Die Magie von Winterhaus. Ben Guterson

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Die Magie von Winterhaus - Ben Guterson

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und weiß, dass er diese Person kennt, sie aber nicht einordnen kann.

      Nach einer kleinen Weile kehrte der typische leutselige Ausdruck auf Mr. Wellingtons Gesicht zurück. «Ach ja!», sagte er überschwänglich. «Die liebe Elizabeth! Wie schön, dich zu sehen!» Er trat zu ihr und schüttelte ihr die Hand. Dann wandte er sich Hyrum zu. «Und unser junger Lehrer! Freut mich, freut mich, Sir!» Er drehte sich zu Mr. Rajput um, der zögernd vortrat. «Nun machen Sie schon, Mr. Rajput, kommen Sie und begrüßen Sie unsere Freunde!»

      Der kleinere Mann hatte seine übliche freudlose Miene aufgelegt, als ob er gerade eine übergroße Enttäuschung erlebt hätte und jeden an seinem Gefühlsleben teilhaben lassen wollte. Er streckte Elizabeth die Hand hin. «Wir sind immer hocherfreut, wenn unser Wunderkind sich zu uns gesellt», sagte er. Sein Blick unter den schweren Lidern wandte sich Hyrum zu. «Auch wenn ich vermute, dass sie bereits den Nachmittag mit jugendlichen Vergnügungen verplant hat und sich nicht in der Lage sieht, hier bei uns zu verweilen, während wir auf unserem mühseligen – sehr mühseligen! – Weg voranschreiten, um dieses …»

      «Mr. Rajput!», fiel ihm Mr. Wellington ins Wort und deutete auf Hyrum, um seinen Puzzlepartner aufzufordern, auch ihm die Hand zu geben. «Hören Sie doch auf zu murren!» Er lächelte Elizabeth zu. «Wir freuen uns, wieder hier zu sein, und wir konnten es gar nicht erwarten, unsere Arbeit an dem Puzzle aufzunehmen.»

      «Das sehe ich», sagte Elizabeth und betrachtete das Puzzle auf dem Tisch. Die beiden würden noch einen oder zwei weitere Besuche hier im Hotel benötigen, um es zu vollenden, schätzte sie. Obwohl sie den Männern gerne half, wenn sie hier im Winterhaus waren, vermied sie es, in ihrer Abwesenheit auch nur ein einziges Puzzleteil anzurühren, aus Respekt Mr. Wellington und Mr. Rajput gegenüber. Es war deren Projekt. Wenn die beiden nicht da waren, stand sogar ein Schild auf dem Tisch – Mr. Rajput und Mr. Wellington, die seit Monaten an diesem Puzzle arbeiten, halten sich derzeit nicht im Hotel auf. Bitte lassen Sie das Puzzle unberührt! Vielen Dank. Mr. R und Mr. W –, das jede Ambition von Außenstehenden im Keim erstickte. So merkwürdig es Elizabeth auch vorkam, kein einziger Gast schien jemals Anstalten zu machen, die Bitte zu ignorieren oder auch nur infrage zu stellen. Viele Leute bewunderten das Puzzle, aber noch nie hatte sie gesehen, dass jemand versuchte, selbst ein Teil einzupassen.

      «Nun, Sie beide verschwenden wirklich keine Zeit», sagte Hyrum.

      Mr. Wellington wandte sich mit strahlenden Augen zu Mr. Rajput um. «Wir sind entschlossen, bis Ostern fertig zu werden», sagte er. «Wir hatten ursprünglich vor, erst nächsten Mittwoch herzukommen, doch dann haben Mr. Rajput und ich nach eingehender Beratung beschlossen, unseren Zeitrahmen zu erweitern, um den Fertigstellungstermin halten zu können.» Er beugte sich vertraulich vor und sagte munter: «Wenn wir jeden Tag vor dem Frühstück anfangen und bis spät abends dranbleiben, dann bin ich zuversichtlich, dass wir es innerhalb der nächsten zwei Wochen schaffen können! Wir haben keine Zeit zu verlieren, was, Mr. Rajput?»

      Mr. Rajput zuckte müde die Schultern und ging zum Puzzle zurück. «Ich bin nicht derjenige, der meine Zeit mit einem Schwätzchen vergeudet», sagte er düster.

      Elizabeth, die das Puzzle betrachtet und sich – nicht zum ersten Mal – darüber gewundert hatte, dass diese riesige Kiste und die vielen tausend Puzzleteile überhaupt existierten, spürte ein vertrautes Ziehen in ihrem Inneren.

      «Hey!», sagte sie fröhlich und deutete auf ein Teil neben Mr. Rajputs Hand. «Ich glaube, ich weiß, wo das hingehört.»

      Mr. Wellington schaute Hyrum an und machte ein Gesicht wie jemand, der gerade einen Zwanzig-Dollar-Schein auf dem Teppich gefunden hat. «Sie ist schon erstaunlich, ohne Frage», sagte er. «Wir wissen ja, was jetzt kommt.»

      «Eins muss man der jungen Dame lassen», setzte Mr. Rajput hinzu. «Sie hat eine ganz außerordentliche Begabung für das Puzzeln.»

      Das Teil, das Elizabeth entdeckt hatte, war ganz und gar blau – ein Stück des aus tausenden Teilen bestehenden Himmels –, aber etwas an seiner Form oder an der Art, wie es auf dem Tisch lag, erweckte das Gefühl in ihr. Sie nahm es, ging zu einer Gruppe von zusammengefügten Teilen am oberen Rand des Bildes und setzte es ein. Es passte perfekt.

      «Genau dahin!», sagte sie triumphierend. Sie hatte keine Ahnung, wieso sie das konnte. Sie wusste nur, dass sie oft diese Intuition hatte, wenn sie den beiden Männern half. Sie spürte förmlich, dass ein bestimmtes Teil an eine bestimmte Stelle gehörte. Aber diesmal, als alle drei Männer sie bewundernd betrachteten, empfand sie eine ungewöhnliche Befriedigung darüber, dass sie ein passendes Teil gefunden hatte, eine Freude, wie sie sie vorher noch nie verspürt hatte.

      «Wow!», sagte Hyrum. «Das ist wirklich eine Begabung.»

      «Nein, eine Gabe», sagte Mr. Wellington. «Sie hat eine Gabe

      «Und in einer Stunde hat sie eine Verabredung mit Mr. Falls», sagte jemand.

      Elizabeth drehte sich um und sah Jackson hinter sich stehen, den ersten Pagen und Norbridges rechte Hand. Er sah wie immer tadellos und adrett aus in seiner roten Livree und mit der roten Kappe auf dem Kopf, den Messingknöpfen und dem Namensschild – ebenfalls aus Messing –, beides blitzblank poliert. Jackson war der erfahrenste und fähigste Angestellte des Hotels, und er genoss Norbridges und Elizabeths vollkommenes Vertrauen.

      «Hallo Jackson», sagte sie, und Hyrum begrüßte ihn auch. Die beiden Männer am Tisch traten vor und schüttelten Jackson die Hand.

      «Mr. Wellington, Mr. Rajput», sagte Jackson erfreut. «Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise.» Er schaute sich um. «Sind Ihre Gattinnen mit eingetroffen?»

      Mr. Wellington deutete die Treppe hinauf. «Sie sind schon nach oben gegangen.»

      Jackson lächelte herzlich. «Wir sind überglücklich, Sie wieder als unsere Gäste begrüßen zu dürfen.» Er wandte sich an Hyrum. «Und Sie ebenfalls, junger Herr. Schön, Sie zu sehen. Ihr Schuldirektor, Mr. Fowles, wird sicher gleich da sein. Zum Abendessen gibt es Forelle und Süßkartoffeln, und dann wird Miss Sunny Chen ein Violinkonzert im Saal der Künste geben, um acht Uhr. Sie spielt die Vinteuil Sonata. Ich bin sicher, das wird Ihnen gefallen.» Er nickte Elizabeth zu. «Und wie Miss Somers ja weiß, gibt es morgen eine Aufführung des Theaterstücks Isfaheen, die schwimmende Stadt, gefolgt von einem Vortrag über die Kunst der Verstellung der Stimme von dem berühmten Bauchredner Isaac Igbinedion. Sie sollten sich nichts davon entgehen lassen.»

      «Der Aufenthalt im Winterhaus ist immer ein Vergnügen, Jackson», sagte Hyrum. «Aber wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne der Bibliothek einen Besuch abstatten. Es gibt da ein paar Bücher, die ich für den Unterricht nächste Woche brauche.»

      «Gerne», sagte Jackson. «Das Abendessen wird um halb sieben serviert.»

      Hyrum salutierte und lächelte den anderen zu. «Bis nachher», sagte er und wandte sich ab.

      Eine unbehagliche Stille senkte sich über Elizabeth und die drei Männer, als sie Hyrum hinterhersahen. Elizabeth hatte den Verdacht, dass Mr. Wellington und Mr. Rajput es nicht erwarten konnten, sich wieder dem Puzzle zu widmen.

      Jackson räusperte sich. «Gentlemen», sagte er gütig, «da Sie bereits mit Miss Somers’ Hilfe ein Puzzleteil gefunden haben, könnten Sie sich vielleicht überreden lassen, auf Ihre Zimmer zu gehen und sich vor dem Abendessen etwas auszuruhen. Das Puzzle wird auch später noch auf sie warten.»

      Mr. Rajput schaute Mr. Wellington schulterzuckend an. «Möglicherweise sollten wir seinen Rat beherzigen. Denn

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