Sonderlinge, Außenseiter, Femmes Fatales. Michaela Lindinger

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Sonderlinge, Außenseiter, Femmes Fatales - Michaela Lindinger

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nur diese beiden Personengruppen durften sein Haus betreten. In der »bunten, lebhaften Welt, wo der Klatsch blühte, gab der Erzherzog den Ton an« (Nora Fugger).

      Er verstand sich als Freund und Förderer der schönen Künste, war belesen und bekundete stets Interesse an kulturellen Ereignissen. Diese Auftritte erledigte er oft in höchster Eile, sodass der Direktor des Museums für angewandte Kunst, Eduard Leisching, enttäuscht notierte, der nervöse Herr sei so rasch durch die Ausstellungssäle geeilt, dass der diensthabende Beamte ihn nicht einmal hätte begrüßen können, denn da sei er schon wieder weg gewesen. Wenn er eine Frage stellte, habe er die Antwort nicht abgewartet.

      Vor allem in seiner Jugend ging er leidenschaftlich gern ins Theater, liebte Oper und Ballett, gab Unsummen für den Ankauf mehr oder weniger wertvoller Kunstgegenstände und Gemälde aus. Die gigantische Sammlung ging nach seinem Tod an den Großneffen Kaiser Karl, dessen Bruder Maximilian Eugen und deren Mutter Maria Josepha, welche alles samt Schloss 1920 an das Land Salzburg verkauften. Experten suchten die für die Salzburger Museen interessanten Objekte aus, darunter einige Werke von Franz Alt und Hans Makart, die heute in der Residenzgalerie hängen. Andere Stücke von Wert wurden nebst einigen Familienandenken abgezweigt, der Rest gelangte in den Folgejahren im Dorotheum zur Versteigerung. Hätte man sich bemüht, den Gesamtbestand zu sichern, wäre ein durchaus präsentables Museum zustande gekommen. Nun aber war der Besitz bald in alle Winde zerstreut: Möbel, Teppiche, Textilien, Theaterkostüme (bekanntlich trat Ludwig Viktor gern auf, vor allem in Frauenkleidern), Bilder und Grafiken, Miniaturen, Fotos (der Erzherzog war ein begeisterter Hobbyfotograf), Kunstgewerbe aller Materialien, Fayencen, völkerkundlich interessante Gerätschaften hauptsächlich aus China und Japan. Besonders bemerkenswert war die reichhaltige Stock- und Schirmsammlung des Erzherzogs.

      Ringstraßenpalais

      image Das Palais Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz, Ende 1860er-Jahre

      Schon als Jugendlicher war Ludwig Viktor ganz in seinem Element gewesen, als der kaiserliche Bruder mit den bekannten Worten »Es ist mein Wille« den Startschuss zur Demolierung der Fortifikationen und somit zur Verschönerung seiner Reichshauptstadt gegeben hatte. Die Ära der Großstadterweiterung war eingeläutet: Schluss mit dem Biedermeier-Idyll, vorwärts zur Metropole. Wien sollte auf den Weg zur Weltstadt gebracht werden und zwar mit moderner Architektur und monumentalen öffentlichen Gebäuden von europaweiter Wirkung. 85 Architekten reichten ihre Entwürfe ein. Die Ringstraße wurde ein Ort größenwahnsinniger Selbstdarstellung einer ganzen Epoche. Das Mammutprojekt war nur finanzierbar, weil die großen Baugründe, die nach der Schleifung der alten Stadtbefestigungen frei geworden waren, an Private teuer verkauft wurden. Zum Beispiel hatte das finanziell bestens ausgestattete Adelscasino an jener Parzelle Interesse gezeigt, auf der heute das Palais Epstein steht. Wegen der hohen Kosten hatten Vertreter des Casinos schließlich vom Kauf Abstand genommen. Jedenfalls flossen die Einnahmen in den Stadterweiterungsfonds, mit dem die Kosten für die öffentlichen Prachtbauten beglichen wurden. Ein besonderer Anreiz für potenzielle Käufer bestand in der Garantie einer dreißig Jahre währenden Steuerfreiheit für den erworbenen Baugrund. Die Kaufsummen waren enorm und hatten für die Stadtplaner den angenehmen Nebeneffekt, dass der Ring nun zum Wohnort der »Nouveaux Riches« wurde. Epstein, Ephrussi & Co. verliehen dem neuen Boulevard Glanz und Glamour, wie es der Staat allein niemals vermocht hätte. Franz Joseph hatte es für selbstverständlich gehalten, dass die ihm nächststehende Gesellschaftsklasse, der Hochadel, in die Ringstraße investieren würde. Es hätte großen Vorbildcharakter gehabt, wenn sich möglichst viele Habsburger dort angesiedelt hätten. Doch dazu kam es nie. Die Vermögen der Bankiers und Großhändler waren leichter zugänglich als die zum Großteil in Grundbesitz angelegten Werte des alten Adels. Und als dort erst die Liebens und Todescos wohnten, hielt man sich sowieso lieber zurück. Doch für manche war gerade diese Umgebung außerordentlich inspirierend. Das Enfant terrible Luziwuzi liebte gesellschaftliche Großereignisse, lärmende Partys, übertrieben gekleidete Damen und abwechslungsreiche Abendgestaltung. Und dafür war die Ringstraße mit ihren »Prozessionen von zweibeinigen Bibern und Zobeln, Rittern des Chic, dem Monokel-Adel und der Bügelfaltokratie« (Ludwig Hevesi) genau richtig. 1863 fasste der junge Erzherzog den Entschluss, sich ein eigenes Palais am Prachtboulevard der Börsensociety und Lobbyisten zu bauen. Als elegante Wohnadresse wurde der Ring dadurch wiederum enorm aufgewertet. Nur Heinrich von Ferstel kam als Architekt infrage. Er hatte einen guten Ruf in der Familie, da er auch für die Votivkirche verantwortlich war, die an die Errettung des Kaisers beim Attentat von 1853 erinnern sollte und auf eine Idee des bauwütigen Ferdinand Maximilian zurückging. Ferstel baute für Luziwuzi am Schwarzenbergplatz Nummer 1 eines der bedeutendsten Ringstraßenpalais im Renaissancestil. In den ersten Stock führt eine repräsentative Freitreppe, oben folgt die Galerie, die als Vorsaal für die wichtigsten Räume diente, nämlich den Ball- und Festsaal, den Wintergarten und den Speisesaal. Darunter, im Mezzanin, befanden sich die Wohnräume und im Erdgeschoss die Remisen für die Kutschen und Stallungen für die Pferde. Im oberen Bereich folgten dann die Wohnbereiche der Dienstboten. Es wurde – beinahe – an nichts gespart, sogar die Abflussrohre der Toiletten waren aus geschliffenem Untersberger Marmor. Nur Schwimmbad gab es keines, erst in Kleßheim konnte diesbezüglich Abhilfe geschaffen werden. In Wien musste der Ringstraßenpalaisbewohner zwecks Badevergnügens außer Haus, was zu erheblichen Schwierigkeiten führte, wie noch näher ausgeführt wird. Überlebensgroße Statuen, die vermutlich die ruhmreiche Vergangenheit Österreichs beschwören sollen, schmücken die Fassade: Niklas Graf Salm (Kämpfer gegen die Türken 1529), Ernst Rüdiger von Starhemberg (Kämpfer gegen die Türken 1683), Gideon Ernst von Laudon (Kämpfer gegen die Türken 1736–1739), Joseph von Sonnenfels (Aufklärer und Freimaurer), Johann Bernhard Fischer von Erlach (Architekt, u. a. Erbauer von Kleßheim), Prinz Eugen von Savoyen (Feldherr). Von außen gut sichtbar ist das Turmkabinett, das als Arbeitsbereich diente. Innen ist es besonders elegant gestaltet, mit Holzvertäfelungen, roten Tapeten und einer bemalten Stuckdecke. Alle Räume waren mit erlesenen Kunstwerken ausgestattet. Zahllose rauschende Bälle und glänzende Festlichkeiten wurden vom Erzherzog in Feierlaune in seinem Stadtpalast veranstaltet. Denn hier frönte der intrigante und indiskrete Gastgeber seinem Lieblingshobby, dem Aushorchen der Gäste und dem Spinnen von Kabalen. Seine »privaten« Probleme mit Frauen wurden hier ausgewalzt, Mesalliancen aller Art oder die Beziehungen der höchstgestellten Paare zueinander: Gerüchte machten vor Kaiserhaus und Hochadel keineswegs halt. Vor allem liebte es Luziwuzi, seiner schönen Schwägerin Elisabeth Affären anzudichten, egal ob mit dem ungarischen Ministerpräsidenten oder einem schottischen Herrenreiter. Obwohl sich die beiden Teenager Elisabeth und Ludwig Viktor nach der kaiserlichen Hochzeit einige Zeit gut verstanden haben, war der Bruch in späteren Jahren nicht mehr zu kitten. Sisi schrieb:

      Ekelhaft ist mir der Affe

      Boshaft, wie kein andres Vieh;

      Hässlich, wie es anzuschauen,

      Ist sein Maul auch lästerhaft.

      Stets erfasst mich innres Grauen

      Trifft mich seine Nachbarschaft.

      Die Gesellschaft fürchtete die Rache des Erzherzogs, gegen die man sich kaum wehren und die sehr bösartig ausfallen konnte. Fürstin Nora Fugger, mindestens so tratschsüchtig wie Ludwig Viktor, schreibt aus eigener Beobachtung in ihrem Buch Im Glanz der Kaiserzeit über die »sehr eigentümliche Persönlichkeit« des Kaiserbruders: »Er war grundverschieden von seinen Brüdern, war weder militärisch noch kunstverständig, schwächlich, unmännlich, geziert und von garstigem Äußeren. Er führte ein sehr weltliches Leben, war über alles – nicht immer richtig – unterrichtet, seine Zunge war scharf wie die einer Giftschlange. In alles mischte er sich ein, spann darauf Intriguen und freute sich, wenn kleine Skandälchen daraus wurden. (…) Eine gute Seite hatte er aber doch: er war der Freund seiner Freunde – mehr als seiner Freundinnen. Alten – mehr als jungen – Damen gegenüber war er von größter Aufmerksamkeit und Liebenswürdigkeit.«

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