Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise
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»Bis wann muß ich mich entscheiden?« fragte sie kläglich.
»Sie haben so viel Zeit, wie Sie sich nehmen wollen«, antwortete Dr. Daniel. »Sie können sich vor der Geburt entscheiden oder auch danach. Bedenken Sie nur, daß es mit jedem Tag, den Sie mit Ihren Babys verbringen werden, schwieriger sein wird, sie wegzugeben.« Er schwieg kurz. »Drillinge können nicht auf natürlichem Weg geboren werden. Es ist bei Zwillingen schon schwierig, bei drei Babys ist es völlig unmöglich. Das bedeutet einen geplanten Kaiserschnitt. Wenn Sie sich für die Freigabe zur Adoption entschließen, dann können wir es so einrichten, daß Sie Ihre Kinder gar nicht erst sehen. Das klingt grausam, macht den Abschied aber wesentlich leichter für Sie.«
Aus naßgeweinten Augen sah Mona zu dem Arzt auf. »Und für die Babys?«
»Welche Antwort erwarten Sie denn jetzt von mir?« meinte Dr. Daniel behutsam. »Eine ehrliche oder eine, die Sie… besser gesagt, die Ihr Gewissen beruhigt?«
Mona sackte förmlich in sich zusammen. »Diesen Unterschied gibt es also.« Langsam hob sie den Kopf wieder. »Eine ehrliche Antwort, Herr Doktor.«
Dr. Daniel setzte sich zu ihr, während er noch ihre Hand hielt.
»Wir wissen, daß Babys im Mutterleib eine Menge mitbekommen. Sie hören Stimmen, fühlen, wenn sie durch den Bauch gestreichelt werden. Ein weinendes Baby beruhigt sich am schnellsten auf dem Bauch der Mutter, weil ihm der Herzschlag vertraut ist. Babys können allerdings nicht sprechen, daher wissen wir nicht, ob und wieviel es ihnen ausmacht, wenn sie all das nicht bekommen… wenn sie nicht von der leiblichen Mutter getragen, getröstet und gefüttert werden.«
»Es macht ihnen bestimmt etwas aus«, flüsterte Mona betroffen.
Sehr sanft drückte Dr. Daniel ihre Hand. »Hören Sie, Mona, wir werden Ihre Babys nicht auf die Welt holen und sie dann ablegen, bis sie adoptiert werden – im Gegenteil! In der Waldsee-Klinik werden die Kleinen liebevoll versorgt, und ein Ehepaar, das Drillinge adoptiert…«
»Wenn ich mich für meinen Beruf und gegen meine Kinder entscheide, werde ich mir ein Leben lang Vorwürfe machen«, fiel Mona ihm ins Wort. »Wenn ich die Kinder behalte und dafür meinen Beruf opfere, dann… dann fürchte ich, daß ich eines Tages die Kinder dafür verantwortlich machen werde, daß sie mir meine Karriere zerstört haben.« Ratlos blickte sie auf. »Was immer ich tue… eine wirklich richtige Entscheidung wird es in diesem Fall nicht geben.«
*
Mit gemischten Gefühlen blickte Dr. Daniel seiner jungen Patientin hinterher, als sie mit dem Auto den Parkplatz verließ. Er hätte sie in den nächsten Tagen lieber in der Waldsee-Klinik gehabt, doch sie hatte einen Krankenhausaufenthalt abgelehnt.
»Ich bin nicht krank«, hatte sie gemeint. »Ich habe lediglich eine schwierige Entscheidung zu treffen, die mir in der Waldsee-Klinik nicht leichter gemacht wird. Darüber hinaus habe ich aber auch noch einen Beruf, und obgleich das Kaufhaus in den vergangenen Wochen schon erste Gewinne verzeichnen konnte, kann ich meinem Büro nicht einfach ein paar Tage fernbleiben und mich ins Krankenhaus legen.«
Das hatte Dr. Daniel natürlich eingesehen, trotzdem machte er sich Sorgen um die junge Frau. Mona Lombardi war keine Karrierefrau, die für ihren Beruf sozusagen über Leichen ging. Sie hatte sich hochgearbeitet und wollte sich diesen Posten erhalten, aber sie besaß eben auch sehr viel Herz, was sie äußerst sympathisch machte, was für ihre eigene Psyche in diesem besonderen Fall aber wohl nicht besonders gut war. Bis sie eine endgültige Entscheidung getroffen hatte, würde sie alles andere nur mit halber Konzentration machen, und das konnte bei Dingen wie Autofahren unter Umständen lebensgefährlich sein.
Seufzend wandte sich Dr. Daniel vom Fenster ab. In solchen Situationen war selbst er machtlos. Er konnte Ratschläge geben, konnte versuchen zu helfen, aber letztlich mußten seine Patientinnen ihre Entscheidungen treffen.
»Robert, willst du heute hier übernachten?«
Die sanfte Stimme seiner Frau riß ihn aus seinen Gedanken. Mit einem etwas gezwungenen Lächeln ging er auf sie zu und zog sie in seine Arme.
»Manchmal ist es wirklich nicht leicht«, meinte er etwas rätselhaft.
Teilnahmsvoll blickte Manon in sein Gesicht. »Was macht dir denn solchen Kummer, Robert?«
»Die junge Frau, von der ich dir erzählt habe«, begann er. »Sie hätte ihr Leben in den Griff bekommen… sie hätte Kind und Beruf unter einen Hut gebracht, da bin ich ganz sicher.« Wieder seufzte er leise. »Heute hat sich herausgestellt, daß sie Drillinge bekommt.«
»Meine Güte«, entfuhr es Manon. »Was wird sie jetzt tun?«
Dr. Daniel zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Allerdings… gleichgültig, wie sie sich entscheidet – sie wird nie restlos glücklich sein. Etwas wird ihrem Leben immer fehlen.«
»Sie ist also nicht das Kaliber Karrierefrau, wie es die Mutter von Schorschs und Margits Adoptivkind war«, stellte Manon fest.
Dr. Daniel dachte an die engagierte Tänzerin Sonja Berndt, deren Baby sein bester Freund Dr. Georg Sommer einst adoptiert hatte, dann schüttelte er den Kopf.
»Nein, so ist sie auf gar keinen Fall«, bekräftigte er.»Mona hätte ihr ganzes Leben umgekrempelt, um Kind und Beruf irgendwie zu vereinbaren, doch bei Drillingen ist das unmöglich. Schon als alleinerziehende Mutter ohne Beruf hätte sie es mit drei Babys vermutlich sehr schwer.« Er fuhr sich mit einer Hand durch das dichte blonde Haar – für Manon ein deutliches Zeichen, wie sehr ihn dieser Fall mitnahm. »So allein, wie sie jetzt dasteht, hat sie wohl gar keine andere Möglichkeit, als die Kinder zur Adoption freizugeben. Sicher wird sie Ersparnisse haben, aber die wären mit drei Säuglingen rasch aufgebraucht. Sie hat keine Eltern mehr, die sie notfalls unterstützen könnten, und keine Geschwister, die ihr ein bißchen helfen würden. Sie hat nur ihren Beruf, den sie ausüben müßte, um sich und die Kinder über Wasser zu halten. Eben das wäre ihr mit Drillingen nicht möglich.«
Manon blickte auf. Es war für sie nicht schwierig, Dr. Daniels Gedankengänge nachzuvollziehen.
»Robert, ich weiß genau, was in deinem Kopf vorgeht, aber das ist unmöglich«, meinte sie. »Wir können keine Drillinge in Pflege nehmen.«
Dr. Daniel seufzte wiederum. »Das weiß ich ja auch. Ich hasse es nur einfach, so hilflos zu sein.«
Liebevoll streichelte Manon sein Gesicht. »Die junge Frau steht erst am Anfang ihrer Schwangerschaft. Vielleicht ergibt sich im Laufe der nächsten Monate noch etwas, was ihre ganze Situation zum Guten wenden könnte.«
Dr. Daniel nickte zwar, doch wirklich daran glauben konnte er nicht, weil er im Moment keine Ahnung hatte, wie dieses Etwas überhaupt aussehen sollte.
*
Die Party war in vollem Gange. Über dreißig Gäste aller Altersgruppen tummelten sich in der winzigen Zwei-Zimmer-Wohnung, die bereits als allen Nähten zu platzen schien. Es wurde gelacht, getrunken und vor allen Dingen gegessen, denn der Hausherr, Bernd Köster, war ein begnadeter Koch – auch wenn er von Beruf Sportlehrer war.
Im Moment hätte er sich am liebsten in einer ruhigen Ecke verkrochen und selbst bemitleidet. Bernd wurde heute dreißig, aber das war für ihn kein Grund zum Feiern. Der einzige Grund, weshalb diese Party heute dennoch stattfand, war, daß er seine Verwandten