Ein Wagnis aus Liebe. Susan Anne Mason

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Ein Wagnis aus Liebe - Susan Anne Mason

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zu erkennen. „Wie dem auch sei. Die Umstände lassen es nicht zu. Ich werde also auf meine eigenen Kinder warten müssen.“ Traurig zuckte sie mit den Schultern.

      „Sind seine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen?“, fragte Grace vorsichtig.

      „Nein. Seine Mutter ist kürzlich an der Spanischen Grippe gestorben und mein Bruder …“ Ihre Stimme brach. „Er ist im Krieg gefallen“, ergänzte sie leise und drückte den Kleinen etwas fester an sich.

      Zum ersten Mal verspürte Grace so etwas wie Bedauern für die Eastons. Was auch immer die Familie auseinandergerissen hatte, sie mussten ihren Sohn Frank geliebt haben und trauerten nun genauso um ihn wie Grace um Rose. „Das tut mir wirklich leid. Ich habe auch einen Bruder im Krieg verloren und kann ein wenig nachempfinden, was Sie gerade durchmachen.“

      „O bitte, entschuldigen Sie. Ich sitze hier und erzähle Ihnen von meinem Verlust, wo Sie offenbar dasselbe durchgemacht haben“, sagte sie beschämt.

      „Aber nicht doch. Wir sind schließlich nicht die Einzigen, Tausende haben im Krieg einen geliebten Menschen verloren. Ich bin froh, dass dieser hübsche Junge trotzdem eine Familie hat, die sich um ihn kümmert. Ein Waisenheim wäre wirklich keine schöne Alternative gewesen“, erwiderte Grace. Und ohne lange darüber nachzudenken, streckte sie einen Finger aus und berührte die seidig weiche Babyhaut. Für einen kurzen Moment streichelte sie Christian über die Bäckchen, doch dann nahm sie die Hand wieder zurück, bevor die Verführung zu groß wurde.

      „Nun, ich sollte Sie nicht weiter stören“, wandte sich Grace wieder der Frau zu und stand auf. „Ich bin froh, diesen Park hier entdeckt zu haben. Bisher bin ich immer nur durch die Straßen spaziert, dabei ist es viel schöner, durch die Grünanlage zu schlendern und Kindern beim Spielen zuzusehen.“

      „Wohnen Sie noch nicht lange in Toronto?“, fragte die junge Frau, die nun nicht mehr traurig, sondern neugierig dreinblickte.

      „Ja, genau. Ich bin erst seit ein paar Wochen hier. Bisher ist Toronto wirklich ein faszinierender Ort.“

      „Da gebe ich Ihnen recht. Und dennoch bin ich schon sehr gespannt auf Europa.“

      „Sie fahren nach Europa? Wie … wie schön.“ Grace musste gegen Panik ankämpfen. Würden die Eastons Toronto verlassen? Und würden sie Christian mitnehmen? „Geht Ihre Familie auf Reisen?“

      „Nein. Nur ich, ich begleite eine befreundete Familie. Es wird mir ganz schön schwerfallen, den Kleinen zurückzulassen. Er ist mir sehr ans Herz gewachsen“, erklärte sie und gab ihm noch einen Kuss auf die Wange, bevor sie ihn wieder zurück in den Kinderwagen legte. „Wir suchen gerade noch nach einer Kinderfrau, bevor ich dann weg bin“, sagte sie beiläufig und strich die Decke über den Kleinen. „Aber bisher hatten wir kein Glück. Alle Bewerberinnen waren auf die eine oder andere Weise unpassend. Meine Mutter hat sehr hohe Ansprüche, wie es scheint.“

      Auf einmal flogen Grace Tausende Gedanken durch den Kopf und ihre Hände wurden leicht schwitzig. Unsicher biss sie sich auf die Unterlippe. Sollte sie etwas sagen? Aber vielleicht hielt die Frau sie dann für zu direkt. Und doch, wenn sie die Möglichkeit einfach so verstreichen ließ …

      „Tatsächlich bin ich gerade auf der Suche nach einer Arbeit“, stolperten die Worte unkontrolliert aus ihrem Mund.

      „Wirklich?“, hakte die Frau nach und schaute sie neugierig an. „Haben Sie denn Erfahrung mit Kindern?“

      „Ein wenig. In meiner Heimat habe ich mich oft um die Nachbarskinder gekümmert und jeden Sonntag den Kindergottesdienst mitgestaltet“, erwiderte sie und ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt.

      „Kindergottesdienst? Also gehen Sie in die Kirche?“

      „Ja, genau. Hier in Toronto helfe ich im Moment etwas in der Holy Trinity Church aus. Pastor Burke kann mir sicherlich ein Empfehlungsschreiben mitgeben, wenn das hilfreich wäre.“

      „Ja, das wäre es in der Tat“, sagte die Frau und studierte noch für einen Moment lang Graces Gesicht. „Nun, offensichtlich lieben sie Babys, sonst wären Sie nicht herübergekommen. Könnten Sie sich auch vorstellen, als Kindermädchen mit ihm im Haus zu wohnen?“

      Grace raste der Puls. Mit Christian im selben Haus wohnen? Das hätte sie sich nicht einmal träumen lassen! Doch dann dachte sie kurz an ihr gemütliches Zimmer in der Pension und die unerwartete Freundin, die sie in Mrs C. gefunden hatte. Den gemeinsamen Tee am Abend würde sie zweifelsohne vermissen. Aber um ihrem kleinen Neffen näher zu kommen, würde sie auch das in Kauf nehmen.

      „Natürlich, das klingt geradezu perfekt“, gab sie mit ihrem schönsten Lächeln zurück und versuchte die Frau davon zu überzeugen, auch als völlige Fremde eine geeignete Kandidatin zu sein.

      „Wissen Sie, vielleicht sind Sie ja genau die Frau, die wir gesucht haben. Wie ist denn Ihr Name?“

      „Grace A…“ Grace biss sich auf die Lippe. Sie konnte unmöglich ihren Nachnamen nennen, sonst wäre ihre Verbindung zu Rose offensichtlich. Gleichzeitig aber fühlte sie sich schrecklich bei dem Gedanken, lügen zu müssen. Doch im Moment musste sie ihr Gewissen außen vor lassen. „Foley. Grace Foley.“ Das war der Ehename ihrer Tante und der erste, der ihr einfiel.

      „Foley, ist das nicht ein irischer Name?“

      „Das stimmt. In der Verwandtschaft meines Vaters gibt es Iren“, erklärte sie etwas nervös, aber anscheinend ohne aufzufallen.

      „Nun, Grace. Ich werde versuchen, ein Treffen mit meiner Mutter für Sie auszumachen. Wie können wir Sie erreichen?“

      „Am besten Sie hinterlassen eine Nachricht bei … bei Pastor Burke“, antwortete Grace. Dafür würde sie ihn wohl oder übel in ihre kleine „Namensänderung“ einweihen müssen.

      „Wunderbar. Dann rufe ich heute Abend an und nenne ihm eine Zeit und die Adresse. Und denken Sie an das Schreiben.“ Dann griff sie mit einem Lächeln nach dem Kinderwagen und schob ihn zurück auf den Weg. „Oh, ich bin übrigens Virginia Easton“, sagte sie zum Abschied.

      „Danke, Virginia“, verabschiedete sich Grace und winkte ihr noch einmal, als die junge Frau den Park verließ. Dann ließ sie sich zurück auf die Bank fallen. In der Zwischenzeit hatte sich ihr schlechtes Gewissen in den Vordergrund gekämpft und in ihrem Kopf schwirrten all die möglichen Auswirkungen dieser Lüge. Beinahe wurde ihr schlecht, so sehr graute es ihr davor, ertappt zu werden. Sie hasste es, unehrlich zu sein. Aber wenn sie Virginia ihren echten Namen verraten hätte, hätte sie niemals die Möglichkeit bekommen, die Eastons – und damit Christians Umgebung – besser kennenzulernen. Sicherlich rechtfertigten die Umstände dieses kleine Vergehen.

      Herr, ich weiß nicht, ob das gerade ein Wunder oder der größte Fehler meines Lebens war. Aber ich werde mich darauf verlassen, dass du das Beste daraus machst.

      Kapitel 7

Liebe Grace, 9. Juni 1914

       habe ich eigentlich schon erwähnt, dass Frank der Sohn des Hotelbesitzers ist, für den ich arbeite? Deshalb halten wir unsere Beziehung vorerst noch geheim. Erst kürzlich hat Frank seine Verlobung zu einer Frau gelöst, mit der sein Vater ihn verheiraten wollte. Deshalb warten wir noch eine Weile, bis wir ihm von uns erzählen. Frank fürchtet, dass es Auswirkungen

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