Die Magie von Winterhaus. Ben Guterson

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Die Magie von Winterhaus - Ben Guterson

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Winters erlag, soll angeblich das Geheimnis der Dredforth-Methode in einem unveröffentlichten Roman verraten haben. Die meisten Wissenschaftler halten die ganze Geschichte um Winters und Crowley für reinen Humbug.

       Irre, oder? Im Grunde genommen ist es so, dass Gracellas Mann diese magische Zeremonie entwickelt hat, über die wir beide mehr erfahren wollen, und dann hat Damien Crowley ein Buch darüber geschrieben. Wir müssen dringend miteinander reden, findest du nicht auch?

       Okay, ich muss los. Oh, und bitte lass mir ein paar Flurschen übrig. Ich hoffe, meine Eltern ändern nicht wieder in letzter Minute ihre Meinung, wie an Weihnachten. Aber selbst wenn, dann werde ich dafür sorgen, dass sie wenigstens mich kommen lassen!

      Bis bald,

      Freddy.

      PS: Ich hoffe wirklich, dass es Elana besser geht.

      Elizabeth war sprachlos. Sie hatte zum ersten Mal in einem Brief, den sie vor zwei Jahren im Hotelzimmer von Selena Hiems gefunden hatte, über die Dredforth-Methode gelesen. Unterschrieben war der Brief nur mit dem Buchstaben D. Und obwohl sie keine Ahnung hatte, was es mit dieser Methode auf sich hatte, wusste sie genau, dass es sich um eine Magie handelte, mit der man Seele und Körper einer Person voneinander trennen konnte, um beides zu erhalten, wenn auch in einem geschwächten und beschränkten Zustand. Elizabeth hatte die halbe Bibliothek auf den Kopf gestellt, ohne dass es ihr gelungen war, mehr darüber in Erfahrung zu bringen.

      Sie stand auf und ging zum Fenster. Der Schneefall schien noch dichter geworden zu sein. Sie zog die Vorhänge zu und kehrte zu ihrem Laptop zurück, um eine Google-Suche nach dem aktuellen Mondzyklus zu starten. Auf dem Bildschirm erschien eine Tabelle mit Daten, und es dauerte nicht lange, da dämmerte ihr eine schreckliche Erkenntnis: Der dritte Vollmond nach Gracellas Tod ist in zwei Wochen – in der Nacht vor Ostern.

      Am liebsten hätte sie Freddy eine Antwort geschrieben und seine Entdeckung kommentiert und ihm außerdem erzählt, was sie an der Mine erlebt hatte und wie froh sie war, dass er bald hier sein würde. Aber sie wollte sich nicht verspäten. Sie konnte kaum erwarten zu erfahren, was mit Elana los war, und sie musste Norbridge unbedingt von dem roten Schimmer berichten, den sie im Schnee über der verlassenen Mine beobachtet hatte.

      Und auch von der Dredforth-Methode, dachte sie. Ich werde Norbridge erzählen, was Freddy herausgefunden hat.

      Sie klappte den Computer zu, stand auf und machte sich auf den Weg zum dreizehnten Stock.

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      KAPITEL 5

      EINE RÜGE FÜHLT SICH UNGERECHT AN

      Elizabeth klopfte an die Tür des Observatoriums, und als sie ein herzliches «Herein!» hörte, trat sie ein. Das Zimmer war klein und nur spärlich möbliert, doch das Messingteleskop auf dem verglasten Balkon war sehr beeindruckend. Norbridge hatte Elizabeth schon alles Mögliche gezeigt, von den Ringen um den Saturn bis zum weit entfernten Berg Mount Arbaza. Der aufregendste Anblick durch das Teleskop war für Elizabeth aber immer noch die Statue von Winifred, ihrer Mutter, auf der anderen Seite des Lake Luna. Der Weg dorthin war noch nicht frei, aber Elizabeth hoffte, dass sich das bald ändern würde. Sie konnte es kaum erwarten.

      «Elizabeth, meine Liebe!», sagte Norbridge, der durch die Tür am Ende des kurzen Flurs trat, gleich neben dem Wohnzimmer. Er trug sein übliches Wolljackett, ein weißes Hemd, eine schwarze Fliege und schwere Stiefel. Sein schneeweißer Bart war so sorgfältig gestutzt wie immer. Das Gesicht mit den roten Wangen und den fröhlich funkelnden Augen wirkte so gut gelaunt, wie Elizabeth es von ihm kannte.

      Norbridge breitete die Arme aus. «Da bist du ja!»

      Elizabeth lächelte. «Jackson sagte, du wolltest mich sprechen.»

      «Das ist richtig.» Er lockte sie mit dem Finger, ehe er sich abwandte und sagte: «Hier hinein, bitte. Ich muss ein paar Dinge mit dir besprechen.»

      Auf dem Boden von Norbridges Büro lag ein silberschwarzer Navajo-Teppich. Der Raum wurde von zwei Lampen erleuchtet, und an den Wänden standen Vitrinen und Regale und ein unordentlicher Schreibtisch. Bodentiefe Fenster gaben den Blick frei auf den dunklen Himmel. Aber das Bemerkenswerteste an dem Raum waren die glänzenden Wandbilder aus blauen und weißen Fliesen, die Szenen aus der bewegten Geschichte des Hotels zeigten: beachtliche Leistungen im Bergsteigen, Skifahren oder sonstige Aktivitäten der Falls-Familie, daneben Ereignisse wie zum Beispiel die Landung des berühmten Ballonfahrers Hector Velasquez neben dem Lake Luna am Ende seiner faszinierenden Tour «Mit dem Luftschiff durch den ganzen Kontinent» oder den Abend, als die unvergleichliche Fado-Sängerin Helena Ferreira ihr melancholisches Live-Album «Ich sehne mich nach dem Puderzucker meiner Jugend» im voll besetzten Saal der Künste aufnahm, während das Publikum andachtsvoll lauschte und dabei Flurschen naschte. Das Album hatte es an die Spitze der Charts geschafft. Dutzende solcher Szenen schmückten die Wände in Blau auf Cremeweiß. Elizabeth fand, diese Fliesenbilder waren das Allerschönste im Winterhaus. Es gab sogar ein Bild ihrer Mutter als junges Mädchen. Der jüngste Mensch, der je den Mount Arbaza bestiegen hat: Die abenteuerlustige und furchtlose Winifred Falls, 11 Jahre alt lautete die Inschrift unter dem Bild, auf dem Winnie in einem dicken Parka auf dem Gipfel des Berges stand. Jedes Mal, wenn sie dieses Bild anschaute, war Elizabeth tief bewegt: Sie fühlte sich stolz und energiegeladen und gleichzeitig traurig, dass sie ihre Mutter vor acht Jahren verloren hatte.

      Abgesehen von seiner Schönheit besaß der Raum allerdings noch eine andere, tiefere Bedeutung. Als Norbridge Elizabeth vor ein paar Monaten hierhergebracht hatte, war sie erst die fünfte Person, die diesen Raum betrat, nach Norbridges Großvater Nestor, Nestors Sohn Nathaniel, Norbridge selbst und Winnie. Die ersten drei waren die Männer, die das Winterhaus in seiner 120jährigen Existenz geleitet hatten, und die vierte Person war die Tochter, die dazu bestimmt gewesen war, das Hotel eines Tages zu übernehmen, ehe sie verschwand und frühzeitig den Tod fand. Und schließlich Elizabeth selbst. Sie erinnerte sich an Hyrums Frage von vorhin, ob sie eines Tages von Norbridge das Zepter übernehmen würde.

      Norbridge lud Elizabeth mit einer Handbewegung ein, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich auf einen ausladenden Eichenholzstuhl und betrachtete sie einen Moment. Dann fragte er: «Wie war das Skilaufen heute?»

      «Mir ist etwas Komisches passiert», antwortete sie, und dann erzählte sie ihm, was vorgefallen war, nachdem sie das rote Taschentuch am Baum entdeckt hatte. Norbridge lauschte aufmerksam, nickte hin und wieder und stellte die eine oder andere Frage. Als Elizabeth erwähnte, dass sie unterwegs Hyrum getroffen habe, starrte Norbridge zu Boden und strich sich über den Bart.

      «Hm, das alles beunruhigt mich», sagte er. «Diese Mine ist seit 1887 versiegelt, und von dem Ende aus, das du gefunden hast, führt kein Weg hinein …» Er schaute nachdenklich zu dem hohen Fenster und strich wieder über seinen Bart. «Und du sagst, dass du wieder dieses seltsame Gefühl hattest? Und dass du einen roten Schimmer im Schnee gesehen und gespürt hast, wie der Boden erbebte?»

      «Genauso war’s», sagte Elizabeth. Sie wusste, dass ihr Bericht besorgniserregend war. Deshalb hatte sie Norbridge ja so schnell wie möglich einweihen wollen. Als sie jetzt erkannte, wie sehr ihn das Ganze aufwühlte, wurde sie noch nervöser. Aber ein Teil von ihr war auch hocherfreut, dass er sie ernst nahm. Es hatte eine Zeit gegeben, als sie sich sehr über Norbridge geärgert hatte, weil er ihre Befürchtungen stets abgewiegelt hatte. Dass er nun wirklich und wahrhaftig in Sorge war und nicht den leisesten Zweifel daran hegte, dass ihre Wahrnehmung korrekt war, erfüllte Elizabeth

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