Elfenzeit 2: Schattendrache. Verena Themsen

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Elfenzeit 2: Schattendrache - Verena Themsen Elfenzeit

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      »Aber du hast an was gedacht, ich hab’s gesehen«, brummte Grog und schlug ihm leicht auf die Nasenspitze.

      »Autsch!«, quietschte Pirx. »Das ist ungerecht! Was kann ich dafür, was ich denke?«

      »Nichts, so lange du es beim Denken belässt.«

      »Und wer sagt, dass ich was anderes gemacht hätte?«

      »Die Erfahrung«, antwortete Grog.

      »Scht!«, zischte Rian und gab Zeichen, leiser zu sein. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Leuten zu.

      *

      Zwischen den Bäumen war es inzwischen völlig dunkel geworden. Nina atmete erleichtert auf, als sie vor sich endlich einen helleren Schimmer sah, der auf eine nahe Lichtung hindeutete. Die Hände vorsichtshalber weiterhin vor sich ausgestreckt stolperte sie darauf zu. Sie verschwendete inzwischen keinen Gedanken mehr an die Verfolgung des Fremden oder die Fragen, die sein Auftauchen aufgeworfen hatte, sondern wünschte sich nur noch weit weg von der Dunkelheit und Kälte des Waldes. Dennoch wagte sie nicht, die Taschenlampe an ihrem Handy anzuschalten.

      Ihre nassen Füße fühlten sich klamm und fast taub an, die kalte Nebelfeuchte legte sich immer wieder über ihr Gesicht und sammelte sich in kleinen Tröpfchen auf ihren Wimpern, und ihre von Borke und Zweigen zerschundenen Hände konnte sie selbst durch Reiben kaum mehr aufwärmen.

      Als sie um ein Gebüsch herum auf die Lichtung trat, wäre sie beinahe wieder in das Bett des Baches gestolpert. Sie ging in die Hocke und stützte ihre Hände auf dem Boden ab, um ihr Gleichgewicht zurückzugewinnen. Dann sah sie sich um.

      Links konnte sie schwach Feuerschein sehen, von dort war der Gesang gekommen. Zweifelsohne feierten dort die Esoteriker ihr Samhain-Ritual.

      Nina wandte der Helligkeit den Rücken zu und versuchte, irgendetwas in der Umgebung der Quelle zu erkennen. Doch außer ein paar unbeweglichen Umrissen von Dingen, die wohl Steine, Informationstafeln oder Sitzbänke waren, konnte sie nichts sehen. Kein Hinweis darauf, wo die Geschwister sein könnten, oder auch der Mann im Kapuzenmantel.

      Nina wandte sich wieder in Richtung des Feuers um und erstarrte.

      Zwischen sie und das Licht hatte sich ein dunkler Schatten geschoben.

      *

      Pirx trottete schmollend unter den Bäumen hindurch, zurück in Richtung der Quelle. Vielleicht würde er da wenigstens etwas Interessantes finden, denn das, was die Menschen trieben, fand er langweilig. Er verstand nicht, was Rian und David daran faszinierte. Jeder einzelne Elf der Crain hatte mehr Magie im kleinen Finger. Warum sollte man da zuschauen wollen?

      Vielleicht konnte er sich ja von der anderen Seite her in den Unterstand schleichen und nachsehen, ob die Leute irgendwelche Sachen dort gelassen hatten. Er würde sie sich nur ansehen, ganz bestimmt. Vielleicht ein wenig damit herumspielen, aber dann alles wieder aufräumen, ehe die Menschen zurückkamen. Und natürlich würde er darauf achten, nichts kaputt zu machen.

      Pirx blieb stehen und horchte auf, als er plötzlich das Brechen eines Zweigs und das Rascheln von Gebüsch hörte. Das war nicht von hinten gekommen, wo seine Freunde und die Feiernden waren, sondern von vorn. Eisiger Schreck fuhr ihm durch die Glieder.

      Keinen Moment hatte er mehr an den Getreuen gedacht. War er etwa auch hier?

      Unentschlossen stand Pirx geduckt im Schatten. Sollte er erst nachsehen, was sich dort im Wald bewegt hatte, oder lieber zurückgehen und die anderen warnen? Falls es etwas Harmloses gewesen war, würden sie ihn auslachen. Es war besser, erst einmal nachzusehen, als sie vielleicht unnötig zu beunruhigen.

      Leise und vorsichtig bewegte er sich weiter in die Richtung, aus der das Knacken gekommen war. Er glaubte, eine Bewegung zwischen den Bäumen zu sehen, und hielt inne. Im nächsten Moment hörte er den raschen Flügelschlag einer Fledermaus und atmete auf.

      »Vielleicht war das andere auch nur ein Tier«, sagte er leise zu sich selbst. »Ich mache mir ganz unnötig Sorgen.«

      Wieder überlegte er, ob er zurückkehren sollte, doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Etwas sprang hinter dem nächsten Baum hervor und warf sich auf ihn.

      *

      Nina kauerte sich tiefer hinunter und hoffte, nicht gesehen zu werden. Ein niedriger Busch stand halb zwischen ihr und dem Mann, dessen Umrisse sich ein Stück weiter den Weg entlang gegen den Feuerschein abzeichneten. Wenn er nicht sehr gute Augen hatte, konnte er sie vermutlich nicht unterscheiden, insbesondere da der Lichtschein nicht bis hierher fiel. Sie fragte sich, ob er schon zuvor dort gestanden hatte.

      Obwohl sie gegen das Licht das Gesicht unter der Kapuze nicht erkennen und nicht sicher wissen konnte, wohin er schaute, hatte Nina das Gefühl, dass sein Blick wie ein Suchstrahl alles um ihn herum abtastete.

      Er würde sie entdecken, dessen war sie sich schlagartig sicher. Er würde sie sehen, und das machte ihr Angst.

      In diesem Moment erklang im Wald ein hohes Quietschen, gefolgt von einem seltsam quäkenden Schrei. Der Mann fuhr herum, und in der nächsten Sekunde war er verschwunden.

      Nina atmete erleichtert auf. Zurück zum Auto, dachte sie. Kehr um.

      Doch in diesem Moment hörte sie erneut einen Aufschrei, und dann einen Ruf, der sie zurückhielt. Sie kannte die Stimme, und sie konnte nicht einfach gehen. Es war David gewesen, der dort gerufen hatte.

      *

      Instinktiv hatte Pirx sich zusammengerollt, als der Angreifer sich auf ihn gestürzt hatte. Als spindeldürre Hände in seine aufgestellten Stacheln fuhren, hörte er einen Aufschrei, der ihm nur zu bekannt vorkam. Er rollte sich ein Stück über den Waldboden weg und richtete sich auf. Mit wütend funkelnden Augen musterte er den Kau.

      »Du schon wieder!«, schimpfte er. »Verzieh dich und nimm deinen bösartigen Chef gleich mit!«

      »Kannst du ihm selbst sagen«, antwortete sein Gegenüber, zeichnete mit einem Finger eine glühende Schlinge in die Luft und warf sie dann in Pirx’ Richtung.

      Der Pixie duckte sich nach vorn unter der Schlinge weg und warf sich dem größeren Kau entgegen. Dieser sprang zur Seite, um den Stacheln zu entgehen, hüllte seine Finger in ein schützendes Glimmen und griff dann in seine Richtung.

      Pirx dachte jedoch nicht daran, sich fassen zu lassen. Flink huschte er unter den zupackenden Händen weg und versuchte, hinter ihn zu gelangen.

      Doch sein Gegner schien das beabsichtigte Manöver zu erahnen. Blitzschnell packte er den Pixie.

      In Pirx blitzte das Bild von der Hündin Bella im Zug auf. Er grinste und biss herzhaft zu – ins dürre Bein.

      Der Kau riss mit einem Aufheulen sein Bein hoch, und Pirx flog durch die Luft und wurde direkt ins nächste Gebüsch befördert. Einen Moment blieb er benommen zwischen den Zweigen hängen. Dann sah er, wie eine Gestalt im Kapuzenmantel auf den Kau zueilte, und das brachte ihn schnell wieder zur Besinnung. Er sprang nach hinten und nahm die Beine in die Hand. Von irgendwo vor sich hörte er David rufen: »Grog! Warte!« Im nächsten Augenblick rannte er in den haarigen Grogoch hinein, und beide fielen zu Boden.

      »Der Getreue«, keuchte Pirx aufgeregt, während er sich wieder

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