Der Kettenträger. James Fenimore Cooper
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»Ihr würdet gerade für einander Passen,« setzte der alte Mann hinzu, bei dieser denkwürdigen Gelegenheit, mit gar drolliger aber ernstgemeinter Art; »und was das Vermögen betrifft, so weiß ich, Ihr fragt wenig nach Geld und bekommt einmal genug, für ein Halbdutzend. Ich schwöre Euch, Kapitän Littlepage,« denn dies Gespräch fand nur wenige Monate vor unserer Auflösung statt, als ich schon eine Compagnie hatte, – »ich schwöre es Euch, Kapitän Littlepage, das Mädchen lacht vom Morgen bis in die Nacht, und würde eine der lustigsten Lebensgefährtinnen für einen alten Soldaten abgeben, die je angelobt haben, ihren Gatten zu ehren und ihm unterthan zu seyn. Versucht es einmal mit ihr, Junge und seht, ob ich Euch täusche.«
»Das möchte ganz gut angehen, Freund Andries, für einen alten Soldaten; aber Ihr müßt bedenken, daß ich nur erst ein Knabe den Jahren nach bin –
»Ja, den Jahren nach; aber alt als Soldat, Morty, – so alt wie White Plains oder 1776, wie ich gar wohl weiß, da ich Euch selbst im Feuer gesehen.«
»Nun gut, sey es so; aber der Mann und nicht der Soldat ist es, der heirathen muß, und ich bin noch ein sehr junger Mann.«
»Es wäre nicht das Schlimmste, was Ihr thun könntet, nehmt mein Wort darauf, Mordaunt, mein lieber Junge; denn Duß ist die Lustigkeit selbst, und ich habe ihr oft von Euch gesprochen in einer Art, welche Euch das Werben zu einer so leichten Sache machen wird, als eine Kette zu tragen auf den Jarmen Flatts.«
Ich versicherte meinen Freund Andries, daß ich noch gar nicht an ein Weib dächte, und daß mein Geschmack mehr auf ein sentimentales und melancholisches junges Frauenzimmer gienge als auf ein lachendes Mädchen. Der alte Kettenträger nahm diese Abweisung mit guter Laune auf, doch erneuerte er den Angriff wenigstens noch ein Dutzend Mal, ehe das Regiment aufgelöst wurde und wir uns gänzlich trennten. Ich sage, uns gänzlich trennten, aber das gilt eigentlich nur von unserer Kameradschaft als Soldaten, und nicht von unserem späteren Leben überhaupt; denn ich hatte mir vorgenommen, Andries selbst eine Beschäftigung zu geben, falls sich nichts Besseres für ihn darböte.
Auch fehlten mir die Mittel nicht ganz, einem Freunde so zu dienen, wenn der Wille dazu vorhanden war. Mein Großvater Herman Mordaunt hatte mir ein ansehnliches Besitzthum hinterlassen, welches ich mit dem Alter von einundzwanzig Jahren förmlich antreten sollte, in der jetzt sogenannten Grafschaft Washington, einem Theil unseres Territoriums, nordöstlich von Albany gelegen und nicht weit entfernt von den Hampshire Grants. Dieses Gut, viele tausend Acres umfassend, war theilweise von ihm selbst, noch vor meiner Geburt, an Ansiedler vergeben worden durch Pachtverträge, und da diese Verträge jetzt meist erloschen waren, blieben die bisherigen Inhaber auf unbestimmte Zeit, ruhige Zeiten abwartend, um ihre Verträge wieder auf die Dauer zu erneuen. Bis jetzt hatte Ravensnest, so hieß das Besitzthum, der Familie fast nur Kosten und Mühe verursacht; aber da das Land gut und die bis jetzt gemachten Verbesserungen und Einrichtungen beträchtlich waren, war es jetzt Zeit, auch einen Ersatz für alle unsere Auslagen zu erwarten. Dies Gut war jetzt mein förmliches Eigenthum, da mein Vater am Tage wo ich volljährig wurde, mir dessen Besitz ganz übergeben hatte. Neben diesem Besitzthum lag Mooseridge, das gemeinschaftliche Eigenthum meines Vaters und seines Freundes des Majors, oder wie er jetzt vermöge der Rangerhöhung, die den Offizieren beim Frieden bewilligt worden war, genannt wurde, des Obersts Follock. Mooseridge war ursprünglich meinem Großvater, dem ersten General Littlepage, und dem alten Oberst Follock, der zu Anfang des Kriegs getödtet und skalpirt worden war, durch ein Patent zugetheilt worden; aber als seine Hälfte an dem gemeinsamen Besitzthum an Dirck Follock fiel, übertrug mein Großvater seinen Antheil auch seinem Sohn, der doch binnen Kurzem, dem Gesetze der Natur zufolge, dessen Eigenthümer werden mußte. Dies Besitzthum war einmal in große Loostheile vermessen worden, aber wegen widriger Umstände und wegen der Nähe der Kriegsunruhen war man nicht zur wirklichen Ansiedlung oder zur Zerschlagung und Vermessung in Pachtgüter gekommen. Alles, was seine Eigenthümer je davon gehabt hatten, war das Privilegium, der Krone den Erbzins dafür zu bezahlen; Steuern oder vorbehaltene Leistungen von keinem großem Betrage zwar, aber doch weit mehr, als das Gut je eingetragen hatte.
Weil ich einmal bei Ländereien und Verleihungen bin, will ich lieber gleich meine einleitenden Erklärungen beendigen. Mein Großvater väterlicher Seits war keineswegs so reich wie mein Vater, obgleich er älter war und einen so viel höhern militärischen Rang hatte. Aber doch war sein Besitzthum, der Landhals Satanstoe, sehr werthvoll; mehr wegen der Güte des Bodens und der Lage, als wegen seines Umfangs. Außerdem hatte er einige tausend Pfund im Zins; denn Stocks, Banken und Geldkorporationen aller Art waren damals bei uns fast ganz unbekannt. Seine Mittel waren jedoch hinreichend für seine Bedürfnisse, und es war ein fröhlicher Tag, als es ihm gestattet war, wieder von seinem eigenen Hause Besitz zu nehmen, in Folge davon, daß Sir Guy Carleton alle seine Detaschements aus West Chester zurückzog. Die Morrises, so ausgezeichnete und angesehene Whigs sie waren, kehrten nach Morrisania erst nach der Räumung zurück, welche den 25. November 1783 stattfand, und auch mein Vater kehrte erst nach diesem wichtigen Ereigniß wieder nach Lilaksbush zurück. In demselben Jahre, wo mein Großvater Satanstoe wieder sah, bekam er im Lager die Blattern und starb.
Die Wahrheit zu gestehen, fand uns Alle der Friede sehr arm, und in derselben Lage befanden sich beinahe alle Einwohner des Landes bis auf wenige Lieferanten. Nicht die Lieferanten für die amerikanische Armee waren reich geworden; sie waren schlimmer gefahren als die meisten Leute; aber die Wenigen, welche den Franzosen Vorräthe lieferten, bekamen wirklich Silber für ihre Lieferungen. Was die Armee betrifft, so wurde sie aufgelöst ohne eine andere Belohnung als Versprechungen und Auszahlung ihres Soldes in Papiergeld, das so reißend im Werthe sank, daß die Leute ihr mühsam verdientes Kapital nur schnell verjubelten, damit es nicht in ihren Händen gänzlich werthlos werde. Ich habe in späteren Jahren viel von den berühmten Newburgher Briefen reden hören, und daß nur aus dem Mangel an Patriotismus zu erklären sey, daß sie geschrieben worden. Es mag nicht sonderlich klug gewesen seyn, in Betracht der gänzlichen Entblößung und Armuth des Landes, die Alternative in's Auge zu fassen, nach welcher diese Briefe allerdings einen schielenden Blick warfen, aber es lag Nichts weder in der Ausführung, noch in der Tendenz derselben, was nicht unter den damaligen Umständen ganz natürlich gewesen wäre. Washington hatte ganz Recht, so zu handeln, wie er in dieser Krisis handelte, obgleich es sehr wahrscheinlich ist, daß selbst Washington anders gedacht und gehandelt haben würde, hätte er Nichts im Auge gehabt, als das lebhafte Bewußtseyn der Geringschätzung seiner Dienste, die Aussicht auf Armuth und Vergessenheit. Was den jungen Offizier betrifft, der die Briefe wirklich schrieb, so wird man wahrscheinlich ihm in keiner Hinsicht je die gebührende Gerechtigkeit widerfahren lassen, außer in der Anerkennung seines trefflichen Styls. Für Solche, die Nichts zu dulden haben, mag es eine ganz schöne Sache seyn, von Patriotismus zu schwatzen; aber ein Land hat die Pflicht, gerecht zu seyn, ehe es so hohe moralische Ansprüche machen kann, in Betreff der ausschließlichen Hingebung und Aufopferung für die Interessen der Mehrheit. Schöne Worte kosten wenig, und ich kann mich zu keiner großen Achtung für diejenigen bekennen, welche ihre Rechtschaffenheit hauptsächlich durch Phrasen beurkunden. Ich sage dies nicht, um mich persönlich zu rechtfertigen, denn unser Regiment befand sich bei der Auflösung nicht in Newburgh; wenn dies gewesen wäre, so hätte uns, glaube ich, der Einfluß meines Vaters abgehalten, den Mißvergnügten beizutreten; aber ich glaube daneben auch, sein und mein Patriotismus hätten eine kräftige Stärkung gehabt an dem Bewußtseyn, daß es solche Besitzungen gebe wie Satanstoe, Lilaksbush, Mooseridge und Ravensnest. Doch ich kehre zu den Angaben, unser Vermögen betreffend, zurück. Mein Großvater Mordaunt hinterließ, neben dem schönen Vermächtniß für mich, die Hauptmasse seines Vermögens meiner Mutter. Dies hätte die übrige Familie