formen der Befriedigung unseres Kausalbedürfnisses wie in diesem trivialen Falle müssen nicht nur Wissenschaften wie die Meteorologie, sondern auch die Geographie und die Biologie außerordentlich häufig antworten, sobald wir an sie mit dem Begehren der Erklärung konkreter Einzelerscheinungen herantreten. Und wie unendlich weit [entfernt] von aller »exakten« Zurechnung festgestellter (oder vermuteter) phylogenetischer Vorgänge z.B. der biologische Begriff der »Anpassung« ist, wie fremd ihm namentlich kausale Notwendigkeitsurteile sind, braucht heute wohl kaum mehr hervorgehoben zu werden118. Wir begnügen uns eben in solchen Fällen damit, daß die konkrete Einzelerscheinung im allgemeinen als »begreiflich« interpretiert ist, d.h. nichts unserem nomologischen Erfahrungswissen direkt Zuwiderlaufendes enthält, und wir üben diese Genügsamkeit teils – wie bei den Erscheinungen der Phylogenese – überwiegend deshalb, weil wir jetzt und vielleicht für immer nicht mehr wissen können, teils – wie in jenem Beispiel vom Felsabsturz – weil wir überdies nicht mehr zu wissen das Bedürfnis empfinden.

      Die Möglichkeit kausaler Notwendigkeitsurteile ist bei der »Erklärung« konkreter Vorgänge nicht etwa die Regel, sondern die Ausnahme, und sie beziehen sich stets nur auf einzelne, allein in Betracht gezogene Bestandteile des Vorganges unter Abstraktion von einer Unendlichkeit anderer, die als »gleichgültig« beiseite bleiben müssen und können. Aehnlich komplex und individuell verzweigt, wie in dem Beispiel von der Gruppierung der Felsblocksplitter, liegen nun die Chancen des kausalen Regressus normalerweise auf dem Gebiet des geschichtlich relevanten menschlichen Tuns, sei es, daß es sich um konkrete, geschichtlich relevante Handlungen eines Einzelnen, oder daß es sich etwa um den Ablauf einer Veränderung innerhalb der sozialen Gruppenverhältnisse handelt, an deren Herbeiführung viele Einzelne in komplexer Verschlingung beteiligt gewesen sind. Und da man in jenem Beispiel von der Gruppierung der Felssplitter durch weiteres Hineinsteigen in die Einzelheiten des Herganges und Ergebnisses die Zahl der möglicherweise mit in Betracht zu ziehenden ursächlichen Momente »größer machen kann als jede gegebene, noch so große Zahl«, da also dieser Vorgang, wie jeder scheinbar noch so einfache individuelle Hergang, eine intensive Unendlichkeit des Mannigfaltigen enthält, sobald man ihn als eine solche sich ins Bewußtsein bringen will, – so kann kein noch so komplexer Ablauf menschlicher »Handlungen« prinzipiell »objektiv« mehr »Elemente« in sich enthalten, als sie selbst in jenem einfachen Vorgang der physischen Natur sich auffinden lassen. Unterschiede aber gegenüber jenem »Naturvorgang« finden sich in folgender Richtung:

      1. Unser kausales Bedürfnis kann bei der Analyse menschlichen Sichverhaltens eine qualitativ andersartige Befriedigung finden, welche zugleich eine qualitativ andere Färbung des Irrationalitätsbegriffs nach sich zieht. Wir können für seine Interpretation uns, wenigstens prinzipiell, das Ziel stecken, es nicht nur als »möglich« im Sinn der Vereinbarkeit mit unserem nomologischen Wissen »begreiflich« zu machen, sondern es zu »verstehen«, d.h. ein »innerlich« »nacherlebbares« konkretes »Motiv« oder einen Komplex von solchen zu ermitteln, dem wir es, mit einem je nach dem Quellenmaterial verschieden hohen Grade von Eindeutigkeit, zurechnen. Mit anderen Worten: individuelles Handeln ist, seiner sinnvollen Deutbarkeit wegen, – soweit diese reicht, – prinzipiell spezifisch weniger »irrational« als der individuelle Naturvorgang. Soweit die Deutbarkeit reicht: denn wo sie aufhört, da verhält sich menschliches Tun wie der Absturz jenes Felsblocks: die »Unberechenbarkeit« im Sinn der fehlenden Deutbarkeit ist, mit anderen Worten, das Prinzip des »Verrückten«. Wo es für unser historisches Erkennen auf ein im Sinne der Undeutbarkeit »irrationales« Verhalten einmal ankommt, da muß freilich unser kausales Bedürfnis regelmäßig sich mit einem an dem nomologischen Wissen etwa der Psychopathologie oder ähnlicher Wissenschaften orientierten »Begreifen« ganz in dem Sinn begnügen, wie bei der Gruppierung jener Felssplitter, – aber eben auch nicht mit weniger. Den Sinn dieser qualitativen Rationalität »deutbarer« Vorgänge kann man sich leicht veranschaulichen. Daß bei einem konkreten Würfeln mit dem Würfelbecher die Sechs nach oben fällt, ist, – sofern der Würfel nicht »falsch« ist, – durchaus jeder kausalen Zurechnung entzogen. Es erscheint uns als »möglich«, d.h. gegen unser nomologisches Wissen nicht verstoßend, aber die Ueberzeugung, daß es »notwendig« so kommen mußte, bleibt reines a priori. Daß in einer sehr großen Zahl von Würfen sich – »Richtigkeit« des Würfels vorausgesetzt – die nach oben fallenden Zahlen annähernd gleich auf alle sechs Flächen verteilen, erscheint uns »plausibel«, wir »begreifen« diese empirisch feststellbare Geltung des »Gesetzes der großen Zahlen« dergestalt, daß das Gegenteil: – dauernde Begünstigung gewisser einzelner Zahlen trotz immer weiterer Fortsetzung des Würfelns, – uns die Frage nach dem Grunde, dem dieser Unterschied zuzurechnen sein könnte, aufdrängen würde. Aber das Charakteristische ist offenbar die wesentlich »negative« Art, in der hier unser kausales Bedürfnis abgespeist wird, verglichen mit der »Deutung« statistischer Zahlen, welche z.B. die Einwirkung bestimmter ökonomischer Veränderungen etwa auf die Heiratsfrequenz wiedergeben und welche durch unsere eigene, von der Alltagserfahrung geschulte, Phantasie zu einer wirklich positiv kausalen Deutung aus »Motiven« heraus wird. Und während auf dem Gebiet des »Undeutbaren« der individuelle Einzelvorgang: – der einzelne Wurf mit dem Würfel, die Splitterung des abstürzenden Felsens – durchaus irrational in dem Sinn blieb, daß wir uns mit dem Feststehen der nomologischen Möglichkeit: – Nichtwiderspruch gegen Erfahrungsregeln – begnügen mußten und erst die Vielheit der Einzelfälle unter bestimmten Voraussetzungen darüber hinaus zu »Wahrscheinlichkeitsurteilen« zu führen vermochte, – gilt uns z.B. das Verhalten Friedrichs II. im Jahre 1756, in einer einzelnen höchst individuellen Situation also, nicht nur als nomologisch »möglich«, wie jene Felssplitterung, sondern als »teleologisch« rational, nicht in dem Sinn, daß wir in kausaler Zurechnung zu einem Notwendigkeitsurteil gelangen könnten, wohl aber dergestalt, daß wir den Vorgang als »adäquat verursacht«, – d.h. als, bei Voraussetzung bestimmter Absichten und (richtiger oder fälschlicher) Einsichten des Königs und eines dadurch bestimmten rationalen Handelns, »zureichend« motiviert finden. Die »Deutbarkeit« ergibt hier ein Plus von »Berechenbarkeit«, verglichen mit den nicht »deutbaren« Naturvorgängen. Sie steht, rein auf den Modus der Befriedigung des Kausalitätsbedürfnisses hin angesehen, den Fällen der »großen Zahlen« gleich. Und selbst wenn die »rationale« Deutbarkeit aus Absichten und Einsichten mangelt, also z.B. »irrationale« Affekte hineinspielen, bleibt das Verhältnis wenigstens möglicherweise noch ein ähnliches, da wir auch sie, bei Kenntnis des »Charakters«, als in ihrer Wirkung »verständliche« Faktoren in die Zurechnung einzustellen vermögen. Erst wenn wir, wie zuweilen bei Friedrich Wilhelm IV., auf [eine] direkt pathologische, die Deutung ausschließende Sinn- und Maßlosigkeit des Reagierens stoßen, gelangen wir zu dem gleichen Maß von Irrationalität wie bei jenen Naturvorgängen. In gleichem Maße aber, wie die Deutbarkeit abnimmt (und also die »Unberechenbarkeit« sich steigert), pflegen

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