Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas Suchanek

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Dein Vater ist wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Wir sind früh zu Bett. Bitte sei leise, wenn du kommst. Er braucht seinen Schlaf. Im Kühlschrank sind noch Burritos, falls du Hunger hast. Tequiero, Mamá.

      Olivia war nach oben geschlichen, hatte eine Wanne eingelassen und sich zwei Stunden hineingelegt. Vermutlich würde sie Ärger wegen der Wasserrechnung bekommen, aber sie musste den Dreck der Nacht von sich waschen.

      Nach einem unruhigen Zwei-Stunden-Schlaf war sie schließlich aufgestanden, hatte sich Aspirin eingeworfen und war zur Schule gefahren. Noch nie war ihr der Unterricht so zäh und überflüssig vorgekommen wie heute. Sie hatte die anderen nur kurz gesprochen. Sie hatten sich alle für den späteren Nachmittag im Geheimraum verabredet. Vorausgesetzt, Olivia würde nicht im Stehen einschlafen.

      Sie sah erneut auf die Uhr ihres Smartphones. Achtzehn Minuten Verspätung. Und vorausgesetzt, ich warte hier nicht noch zwei Stunden auf Archer. Olivia schüttelte den Kopf, nahm ihre Handtasche von der Schulter und suchte nach den Aspirin und der Flasche Wasser, die sie sich eingepackt hatte. Sie spülte gerade die Tabletten hinunter, als ein schwarzer Porsche 911 mit getönten Scheiben vor der Galerie einbog. Olivia stockte. Was für eine grässliche Angeberkarre. Sie hatte Porsche noch nie etwas abgewinnen können und das nicht nur, weil ihr Vermieter einen fuhr. Die Fahrertür ging auf und Archer stieg aus.

      Bedauerlicherweise sah er, wie am Tag zuvor, einfach umwerfend aus. Bedauerlich deshalb, weil Olivia für einen Moment sogar ihren Zorn über seine Verspätung vergaß, dabei hasste sie nichts mehr als unzuverlässige Menschen. Archer trug ein weißes Hemd und helle Jeans, die bestimmt extra für ihn geschneidert worden waren, so perfekt wie sie saßen. Sie hatten Flicken und Löcher an den Taschen und am Knie. Sicherlich waren auch diese extra angefertigt worden. Olivia konnte sich nicht vorstellen, dass er seine Jeans derart verschliss. Er fuhr sich durch die braunen Haare und blickte zu ihr. Seine Augen waren hinter einer dunklen Dolce & Gabbana-Brille verborgen. Sie winkte ihm zu und schalt sich gleichzeitig dafür. Nur dumme Mädchen winken Typen zu! Reiß dich zusammen, Oliv!

      Chris schien es eh nicht zu kümmern, er nickte nur, schloss die Tür und kam um den Wagen zu ihr gelaufen.

      »Hi«, sagte er.

      »Hi«, erwiderte Olivia und wartete, ob er sich für die Verspätung entschuldigen würde. Aus der Nähe erkannte sie, dass seine Haare noch etwas feucht waren, als wäre er gerade aus der Dusche gekommen. Und er roch nach einem dezenten Aftershave, obwohl die Bartstoppeln an seinem Kinn darauf hindeuteten, dass er sich nicht rasiert hatte.

      »Ist alles in Ordnung?«, fragte Chris. »Du glotzt mich an, als hätte ich irgendwo Essensreste am Hemd hängen.« Er schaute an sich hinab, überprüfte sein weißes Hemd auf Flecken.

      Olivia schüttelte sich. »Äh, nein, hast du nicht, aber du bist zu spät. Ich stehe mir hier seit fast zwanzig Minuten die Beine in den Bauch.«

      Er ließ von seinem Hemd ab und zuckte die Schultern. »Tja, kommt vor. Wollen wir rein? Der Boss braucht sein Auto in einer halben Stunde wieder.«

      Olivias Mund klappte auf. »Höflichkeit ist nicht so deine Stärke, oder? Ich bin hier, weil ich dir helfen will und nicht, weil ich nichts Besseres mit meiner Zeit anzufangen weiß.«

      Chris schnappte Luft, um etwas zu erwidern, doch er schwieg.

      Olivia stemmte die Hände in die Hüften. Sie war diesem Kerl nichts schuldig, egal wie gut er aussah. »Ich gehe jetzt«, sagte sie und drehte um. »Sieh zu, wie du alleine zurechtkommst.«

      »Warte«, rief er ihr nach und packte sie am Ellenbogen.

      Olivia starrte auf seine Hand an ihrem Arm und machte sich los. Er nahm die Sonnenbrille ab, fuhr sich durchs Gesicht und seufzte.

      »Ich wollte nicht pampig sein und mich auch nicht verspäten. Mir ist klar, dass du mir nur helfen willst.« Er blickte zu Boden und kickte einen Stein weg. »Bitte entschuldige. Ich stehe etwas unter Strom im Moment.«

      »Wer nicht?«

      Chris sah auf und Olivia direkt in die Augen. Um seine linke Iris zog sich ein grüner Ring. Ein schöner Kontrast zu dem restlichen Braun. »Es tut mir wirklich leid. Ich wollte deine Zeit nicht überbeanspruchen. Wenn du also noch magst, würde ich mich freuen, dir die Galerie zu zeigen.«

      Olivia schürzte die Lippen, schluckte ihren verletzten Stolz herunter und nickte. »Also gut. Lass uns reingehen.«

      Er lächelte leicht. »Dort entlang, bitte.« Chris deutete auf einen Weg, der um das Gebäude herumführte. Nach einigen Minuten gelangten sie an eine Stahltür. Er kramte einen Schlüsselbund heraus. Neben dem Schloss war ein Display mit Zahlen angebracht. Chris tippte eine Nummer ein, drehte den Schlüssel und die Tür öffnete. Er ließ Olivia den Vortritt.

      Klappt doch mit den guten Manieren. Drinnen sprang sofort ein Bewegungsmelder an und erleuchtete den Gang, in dem sie standen. Die Luft war angenehm kühl, es roch nach Kunststoff und Reinigungsmittel. Vielleicht hatte schon eine Putzfrau angefangen, die Sauerei zu entfernen.

      »Dann lass mal hören, wie hast du dir das vorgestellt?«, fragte er, während sie durch den Flur liefen.

      »Ein Freund von mir, Randy, wollte dazu kommen.« Sie hatte vorhin mit ihm telefoniert und er sagte, er würde noch etwas benötigen, bevor er sich mit Olivia in der Galerie treffen konnte, und sie solle schon mal vorgehen. »Er ist ein kleiner Neek und hat bestimmt eine Idee.«

      »Neek?«

      »Ja, äh … eine Mischung aus Nerd und Geek: Neek eben.« Den Kosenamen hatte Mason sich ausgedacht.

      »Aha.«

      Sie sah zu Chris hinüber. Er hatte die Sonnenbrille in die Haare gesteckt und sah wirklich zum Anbeißen aus. »Hat sich die Polizei denn schon bei euch gemeldet?«

      »Nein. Der Boss hat mit dem Sheriff gesprochen, aber der hat ihm wenig Hoffnung gemacht. Wenn sich übers Wochenende nichts ergibt, werden wir wieder abreisen, denn dann war es das mit Ausstellung und Wettbewerb.« Chris schüttelte den Kopf. »Für Lucian ist das keine große Sache. Er macht weiter, als wenn nichts geschehen wäre«, sagte er leise. »War ja auch nur mein Traum, der da geplatzt ist. Meine erste große Ausstellung, mein Sprungbrett in die nächsten Kreise, meine …« Chris unterbrach sich und winkte ab. Offenbar hatte er mehr verraten, als er wollte.

      »Das tut mir leid«, sagte Olivia.

      Chris schnaubte nur, öffnete eine Doppeltür und ließ Olivia erneut den Vortritt. Sie standen jetzt in der Halle, in der die Kunstwerke ausgestellt wurden. Olivia hatte sie vor ein paar Tagen nur von draußen gesehen. Seither hatte sich einiges verändert. Die Ausstellungsstücke waren zur Seite geräumt worden, die Bilder abgehängt und ein Teil der Schmierereien war bereits weggewischt worden. Das große Fenster zur Straße hin war ebenfalls ersetzt worden.

      »Ihr wart aber schnell mit dem Saubermachen«, sagte Olivia.

      »Die Polizei meinte, es wäre in Ordnung. Rebecca hat schließlich die Putzfrau beauftragt, die Schmiererei wegzuwischen. Ich schätze, sie will so schnell wie möglich wieder für Ordnung sorgen.«

      Olivia durchquerte den Ausstellungsraum. Ihre Sneakers quietschten auf dem Linoleumboden. »Ist sie nicht daran interessiert, den Fall aufzuklären?« Ihre Stimme hallte in dem hohen Raum wider.

      Chris zuckte

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