Andreas Vöst. Ludwig Thoma
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Dann fragte sie: »Hoscht d'as dahoam scho g'sagt?«
»Ob i was g'sagt hab?«
»Frag' it a so! Hoscht nix g'sagt, daß i in der Hoffnung bin?«
»Dös geht do bei mir dahoam neamd was o! De wern sie nix bekümmern um dös.«
»Hoscht ma's du it g'hoaßen, daß d' mi heiratst?«
»Da is mir nix bekannt.«
»So redst du jetzt? A so tatst ma's du macha? Hoscht d' ma's it g'hoaßen? Hoscht it g'sagt, du brauchst durchaus koan Angst it z' hamm?« – »Geh du dein Weg und laß mir mei Ruah!«
»Jetzt tat'st di weglaugna, du ganz Schlechter! Aba du derfst di zahl'n grad gnua!«
»Des werd si aufweisen; da sand anderne aa no beteiligt.«
»Dös ko'st du net mit Wahrheit behaupten.«
»Jetzt geh mir aus'n Weg! I ho mit dir nix mehr z'reden.«
Die Ursula kam das Weinen an. Dicke Tränen liefen ihr über die Backen, und sie wischte sich mit den schwieligen Händen über das Gesicht, daß es um und um naß wurde.
Sie wollte reden, aber die Worte kamen nur ruckweise heraus. »Wie'st dös erstmal ... Wie'st ans Fenschta kemma bist ... do hoscht g'sagt, i brauch mi nix bekümmern, hoscht g'sagt, und's Heiraten is ma g'wiß ... und jetzt gangst mit solchene Lugen um, und bei da Hollastauden hiebei, da hoscht g'sagt, i brauch mi durchaus nix bekümmern, und jetzt brach'st d'as so für, als wenn anderne beteiligt g'wen war'n – –«
»Dös werd sie aufweisen,« sagte der Hierangl Xaver und ging weg.
Es war ihm nicht mitleidig zumute, und er sah sich nicht um nach der Ursula, die mit den Ärmeln ihre Tränen trocknete und nicht wußte, sollte sie stehen bleiben oder dem Xaver nachlaufen. Weil sie aber sah, daß er schnell dahinging, dachte sie, daß ihr alles Reden nichts helfen würde.
Sie richtete das Kopftüchel zurecht und öffnete ihren Handkorb. Auf der Innenseite des Deckels war ein Spiegel angebracht, und Ursula betrachtete ihr Bild darin.
Es sah nicht vorteilhaft aus. Über das sommersprossige Gesicht waren schwärzliche Streifen gezogen; sie kamen von den Tränen und den schmutzigen Fingern.
Auf zehn Schritte wäre es zu sehen gewesen, daß sie geflennt hatte; deswegen spuckte sie in ihr Taschentuch und verwischte die Spuren. Und dann ging sie langsam ihren Weg, auf den Tanzboden.
Der Weblinger Wirt hatte einen guten Tag. Saal und Stuben waren gefüllt, und im Nebenzimmer saßen alle Honoratioren, auf die er gerechnet hatte.
Die Herren Lehrer aus der Umgebung, der Förster von Pellheim, der Verwalter von Hohenzell und der Stationskommandant Hermann. Unter der Türe erschien ein junger Mann. Er grüßte freundlich und wurde von allen willkommen geheißen. »Bei mir ist noch Platz,« sagte der Lehrer Stegmüller von Erlbach. »Darf ich die Herrschaften miteinander bekannt machen? Herr Mang, Kandidat der Theologie – Fräulein entschuldigen, jetzt hab ich den Namen vergessen ...«
»Sporner,« sagte das hübsche Mädchen, welches neben ihm saß.
»Fräulein Sporner, die Nichte des Herrn Collega von Aufhausen. Den kennen Sie ja schon?«
»Gewiß habe ich schon die Ehre gehabt. Wenn die Herrschaften erlauben, dann bin ich so frei,« sagte der Kandidat der Theologie und setzte sich mit linkischer Bescheidenheit nieder.
Er hatte ein hübsches Gesicht und lustige braune Augen; seine Bewegungen verrieten Kraft und Geschmeidigkeit, aber er war nicht frei von der angelernten Würde, die man für den geistlichen Beruf braucht. Dazu kam noch einige Schüchternheit im Verkehr mit Damen, und Fräulein Sporner war ein schönes Mädchen, vor dem ein junger Studiosus wohl erröten konnte.
Darum war es nicht verwunderlich, daß Sylvester Mang sich einige Male durch die Locken fuhr und keinen rechten Platz für die Hände fand, und daß er nach längerem Besinnen sagte, es sei heute ein schöner Herbsttag.
»Wundervoll,« meinte Fräulein Sporner, »es ist überhaupt so hübsch hier.«
»Fräulein sind noch nicht länger da?« – »Nein.«
»Wir haben gerade von Ihnen geredet, Herr Mang,« sagte der Lehrer von Aufhausen. »Am nächsten Sonntag haben wir ein Hochamt, und da könnten wir einen guten Tenor brauchen.«
»Wenn Sie wünschen, stehe ich gerne zu Diensten.«
»Sie tun mir einen großen Gefallen damit.«
»Sie sind Sänger?« fragte das Fräulein.
»Ja, das heißt, ein wenig. Natürlich nicht geschult.«
»Der Herr Mang hat einen prachtvollen Tenor,« unterbrach ihn Stegmüller. »Ich sag' Ihnen, Fräulein, da können Sie in der Stadt lang suchen, bis Sie einen solchen Tenor finden.«
»Da freue ich mich auf den Sonntag.«
»Wenn Sie nur nicht zu stark enttäuscht werden, Fräulein. Ich habe gar keine Übung mehr.«
»Er ist überhaupt ein musikalisches Genie,« rühmte Stegmüller. »Ein Künstler auf der Violine. Ja, wenn ich das gekonnt hätte, säß ich nicht als Schullehrer in Erlbach! Eigentlich is 's schad, daß Sie Geistlicher werden.«
»Es ist ein idealer Beruf,« sagte Sylvester.
Und er sah bei diesen Worten nicht weniger altklug aus, wie andere junge Leute, welche etwas Großes behaupten.
Fräulein Sporner nickte ernst und verständnisvoll zu seinen Worten.
»Die Kunst, das wär mein Fall gewesen,« seufzte Stegmüller. »Frei sein, wie ein Vogel in der Luft und auf niemand Obacht geben. Und leben können, wo man will.«
»Treiben Sie auch Musik, Fräulein?« fragte er.
»Klavier habe ich gelernt, aber ich hab's nicht sehr weit gebracht.«
»Sie sollten einmal den Herrn Mang begleiten.«
»Da kann ich nicht genug.«
Sylvester freute sich, daß ein Gespräch im Gange war, in dem er seinen Mann zu stellen wußte. Er stellte höfliche Fragen und rühmte