Wasserschloss zu vererben. Usch Hollmann

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Wasserschloss zu vererben - Usch Hollmann cabrio

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Mann, fällt ihr der weiße steife Kragen eines Geistlichen auf.

      Dahlmann hat plötzlich ein Gefühl, als presse ihr jemand mit harten Händen die Kehle zu. Mit rauer Stimme zwingt sie sich zu sprechen.

      „Ja bitte?“

      Der ältere der beiden hält ihr in Augenhöhe einen Dienstausweis hin, Dahlmann kommen Schriftzeichen und Stempel irgendwie bekannt vor, kann sie aber nicht einordnen.

      „Verkehrspolizei“, hört sie eine unaufgeregte Stimme sagen. „Wir müssen die Fürstin von Wallburg sprechen.“ Eine zweite, sehr sanfte Männerstimme räuspert sich. „Mein Name ist Hilgert, ich bin Pastor – und wir kommen leider mit traurigen Nachrichten. Ist die Fürstin zu Hause?“

      Dahlmann fühlt den Boden unter sich schwanken, als zöge jemand im Zeitlupentempo an der dicken Kokosmatte unter ihren Füßen. Mechanisch ziehen ihre Hände einen eisernen Schieber zur Seite – die Männer betreten die Halle.

      „Die Fürstin hat sich gerade erst hingelegt, ich wecke sie ungern, es geht ihr momentan nicht gut“ flüstert sie halblaut.

      Die beiden Männer sehen sich an, scheinen ratlos.

      „Es ist leider unumgänglich, dass …“ Der mit dem weißen Stehkragen zieht seine Schultern hoch und wirft seinem Begleiter einen fragenden Blick zu.

      Auch dessen Stimme scheint belegt, er räuspert sich.

      „Wir müssen sogar um äußerste Eile bitten, es geht möglicherweise um Leben und Tod.“

      „Ist etwas mit … Claudia?“ Dahlmann tastet nach einer Stuhllehne.

      Die Männer nicken mit besorgtem Gesichtsausdruck.

      „Aber die Fürstin …“

      „Es ist in Ordnung, Dahlmann, ich möchte hören, was die Herren mir sagen müssen.“

      Die Fürstin steht auf der untersten Treppenstufe, ihre rechte Hand umklammert den kunstvoll gedrechselten obersten Knauf des Geländers. Ihre Stimme klingt beherrscht und fordernd.

      Die Männer treten näher.

      „Fürstin, es fällt uns unendlich schwer, aber wir haben eine schmerzliche Nachricht zu überbringen. Offenbar waren Ihre Tochter Prinzessin Claudia, ihr Schwiegersohn Graf zu Lauenstein und deren beider Tochter Esther auf dem Flug nach Juist. Aus noch ungeklärten Gründen konnte das Flugzeug sein Ziel nicht erreichen – die Kriminalpolizei ermittelt momentan die Ursache des Absturzes, aber …“

      Der mit der dunklen Sportjacke räuspert sich in äußerster Verlegenheit.

      „Sind sie – tot?“

      Die Frage der Fürstin kommt zögernd und beinahe tonlos.

      „Nein, Ihre Tochter lebt, aber sie ist schwer verletzt – wir haben den Auftrag, Sie so schnell wie möglich zu ihr ins Krankenhaus zu bringen. Die Ärzte kümmern sich um sie, sie liegt auf der Intensivstation. Wir können nachempfinden, wie Ihnen zumute ist, aber es ist wohl Eile geboten … Fühlen Sie sich imstande, uns zu begleiten?“

      Die Fürstin ist blass geworden, sie schwankt kaum sichtbar. Dennoch wendet sie sich mit fester Stimme an ihre Haushälterin.

      „Dahlmann, bring mir eine Jacke oder …“

      Sie steht noch immer auf der untersten Treppenstufe, die Knöchel ihrer rechten Hand, mit der sie sich am Geländer festhält, treten weiß hervor.

      „Schnell, mein Kind, meine Claudia …“

      Dahlmann fasst sich, sie atmet tief durch. „Ich komme mit.“

      Ohne eine weitere Frage an die abwartenden Männer geht die Fürstin durch die Halle und schließt die noch immer geöffnete Terrassentür, durch die die schräg stehende Frühlingssonne die alten Steinfliesen zum Leuchten bringt. Dann lässt sie sich von der herbeieilenden Dahlmann in eine Jacke helfen, nimmt einen Schlüsselbund von einem dafür vorgesehenen Schlüsselbrett und geht zur Eingangstür.

      „Gehen wir.“

      Während der knapp halbstündigen Fahrt sitzen die beiden Frauen mit versteinertem Gesicht im Fond des Wagens. Die Fürstin sieht aus dem Fenster, ohne die Frühlingslandschaft wahrzunehmen. Unaufhaltsam und ohne hörbares Schluchzen rinnen Tränen über ihre Wangen und versickern im Jackenkragen. Agnes Dahlmann greift zuerst zögernd, dann beherzt zupackend die zitternden Hände der Fürstin und hält sie mit warmem Druck sanft fest, ihre eigenen Tränen zurückdrängend.

      Auch die zwei Männer sprechen kaum. Der Fahrer mit der Sportjacke sieht nur ab und an besorgt in den Rückspiegel, die Fürstin beobachtend. Schließlich hantiert er an der Freisprechanlage seines Autotelefons und kündigt mit halblauter, sachlich klingender Stimme die Ankunft des Wagens in etwa drei Minuten an.

      Am Krankenhauseingang werden sie von zwei Pflegerinnen erwartet. Die eine bietet der Fürstin ein rollstuhlähnliches Gefährt an, wird von dieser aber zur Seite gedrängt.

      „Wo liegt meine Tochter?“

      „Bitte folgen Sie uns auf die Intensivstation.“

      Minuten später beugt die Fürstin sich über einen mit Bandagen und Tüchern verhüllten Körper. Claudia ist nur an der Flut blonder, zum Teil blutverklebter Locken zu erkennen. Ihr Gesicht ist durch Schwellungen und kleine Wunden entstellt. Als sie die Stimme ihrer Mutter hört, bemüht sie sich, die Augen zu öffnen.

      Sie sucht den Blick der Mutter und will sprechen.

      Die Fürstin tastet nach der Hand der Tochter, die schmal und mit seltsam verrenkten Fingern auf der silberfarbigen Folie liegt, mit der der Körper zugedeckt ist.

      „Claudia, Schätzchen …“

      „Mutter, du musst …“ Mühsam formuliert kommen einige Worte aus Claudias verzerrtem Mund. Die Fürstin wirft einen hilflosen Blick auf den betreuenden Arzt.

      „Ihre Tochter scheint Ihnen etwas Wichtiges sagen zu wollen, sie ist aber kaum bei Bewusstsein – versuchen Sie, sie zu verstehen, der Puls ist sehr schwach.“

      „Frag Harald – Mutter – Harald – der Brief – Christopher und Alessandro – mein Brief – Amerika …“ Sie versucht den Kopf zu heben, lässt ihn kraftlos wieder sinken. „Meine Söhne – meine Söhne – frag Harald – mein Brief – Chris … und Alessandro …“

      Die Stimme bricht ab, der suchende Blick, eben noch auf die Mutter gerichtet, gleitet zur Seite, ins Leere. Das leise Geräusch eines tickenden Monitors verstummt. Der Arzt tastet an der Halsschlagader nach dem Puls, beugt sich über Claudias Körper und horcht, richtet sich wieder auf und schließt ihr mit sanft über das Gesicht gleitender Hand die Augen. Eine der anwesenden Pflegerinnen bekreuzigt sich. Es ist sehr still im Raum.

      Mit ernstem Gesichtsausdruck greift der Arzt nach der Hand der Fürstin und versucht, deren Finger aus der krampfhaften Verflechtung mit der Hand der Tochter zu lösen.

      Dahlmann kann den zur Seite schwankenden Körper ihrer Herrin gerade noch auffangen und halten.

      „Was ist mit den anderen? Mit Esther und ihrem Vater?“

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