Der Kettenträger. James Fenimore Cooper
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»Was kann denn das Mädchen anfangen,« sagte Andries eines Tages in bedeutungsvollem Tone zu mir, als er mir alle diese Umstände erzählte. »Sie kann keine Ketten tragen, obgleich ich glaube, Morty, das Kind hat Kopf genug, und versteht sich wohl auf Ziffern, um zu vermessen. Es würde Euch im Herzen wohlthun, die Berichte über ihr Lernen zu lesen, welche die alte Frau mir zu schicken pflegte; obgleich sie selbst eine so vortreffliche Hand schrieb, daß es mich gewöhnlich eine Woche Zeit kostete, einen ihrer Briefe zu lesen; das heißt vom ›Hochgeschätzter Freund‹ bis zum ›Unterthänige Dienerin‹ wie das Zeug lautet, wißt Ihr.«
»Eine vortreffliche Hand! Ei, ich sollte meinen, Andries, je besser die Hand, desto leichter könne man einen Brief lesen.«
»Alles lauter Irrthum. Wenn ein Mann selbst elend kritzelt, so ist es natürlich, daß er für seine Person elend gekritzelte Briefe am leichtesten liest. Nun war Mrs. Stratton im Mutterlande gebildet, und kam leicht so in ein Kapitel hinein, daß es einem einfachen Manne schwer werden konnte, gleichen Schritt mit ihr zu halten.«
»So gedenkt Ihr denn eine Landvermesserin aus Eurer Nichte zu machen?« fragte ich etwas spitzig.
»Ha, sie ist schwerlich kräftig genug, um durch die Wälder zu reisen, und der Beruf paßt nicht für ihr Geschlecht, obwohl ich sie keck gegen den ältesten Rechner in der Provinz setzen würde.«
»Wir nennen New-York jetzt einen Staat, Kapitän Andries, wie Ihr Euch zu erinnern die Güte haben werdet.«
»Ja, das ist wahr, und ich bitte den Staat um Verzeihung. Nun, es wird da ein gewaltiges Zugreifen und Kämpfen geben um das Land, sobald der Krieg erst recht zu Ende ist, und Meßketten tragen wird wieder ein angesehener und nützlicher Beruf seyn. Wißt Ihr wohl, Morty, man spricht davon, daß man Allen von der Linie, Gemeinen und Offizieren, ein Stück Land geben wolle, und so würde ich dann wieder ein Landbesitzer, in welcher Eigenschaft ich zuerst im Leben angefangen habe. Ihr werdet Acres Land genug erben, und braucht nach einem Hundert mehr oder weniger nicht zu fragen, aber mir, ich gestehe es, ist der Gedanke ganz angenehm.«
»Gedenkt Ihr denn als Landwirth von Neuem anzufangen?«
»Nein, dieß Geschäft paßte nie für mich oder ich nicht für es. Aber es kann Einer, denke ich, seinen eigenen Landantheil vermessen, ohne daß größere Meister und Gelehrte daran Anstoß nehmen dürfen. Wenn ich das Geschenk an Land bekomme, wovon man spricht, so werde ich mich ans Werk machen und es auf meine eigene Rechnung und Verantwortung vermessen und dann wollen wir sehen. Wer sich auf Ziffern versteht, und Wer nicht? Wenn auch andere Leute kein Vertrauen zu mir haben, so ist das kein Grund, daß ich selbst kein Vertrauen zu mir haben sollte.«
Ich wußte, daß der Umstand, daß es bei ihm an den Erfordernissen für die mehr intellektuelle Seite seines Berufs gefehlt hatte, ein wunder Punkt bei dem alten Andries war, und ich vermied es, bei diesem Gegenstande zu verweilen. Nur um seinen Geist auf andere Gedanken zu lenken, begann ich ihn etwas genauer, als ich je früher gethan hatte, über seine Nichte auszufragen, wodurch ich jetzt Manches erfuhr, was mir neu war.
Der Name von des Kettenträgers Nichte war Duß Malbone, wenigstens nannte er sie immer so. Am Ende entdeckte ich, daß Duß eine Art von holländischem Diminutiv für Ursula sey. Ursula Malbone hatte Nichts vom Blute der Coejemans in sich, obgleich sie die Tochter von Andries Schwester war. Die alte Mrs. Coejemans war, wie sich zeigte, zweimal verheirathet, und ihr zweiter Gatte der Vater von Duß's Mutter gewesen. Bob Malbone, wie der Kettenträger immer des Mädchens Vater nannte, war ein Mann aus dem Osten, von sehr guter Familie, aber ein gewissenloser Verschwender, welcher Duß, die Aeltere, so viel ich merkte, um ihres Vermögens willen heirathete; dieses, so wie auch das, was er selbst geerbt, brachte er binnen den ersten zehn Jahren ihrer Verbindung glücklich durch, ein Jahr oder zwei nachdem das Mädchen geboren war. Vater und Mutter starben nur wenige Monate nach einander, und sehr zur rechten Zeit, was Vermögen und Mittel des weltlichen Fortkommens betraf, und hinterließen die arme kleine Duß ohne einen andern Beschützer und Versorger, als ihren Halboheim, der damals seinem regelmäßigen Berufe nachgehend in den Wäldern lebte, und die schon erwähnte Mrs. Stratton. Ein Halbbruder war auch da, denn Bob Malbone war früher schon verheirathet gewesen, aber er war bei der Armee und hatte eine nahe Verwandte von seinem Solde zu unterstützen. Von dem Kettenträger und Mrs. Stratton waren neben gelegentlichen Beiträgen des Bruders die Mittel aufgebracht worden, das Mädchen zu kleiden, zu nähren und zu erziehen, bis sie das achtzehnte Jahr erreichte, wo der Tod ihrer Beschützerin sie beinahe gänzlich auf die Fürsorge und Güte ihres Oheims anwies. Der Bruder that jetzt das Seinige, das gab Andries zu; aber was er thun konnte war nicht viel. Er war selbst auch Capitän,