QUARANTÄNE (The Death 1). John W. Vance

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QUARANTÄNE (The Death 1) - John W. Vance The Death

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»Nehmen Sie einfach die Waffe runter, dann tue ich es auch«, verlangte die Frau in ruhigem Ton, während sie Devin über den kurzen Lauf ihres AR-15 hinweg anstarrte.

       »Sie zuerst«, entgegnete er.

       Der Hund begann, kaum hörbar zu knurren. Er fletschte die Zähne und ging in Angriffsstellung. Als Devin ihn ansah, wusste er, dass er unterliegen würde.

       »Brando, ganz ruhig. Dieser freundliche Mann wird uns nicht erschießen«, beschwichtigte die Frau, ohne ihre wachsamen Augen von Devin abzuwenden.

       Brando trat einen Schritt vorwärts.

       Devin war drauf und dran, den Kopf zu verlieren. »Sagen Sie dem Köter, er soll Sitz machen oder so!«

       »Er folgt nur, wenn er will.«

       Devin wusste nicht, was er tun sollte; Furcht bestimmte sein Verhalten.

       Brando hob langsam seine rechte Vorderpfote und stellte sie wieder hin. Er bewegte sich zaghaft auf Devin zu, pirschte sich an wie ein Raubtier auf Beutezug.

       »Verschwinden Sie jetzt!«, schrie Devin, dessen Stimme wegen der Schutzmaske dumpf klang.

       »Wir gehen ja schon, keine Sorge. Knallen Sie uns bloß nicht von hinten ab.«

       Nachdem er das gehört hatte, verspürte Devin einen Hauch von Überlegenheit.

       »Komm, Brando, so freundlich ist unser Gastgeber doch nicht.«

       Doch der Hund ließ nicht von Devin ab. Sein Knurren war lauter geworden, und seine weißen Zähne ließ er jetzt deutlich erkennen.

       Die Frau ging rückwärts, bis sie gegen die Fliegengittertür stieß.

       »Brando, Junge, jetzt komm«, befahl sie.

       Das Tier wollte nicht hören; ein Streifen seines dichten, schwarzen Rückenfells sträubte sich.

       »Ich schieße auf das Vieh, ich sag’s Ihnen!«

       »Egal, was Sie tun, zielen Sie nicht auf ihn. Ich bringe ihn dazu, bei Fuß zu kommen, geben Sie mir bloß etwas Zeit«, bat sie.

       Brando knurrte immer lauter, bis er wieder bellte. Devin zuckte zusammen und richtete die Flinte auf ihn. Der Hund sperrte sein Maul auf und stürzte los. Er vergrub die Zähne in Devins rechtem Arm. Der schrie vor Schmerz auf und drückte ab, doch nichts geschah, weil die Flinte nicht entsichert war.

       Brando schüttelte heftig den Kopf, während er fester zubiss. Solche Schmerzen hatte Devin noch nie erlebt. Er ließ die Waffe fallen und taumelte rückwärts, ehe er über die Kante eines dicken Perserteppichs im Wohnzimmer stolperte.

       Das Tier ließ ihn einfach nicht los. Schließlich ging Devin rücklings nieder, und der Hund mit ihm. Dabei brüllte er noch vor Schmerz, was jedoch abrupt aufhörte, als er mit dem Kopf gegen den Couchtisch schlug. Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass sein Blickfeld verschwamm, bevor es endgültig schwarz wurde.

      Lager 13 der Katastrophenschutzbehörde, Region VIII, 50 Meilen östlich des internationalen Flughafens Denver

      Aus den Lautsprechern plärrte der Morgenappell und beendete Lori Roberts’ kurzen Schlaf. Nachdem sie sich die ganze Nacht lang hin und her gewälzt hatte, war sie gerade eine Stunde zuvor erschöpft weggetreten.

       Die anderen, mit denen sie in dem großen Allzweckzelt lag – ihr Ehemann David und ihr Sohn Eric – waren schon wach und machten sich für den bevorstehenden Tag fertig, von dem Lori wusste, dass er exakt so verlaufen würde wie der vorige und der davor.

       Am morgigen Tag lebten sie genau vier Monate in Lager 13, doch dies gab keinen Anlass zum Feiern. Was sie als Symbol der Hoffnung und Rettung vor der Seuche aufgefasst hatten, stand jetzt für Verzweiflung.

       Ihr Mann David verglich das Lager oft scherzhaft mit einer Kakerlakenfalle: »Man kommt rein, aber nicht mehr raus.«

       Genau so war es auch: Als sie vor knapp vier Monaten eingetroffen waren, hatten sie sich gefreut, noch am Leben zu sein und die Chance zu einem Neuanfang zu erhalten, doch diese Zuversicht sollte sich bald zerschlagen, als drastisch klar wurde, wie schlimm die Dinge wirklich standen, sogar für die Regierung.

       »Schatz, steh auf. Lass uns vor der Morgenversammlung noch etwas frühstücken«, sagte David, während er sich ein Shirt überstreifte.

       Lori wälzte sich herum und sah ihn an, wobei das Morgenlicht nur einen Teil seines Gesichts erhellte. »Du und Eric, esst ruhig etwas; wir sehen uns dann bei der Versammlung.«

       »Bist du sicher?«

       »Ja, ich bin müde und möchte noch eine Weile liegen bleiben.«

       Er kniete sich neben sie und nahm ihre Hand. Nachdem er diese geküsst hatte, fragte er: »Wieder eine schlaflose Nacht?«

       »Ich habe alles versucht, liege dann aber doch wach und grüble.«

       »Geh heute zu einem Arzt, der soll dir etwas verschreiben.«

       »Vergiss es, ich setze mich nicht acht Stunden oder länger in eine Schlange.«

       »Was hast du denn sonst zu tun? Du musst ja diese Woche nicht zum Arbeitskreis.«

       »Mal sehen. Geh jetzt, nimm auch ein Päckchen Erdnussbutter und Kekse für mich«, erwiderte sie und rieb seinen Arm.

       »Geht es Mom gut?«, fragte Eric, der nun auf die beiden hinabschaute. Er war 16 und kam ganz nach seinem Vater: braunhaarig, groß und schlank. Lori witzelte häufig, sie wisse nur deshalb, dass er ihr Sohn sei, weil sie bei seiner Geburt gesehen habe, wie er aus ihrem Körper gekommen war.

       »Okay«, sagte David, stand auf und ging los, hielt aber noch einmal inne. »Und nicht verschlafen.«

       Ein Streifen Tageslicht fiel in ihr staubiges Zelt, als David und Eric es verließen. Lori kniff die Augen zu, als es auf sie traf, gerade als sie sich umdrehte. Dass sie nicht aufstehen konnte, lag nicht etwa an körperlicher Schwäche, sondern an seelischer Ermattung. David wusste dies, behielt es aber für sich.

       Nachdem die beiden endlich gegangen waren, lag sie allein im Zelt, doch diese Einsamkeit – ein Gefühl der Entrückung – spürte sie auch, wenn sie von den Tausenden im Lager umgeben war.

       Lori war eine fähige Frau und Teilhaberin an einem Architekturbetrieb gewesen, bevor der Tod Einzug gehalten und alles zunichtegemacht hatte. Früher war sie oft nachdenklich und dankbar für das Leben gewesen, das sie sich hatte schaffen können, doch dann – von einem Moment auf den nächsten – war alles dahin. Sie erinnerte sich noch an die Nachrichten im Fernsehen über die anfängliche Ausbreitung des Virus, wobei sie wie so viele andere geglaubt hatte, es sei etwas, das sie nicht betreffe. Wie oft sahen Menschen etwas und dachten, es sei nur das Elend anderer? Niemand rechnet jemals damit, es könne ihm selbst widerfahren. Wäre sie imstande, in der Zeit zurückzugehen und eines zu ändern, dann wäre dies ihre damalige Ichbezogenheit. Sie wünschte sich, auf das Bauchgefühl ihres Ehemanns gehört und die Kinder aus der Schule genommen zu haben. Allerdings war sie davon ausgegangen, die Obrigkeit kümmere sich bereits um die Krankheit, weshalb sie unmöglich in dem hübschen, kleinen Nest Castle Rock in Colorado einfallen könnte.

       Diese einfache, kurzsichtige und leichtgläubige Entscheidung war sie teuer zu stehen gekommen. Die einst selbstbewusste Frau, die sich in die Geschäftswelt gestürzt

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