Zeit für Weiblichkeit. Diana Richardson

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Zeit für Weiblichkeit - Diana Richardson

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Empfindsamkeit offenbart sich im Körper eine Ebene magnetischer Anregung, die sich kühl, zellaktivierend und ekstatisch anfühlt. Für diese entspannte Art des Orgasmus ist es noch nicht einmal nötig, Erregung gezielt aufzubauen. Ein weiteres Element, durch das sich Gipfel- und Talorgasmus voneinander unterscheiden, ist die Dauer des Geschehens. Ein Gipfelorgasmus dauert – an einem guten Tag – schätzungsweise zehn Sekunden. Man könnte sagen, dass dieser Höhepunkt einen ziemlich präzisen Anfang und ein ziemlich präzises Ende hat. Es ist ein Ereignis. Wir haben einen Orgasmus – oder auch nicht, je nachdem.

      Im Gegensatz dazu ist der Talorgasmus ein länger andauernder Zustand, eine zeitlose Erfahrung ohne einen speziellen Anfang oder ein spezielles Ende. Er kann einige Sekunden, aber auch einige Stunden anhalten. Die Zeitdauer spielt keine Rolle, aber die Erfahrung ist immer ähnlich: Beim Talorgasmus senkt sich ein ekstatischer Friede auf uns herab, umhüllt uns, umarmt und nährt uns; wir fühlen uns, als ob wir schweben. Wir sind orgasmisch. Es handelt sich um einen erweiterten Bewusstseinszustand, nicht um ein flüchtiges Ereignis wie beim Gipfelorgasmus, der innerhalb von Sekunden wieder abgeflaut ist.

      Wenn wir völlig eins sind mit den subtilen Empfindungen unseres physischen Körpers, erleben wir diese sexuelle Erfahrung als ekstatische Körperlosigkeit. Das klingt zwar widersprüchlich und paradox, funktioniert aber tatsächlich so.

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      Abb. 1 Biologische oder reproduktive Phase sexueller Energie.

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      Abb. 2 Spirituelle oder kreative Phase schöpferischer Energie.

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      Abb. 3 Vollständiger sexueller Energiekreis, mit zurückgeleiteter sexueller Energie, die sich spiralförmig durch die Energiezentren bewegt.

      Die nach innen zurückgenommene Energie breitet sich aus und steigt im Körper orgasmisch nach oben. Statt aus dem Körper ausgestoßen und entladen zu werden, sammelt sich die Energie in unserem System und bewirkt eine Steigerung der Vitalität und Kreativität. Wenn Sex auf diese Weise gelebt wird, intensiviert und stärkt er unsere Lebenskraft. Bestimmte Hormone, die beim Sex freigesetzt werden, gelangen ins Gehirn, wo sie die Hauptdrüsen, Hypophyse und Epiphyse, versorgen. Das wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und Langlebigkeit aus – Sex verlängert so das Leben.

      Beim Gipfelorgasmus bewegt sich die Energie in entgegengesetzter Richtung. Beim Höhepunkt fließt die Energie nach unten und außen, um den Bedingungen der Fortpflanzung zu entsprechen. Auf die intensive Steigung der Erregung folgt eine lustvolle Entladung der Energie, die nach unten aus dem Körper ausgestoßen wird. Dass eine Entladung stattfindet, zeigt sich am spürbaren Energieverlust des Mannes bei einem Samenerguss. Häufig ist er gereizt, nervös und fühlt Distanz zu seiner Partnerin. Viele Frauen beobachten bei sich ebenfalls einen erheblichen Energieverlust durch den Orgasmus, genau wie der Mann, obwohl sie keinen Samenerguss haben. Plötzlich ist keine Bereitschaft mehr da, Liebe zu machen, und man hat weder Energie noch Lust zum Weitermachen. Dieser Energieverlust beim Orgasmus ist die Ursache dafür, dass sich Frauen oft im Stich gelassen, einsam, traurig oder deprimiert fühlen.

      Der Gipfelorgasmus wird als eine mehr oder weniger auf die Genitalien reduzierte Erfahrung erlebt, weil sich die sexuelle Energie nicht in andere Körperteile ausdehnen kann. Durch das Bemühen einen Orgasmus zu bekommen wird eine Ausdehnung der Energie geradezu blockiert; die dabei entstehende Anspannung hindert die Energie daran, sich auszudehnen. Das ganze aufgebaute Energiepotenzial geht verloren und steht nicht mehr zur Verfügung, um seine heilsame, belebende Wirkung auf Körper und Seele auszuüben.

      Durch bestimmte Techniken lässt sich der Gipfelorgasmus willentlich verlängern bzw. können mehrere Orgasmen hintereinander erlangt werden. Durch die Abstimmung von Atem, Bewegung und Entspannung ist es möglich, die Energie über die automatischen Barrieren hinwegzuheben und in unbegrenzte Energiezustände zu gelangen. Um dahin zu kommen, braucht man allerdings ziemlich viel Übung und eine zielgerichtete Konzentration; jedenfalls entstehen ganz selten multiple Gipfelorgasmen aus einem entspannten Zustand.

      Offen sein für einen neuen Ansatz

      Um das sexuelle Erleben befriedigender zu gestalten, wäre es im Allgemeinen für die Frau besser, den „orgasmischen Ansatz“ zu wählen – Orgasmus als eine andauernde Befindlichkeit während des sexuellen Austausches –, statt hinter dem Höhepunkt des Gipfelorgasmus her zu sein. Dieser Ansatz hängt sehr stark von der Bereitschaft ab, zu entspannen und der eigenen femininen Empfänglichkeit zu vertrauen. Statt etwas auf die Reihe kriegen zu wollen, kannst du einfach da sein und empfangen. Durch die Vagina nimmst du die Energie auf und absorbierst sie tief im Zentrum deines Körpers. Das passiert auf ganz natürliche Weise, wenn du einmal ein Gefühl dafür bekommen hast.

      Alle einzelnen Elemente des Sex sind vorhanden, aber in einer völlig anderen Zusammensetzung. Den größten Unterschied macht dabei die innere Haltung und Bewusstheit der Frau sowie ihre Bereitschaft, mit ihrem wahren Selbst in Berührung zu kommen. Das setzt ein tiefes Verständnis für den Körper voraus, aber auch den Mut, die innere weibliche Seinsqualität anzuerkennen und zum Ausdruck zu bringen. Die meisten Frauen assoziieren Orgasmus mit der Klitoris, aber eigentlich spielt die Vagina eine viel zentralere Rolle für ihr orgasmisches Erleben. Ein wachsendes Verständnis darüber kann Frauen dazu veranlassen, ihre Erfahrungen mit dem klitoralen Orgasmus völlig neu zu bewerten, wenn sie beim Erforschen ihres orgasmischen Potenzials weiter voranschreiten. (Im 6. und 7. Kapitel werden wir das Thema Vagina bzw. Klitoris ausführlicher behandeln.)

      Auch hier gilt: Wenn ich eine andere Annäherungsweise an den Orgasmus empfehle, tue ich dies, um Möglichkeiten aufzuzeigen, dein Spektrum befriedigender sexueller Erfahrung zu erweitern. Ich habe überhaupt nicht die Absicht, dich im dualistischen Denken zu bestärken und zwischen Gipfeln und Tälern oder zwischen Tun und Sein zu unterscheiden. In Wirklichkeit kann das eine ohne das andere nicht existieren, darum ist jede Trennung falsch. Sämtliche Zwischenstufen und wonnevollen Varianten, die diese beiden verbinden, sind mit eingeschlossen.

      Mir ist es wichtig, Wahlmöglichkeiten aufzuzeigen.

      Ich möchte dich dazu einladen, über deine Erfahrungen zu reflektieren, jetzt, wo du neue Informationen bekommen hast, sodass du herausfinden kannst, was für dich sinnvoll ist. Bei meinem Ansatz geht es in erster Linie darum, sich in einen orgasmischen Seinszustand zu entspannen, statt mit Mühe einen Orgasmus zu suchen.

      Und: Verurteile dich nicht für dein „Versagen“, Orgasmen zu haben oder die „falsche“ Art von Orgasmus zu haben. Im Sex gibt es kein Falsch oder Richtig, du brauchst es niemandem recht zu machen, außer dir selbst. Vielleicht verstehst du nach einigem Reflektieren, dass du es dir bisher einfach nicht erlaubt hast, beim Sex nach innen zu gehen, um dich von innen her zu spüren und herauszufinden, was dir wirklich gut tut. Vielleicht erkennst du, dass du dich beim Sex enorm angestrengt hast, Erfolg zu haben – so als müsstest du in einem Theaterstück auftreten oder eine Prüfung ablegen! Vielleicht entdeckst du aber auch, dass du mit deinem Sexleben im Grunde ganz zufrieden bist, und findest den Gedanken, eine neue Methode auszuprobieren, anregend und es spricht deine Abenteuerlust an. Ich hoffe aufrichtig, dass die Einsichten, die du über dich selbst gewinnst, wenn du nach innen schaust, deine Perspektive verändern und es dir möglich ist, deine Erfahrungen zu erweitern.

      Entspannung und Anspannung

      Entspannung

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