Das Jahrhundert des Populismus. Pierre Rosanvallon

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Das Jahrhundert des Populismus - Pierre  Rosanvallon

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die ständig Volk und Nation (die explizit nur auf einen historischen und politischen Begriff verweist) im Munde führten. Dieses Volk entsprang einem Verfassungsprinzip oder einer politischen Philosophie, bevor es noch eine konkrete Existenz annahm (eine Existenz zumal, die sich auf eine selten einige Wählerschaft reduzierte). Doch als man 1789 von dem Volk sprach, das die Bastille gestürmt hatte, bezog man sich auch auf eine Menge mit einem Gesicht. Ein solches hatten auch jene, die sich 1789 auf dem Marsfeld versammelten, um das Föderationsfest zu feiern, oder jene, die 1830 und 1848 Barrikaden bauten. Das Volk nahm in diesen Fällen eine spezifische Erscheinung an. Das Volk von Michelet oder Victor Hugo hatte eine fassbare Gestalt, die der kleinen Leute (weswegen Letzterer seinem Hauptwerk den Titel Die Elenden gab). Man konnte in diesen Fällen von einem sozialen Volk sprechen. Man musste von ihm erzählen und es in Szene setzen, um es aus seinen besonderen Existenzformen herauszuschälen und ihm Ehre zu erweisen. Nach und nach setzte sich ein eher soziologischer Ansatz durch, um seine Konturen zu schärfen. Das soziale Volk erhielt nun Namen wie Proletariat, Arbeiterklasse oder »Volksschichten« (ein Plural, der der Komplexität seiner sozialen Zusammensetzung Rechnung trug). Diese Klassensprache spezifizierte seine Bedeutung. Doch diese Reduktion wurde durch die statistische Tatsache der Größe einer Arbeiterschaft mit ausgeprägter Identität korrigiert. Zumal die marxistische doxa in der Arbeiterklasse die Wegbereiterin eines neuen Universalismus ausmachte, den der klassenlosen Gesellschaft.

       Von der Klasse zum Volk

       Sie und Wir

      Diese Benennung eines Volksfeindes beruht nicht nur auf der Feststellung eines Interessengegensatzes oder einer Machtkonkurrenz. Sie hat auch eine instinktive Dimension, sie beruht auf der Wahrnehmung einer Distanz, einer Verachtung, einer fehlenden Empathie. Die populistischen Bewegungen legen übrigens großen Wert auf die Macht der Gefühle bei der politischen Mobilisierung und der Erzeugung des Gefühls, dass sich fremde Welten gegenüberstehen und unüberwindliche Lager zwischen »ihnen« und »uns« schaffen. Es ist der Mangel an Menschlichkeit seitens der »Kaste«, der »Elite« oder der »Oligarchie«, der den Hass rechtfertigt, den man ihnen legitimerweise entgegenbringt: sie werden als Gruppen empfunden, die sich gesellschaftlich und moralisch aus der gemeinsamen Welt verabschiedet haben. Daher die Heftigkeit der Anklage gegen diejenigen, die sich auf Kosten des Volkes »die Taschen füllen«, die Stigmatisierung der »Geldzauberer«, die Schätze »raffen« und »horten« und sich auf tausenderlei Arten von ihren Mitbürger*innen entfremden. Die Figuren des Politikers, des Milliardärs und des Technokraten verschmelzen in diesen Schmähungen zu einem Bild des Abscheus.

      

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