aWay. Nic Jordan
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Der Geruch im Kleintransporter und mein leerer Magen ergaben eine unangenehme Mischung, die mich keinen klaren Gedanken fassen ließ. Hinzu kam der Stress, für den ich selbst verantwortlich war. Die Spucke in meinem Mund schmeckte immer süßer vor Übelkeit.
Trotz allem versuchte ich mir einzureden, dass er wahrscheinlich nur ein harmloser Messi war. Eine Zeit lang herrschte unheimliche Stille im Auto. Wieso sagte er denn nichts? Mit Sicherheit ginge es mir besser, wenn wir uns ein wenig unterhielten, also durchbrach ich das große Schweigen, um ihn nach dem Namen zu fragen.
Wie in Zeitlupe drehte er seinen Kopf, und seine starrenden, beinah durchsichtigen Augen durchbohrten mich. Sie wirkten tot, frei von Energie und Liebe. Frei von irgendetwas, mit dem ich mich hätte identifizieren können. Mit krächzender Stimme antwortete er langsam: »Dieter, ich heiße Dieter«, und musterte mich dabei von oben bis unten. Als er seinen Kopf wieder der Straße zuwendete, wanderte seine Hand unübersehbar in Richtung Schritt.
Ich bekam Panik. Ich dachte an die Worte meiner ehemaligen Mitbewohnerin, die Selbstverteidigungskurse für Frauen gab. Sie hatte mir vor meiner Abreise erklärt, dass man, wenn man sich von einem Mann bedroht fühlt, keine Angst zeigen und in die Opferrolle verfallen, sondern laut werden soll. Denn genau das Opfer ist es, was für Psychopathen den Reiz ausmacht.
Ich nahm all meine Mut zusammen und sagte bestimmt: »Bitte anhalten. Mir ist übel, und ich brauche frische Luft!«
Zuerst ignorierte Dieter meine Anweisung, also wiederholte ich mich und wurde lauter. Dieter sagte, dass er an der Autobahn nicht halten durfte und starrte mich erneut mit durchbohrendem Blick an. »Du musst wohl noch ganz lange bei mir bleiben«, sagte er mit seiner Hand in seinem Schritt.
Meine Alarmglocken schlugen dann vollends aus, als ein Polizeiauto vorbeifuhr und Dieter panisch zu rufen anfing: »Was gibt’s da zu glotzen? Wieso haben die so geschaut? Was gibt’s da zu schauen?«, obwohl zu meinem Bedauern keiner der Beamten uns eines Blicks gewürdigt hatte.
›Jetzt oder nie‹, dachte ich und wagte einen weiteren Versuch, zu entkommen. Ich sprang auf und schrie ihm lauthals ins Gesicht: »HALT SOFORT AN!! SONST SPRINGE ICH HIER UND JETZT AUS DEM FAHRENDEN AUTO, UND WIE WILLST DU DAS DEM POLIZEIAUTO HINTER UNS DANN ERKLÄREN??!?« Demonstrativ nahm ich den Türgriff in die Hand. Selbstverständlich hatte ich geblufft, was das Polizeiauto hinter uns anging, aber meine Worte waren genug, um die Kontrolle über die brenzlige Situation zu gewinnen.
Dieter war seine Paranoia ins Gesicht geschrieben, er schien auf einmal noch einen Farbton heller als kreidebleich zu sein. Mehrmals schaute er sich um und versuchte hektisch, den Rückspiegel zurechtzurücken. Man konnte sehen, wie er mit sich kämpfte und nach Möglichkeiten suchte, mich im Auto zu behalten. Meine Hand drückte die Klinke, und die Autotür öffnete sich ein kleines Stück. Im schlimmsten Fall wäre ich tatsächlich aus dem Auto gehüpft. Besser gebrochene Knochen als Futter für einen klebrigen, stinkenden Messi.
Mit einem kurzen Zögern riss Dieter nun das Lenkrad nach links und hielt an dem Seitenstreifen. Er ließ mich wortlos aussteigen und raste schnell davon. Erleichtert fiel ich auf meine vor Adrenalin zitternden Knie.
Natürlich weiß ich bis heute nicht, ob der Mann in dem Kleintransporter tatsächlich eine Bedrohung für mich war, aber alle meine Alarmglocken waren gleich in dem Moment angegangen, als ich die Autotür hinter mir geschlossen hatte. Ich war einfach nur heilfroh, nicht mehr in diesem stinkenden Fahrzeug zu sitzen, neben diesem unheimlichen Mann. Alles andere war gerade Nebensache.
Was nun? Ich stand mitten auf der Autobahn, umgeben von dichtem Gestrüpp und Wald. Mein Herz raste, und ich fühlte mich absolut noch nicht bereit, in das nächste Auto zu steigen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als auf der Seitenspur entlangzulaufen, bis mir etwas Besseres einfiel. Die Blicke der vorbeifahrenden Menschen lösten zusätzlichen Stress aus. Viele tippten mit ihrem Zeigefinger gegen ihren Kopf, um mir zu signalisieren, dass ich verrückt sei. All dies versuchte ich zu ignorieren. Den Fakt, dass mein Vorhaben und meine Situation verrückt waren, mussten mir keine Fremden erklären.
Nach circa einer halben Stunde Wanderung erblickte ich einen weiteren Kleintransporter, der auf dem Seitenstreifen geparkt war. Als ich mich ihm näherte, erkannte ich ein polnisches Nummernschild. Der Fahrer stand an der Rückseite des Fahrzeugs und versuchte anscheinend etwas zu reparieren. Da meine Eltern aus Polen stammen, beherrsche ich die Sprache, also fragte ich, ob er Hilfe bräuchte, und einen Augenblick lang sah er mich verdutzt an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihn eine junge Frau mitten auf der Autobahn ansprechen würde und vor allem nicht in seiner Landessprache.
Sein rundes Gesicht lief rot an, und er zeigte mir alle seine fünf verbliebenen Zähne. Jurek hieß er und war zum Stehen gekommen, weil ihn ein klapperndes Geräusch unruhig gemacht hatte. Er hatte zuerst das Innere seines Transporters unter die Lupe genommen, konnte aber die Ursache des mysteriösen Klapperns nicht finden. Erst als er um das Fahrzeug herumlief, um Pinkeln zu gehen, stellte er fest, dass hinten die Plane nicht richtig befestigt und beim Fahren vom Wind immer wieder gegen die Seite des Fahrzeugs gepeitscht worden war. Wir versuchten gemeinsam, das Problem zu lösen, während er mir von seiner sechsköpfigen Familie erzählte und ich ihm von meinem Vorhaben. Jurek wollte unbedingt Teil von meiner Reise sein und bat mich darum, mit ihm ein Stück mitzufahren.
Die Reparaturen waren beendet, und Jurek war mir sympathisch. Ohne zu zögern, hüpfte ich auf den Beifahrersitz. Meine Hand wanderte suchend Richtung Gurt, und Jurek stellte einen Radiosender ein. Aus dem Nichts heulten hinter uns Sirenen auf, und grelles Blaulicht flackerte im Rückspiegel. Auch das noch. Ein Polizeibeamter erschien im Fenster und fragte, wieso wir hier standen, und als ich anfangen wollte zu erklären, verbat er mir den Mund mit dem Satz: »Ich habe nicht dich gefragt, zu dir komme ich gleich!« Leider merkte ich in dem Moment, dass mein polnischer Freund kaum ein Wort der englischen Sprache beherrschte. Irritiert und Hilfe suchend sah er mich an und fummelte dabei nervös mit seinen Wurstfingern im Handschuhfach rum, um seine Papiere zu finden. Ich drehte mich noch mal zu dem Beamten und erklärte ihm, dass der Mann kein Englisch sprach, woraufhin er nur laut auflachte und mich fragte, wieso ich Jurek dann in solch eine Situation brachte. Ich verstand nicht ganz, was hier vor sich ging, bis er mich beschuldigte, Autos mitten auf der Autobahn angehalten und somit mich und die Fahrer in Gefahr gebracht zu haben. Das sei schließlich eine Straftat, und dem Fahrer und mir drohe jetzt eine Anzeige. Ein Streit entfachte, da der Polizist mir nicht glauben wollte, dass der polnische Lkw-Fahrer rein zufällig auch auf der Seitenspur gehalten hatte, um sein Fahrzeug zu reparieren. Jedes Mal, wenn ich etwas sagen wollte, befahl mir der Polizist »die Schnauze zu halten«. Er verlangte nach unseren Ausweisen, um unsere Personalien durchzugeben. Er hoffte gierig darauf, dass einer von uns bereits eine Vorstrafe hatte, um uns festnageln zu können. Zu seinem Bedauern musste er feststellen, dass weder Jurek noch ich Dreck am Stecken hatten und er nicht beweisen konnte, dass ich meinen Fahrer tatsächlich zum Stehen gebracht hatte. Er musste uns wohl oder übel gehen lassen. Als ich zurück ins Auto steigen wollte, stellte sich der Polizist vor die Tür und sagte: »Du nicht! Wie ein ganz normaler Mensch wirst du mit dem Zug weiterfahren und dich hier nicht durchschnorren, und wenn ich dich noch mal auf der Autobahn oder in einem fremden Fahrzeug erwische, finde ich einen Grund, deinen