Der goldene Apfel. Sigrid-Maria Größing

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Der goldene Apfel - Sigrid-Maria Größing

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waren, kam Rudolf auf die Idee, den Schwiegervater durch verschiedene Tricks zu überbieten und vielleicht auch zu überlisten. An Einfällen mangelte es Rudolf wahrlich nicht! Da Karl IV. in seiner Goldenen Bulle 1356, in der der Wahlmodus der deutschen Könige für alle Zeiten festgeschrieben wurde, die habsburgischen Herzöge nicht berücksichtigt hatte und Rudolf daher den sieben Kurfürsten gegenüber eine Hintansetzung fühlte, suchte er nach Möglichkeiten, dieses Manko auszugleichen. An gelehrten Männern, die den jungen Herzog berieten, war kein Mangel, sein Kanzler Ribi war der richtige Mann für ihn, Dokumente zu verfassen, die anscheinend schon seit Urzeiten im Hause lagen und die plötzlich nur aus der Tasche gezogen zu werden brauchten. Im Privilegium maius, das aus sieben Dokumenten bestand, in denen genau die Abstammung und Stellung der Habsburger im europäischen Raum dargelegt wurde, wurde der Machtanspruch der Habsburger den anderen Großen im Reich vor Augen geführt. So musste Kaiser Karl IV., als er Einblick in die Urkunden bekam, mit Erstaunen feststellen, dass sich schon Julius Caesar und Kaiser Nero über die Habsburger und ihre Positionen den Kopf zerbrochen hatten.

      Karl IV. war ein kritischer Mann, der im Laufe der Zeit seinen dynamischen, aber auch ehrgeizigen Schwiegersohn durchschaute. Deshalb beauftragte er einen der berühmtesten Gelehrten seiner Zeit, den Dichter Petrarca, mit der Überprüfung der Angelegenheit. Und Petrarca fällte ein vernichtendes Urteil über das angebliche Privilegium maius. Er bezeichnete den Verfasser als einen Narren, Verrückten und törichten Lügenschmied und vermerkte, dass »der Ochse« und »Esel« keine Ahnung von der Geschichte haben musste, vor allem dass sich Rudolf mit Titeln wie »Pfalz-Erzherzog« und »Oberjägermeister des Reiches« schmückte, die es bisher noch nie gegeben hatte. Für Karl IV. war die Angelegenheit durch die Aussage Petrarcas abgetan, er akzeptierte lediglich, dass sich der Schwiegersohn selbstherrlich auch weiterhin »Erzherzog« nannte. Auch die Zackenkrone, mit der Rudolf auf dem ersten zeitgenössischen Portrait abgebildet wurde, ließ sich der Habsburger von niemandem mehr nehmen, obwohl ihm nur der Herzogshut zugestanden wäre.

      Der junge Rudolf schränkte sich in seinem unwahrscheinlichen Tatendrang auch durch die Maßnahmen des Schwiegervaters nicht ein, auch wenn Karl sich geweigert hatte, dem Wunsche Rudolfs nachzugeben und ihn zum König der Lombardei zu ernennen. Der Expansionsdrang des jungen Mannes war unschwer zu erkennen gewesen, denn auch im Elsass und in Schwaben war Rudolf präsent. In den kurzen Jahren seines Lebens vollbrachte der junge Mann Leistungen, die andere in Jahrzehnten kaum bewältigt hätten. Sein Hauptaugenmerk richtete er freilich auf Wien, das er als »das Haupt aller seiner Länder und Herrschaften bezeichnete, wo er tot und lebendig bleiben wollte«. Diese geliebte Stadt sollte hinter Prag, wo Karl IV. die erste deutsche Universität gegründet hatte, keine zweite Rolle spielen. Auch Wien wollte Rudolf zur Universitätsstadt machen, hierher lud er die berühmtesten Gelehrten seiner Zeit ein und stattete sie mit außerordentlichen Privilegien aus, indem Rudolf selber für sämtliche Schäden »auf yeklicher strazze« haftete. Die Professoren und Studenten sollten in einem eigenen Viertel, das nur für die geistige Elite bestimmt war, leben. 1365 wurde die nach ihm benannte Alma Mater Rudolphina gegründet, wobei allerdings die theologische Fakultät, die für den Status einer anerkannten Universität notwendig war, erst im Jahre 1385 eingerichtet wurde.

      Obwohl Rudolf der Geistlichkeit nicht unbedingt hold gesinnt war, war es in seinem Prestigedenken notwendig, ein Bauwerk errichten zu lassen, das dem Veitsdom in Prag in nichts nachstand. Mit dem Stephansdom sollte gleichsam die Voraussetzung geschaffen werden, dass Wien Bischofsstadt werden konnte. Denn noch übten die Bischöfe von Passau ihren Einfluss bis in den Wiener Raum aus. Durch einen unglücklichen Zufall kam es vorübergehend zur Unterbrechung der Baumaßnahmen von St. Stephan, denn Rudolf hatte, wie bei vielen anderen Unternehmungen, auf die Einnahmen aus dem Silberbergwerk von Oberzeiring in der Steiermark gebaut. Durch überraschende Wassereinbrüche kamen aber in den Jahren zwischen 1361 und 1365 nicht nur 1400 Bergleute ums Leben, sondern die Silbervorräte versiegten mit einem Schlage. Um Geld in die leeren Kassen zu bekommen, ließ sich der junge Herrscher eine andere Möglichkeit einfallen, ohne das bestehende Geld abwerten zu müssen, wie dies in anderen Ländern Jahr für Jahr geschah: Er führte 1359 das sogenannte »Ungeld« ein, das auf alle in einem Wirtshaus konsumierten Getränke bezahlt werden musste – sehr zum Unbehagen der Gäste!

      Die ungewöhnlich kurze Regierungszeit Rudolpfs war gekrönt durch die äußerst geschickte Erwerbung Tirols, um das sich nicht nur die Habsburger bemüht hatten. Wie immer es dem mit allen Wassern gewaschenen Rudolf gelang, dass Margarete Maultasch in München die Erburkunde mit dem Habsburger unterzeichnete, der Erfolg gab ihm Recht. Als der einzige Sohn Margarete Meinhards III. 1363 starb, machte sich Rudolf eilends auf den Weg nach Tirol, um den Tiroler Adeligen zuvorzukommen, die sicherlich ihr Veto dagegen eingelegt hätten, dass das heilige Land an die Habsburger kommen sollte. Durch seine Überredungskunst überzeugte Rudolf außerdem die zutiefst deprimierte Margarete, dass es in Hinkunft das Beste für sie wäre, mit ihm nach Wien zu ziehen, um dort ihren Lebensabend zu verbringen.

      Rudolf sollte sich nicht lange an seiner diplomatischen Meisterleistung erfreuen. Auf einem Zug nach Italien, auf dem er schon vorübergehend an Gesichtslähmung gelitten hatte, ereilte ihn völlig unerwartet das Schicksal. Mit nur 26 Jahren starb er kinderlos am 27. Juli 1365 in Mailand. Nachdem man angeblich seinen Leichnam in Rotwein gekocht hatte, brachte man das, was von dem ungewöhnlichen Habsburger noch übrig geblieben war, in dicke Ochsenhaut gewickelt über die Alpen und setzte ihn in der Fürstengruft, die er sich hatte errichten lassen, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung bei.

      Der Kaiser war ein hochgebildeter Weltmann

      Eigentlich hätte Karl IV. aus dem Hause Luxemburg in Böhmen aufwachsen sollen, aber sein Vater hatte beschlossen, den Knaben nach Paris zu schicken, wo seine Lehrer ihn in die Geheimnisse der abendländischen Bildung einweihten.

      König Johann von Böhmen war ein Bonvivant, der ganz in der ritterlichen Tradition lebte, das Turnieren, die Frauen und den Wein liebte und der von der Vorstellung beseelt war, dass auch Sohn Wenzel, der am 14. Mai 1316 geboren worden war, schon von Kindheit an den Duft der großen weiten Welt genießen sollte. Deshalb schickte er den Knaben, der nach dem Nationalheiligen getauft worden war, schon bald nach Paris, wo dieser dann seinen Firmnamen Karl annahm. Ganz unterschiedliches Blut rollte in den Adern des Knaben, seine Vorfahren stammten teils aus Frankreich, aber auch Deutsche waren unter seinen Ahnen und die slawische Mutter Elisabeth stammte aus dem Haus der Přemysliden, sodass er zu einem echten europäischen Herrscher prädestiniert war. Denn im Gegensatz zu seinem unfähigen, dümmlichen Bruder Johann, der mit der Erbin von Tirol Margarete Maultasch verheiratet war, zeigte Karl schon von Jugend an politisches Talent und diplomatisches Geschick. Wissensdurstig und bildungshungrig hatte Karl in Paris die richtigen Lehrer gehabt und wahrscheinlich war schon damals der Plan in ihm gereift, auch sein Heimatland den geistigen Errungenschaften der Zeit zu öffnen.

      Schon sehr bald zeigte es sich, dass der junge Karl ein weltgewandter Mann war, der fünf Sprachen beherrschte, sodass er überall dort, wo er hinkam, keinen Dolmetscher benötigte. Dies erwies sich natürlich als vorteilhaft, als er seinen Bruder Johann, dessen Ehe mit Margarete gescheitert war, in Tirol unterstützen sollte. Denn dieses Land war nicht nur von den Luxemburgern, sondern auch von den Wittelsbachern und Habsburgern umworben. Immerhin ging es um den Besitz der Alpenpässe. Karl konnte zwar die Ehe seines Bruders nicht mehr retten, denn Margarete hatte mittlerweile schon den Sohn des Kaisers, Ludwig von Brandenburg, geheiratet, aber aufgrund dieser pikanten Mission war er auch in die oberitalienischen Städte gekommen. Er hatte italienische Lebensart und Kultur kennengelernt, was er später als Kaiser zu schätzen wusste. Vielleicht war es dieses erste Kennenlernen gewesen, was ihn Jahre später hinderte, die Städte mit Waffengewalt unter sein Joch zu zwingen.

      Als Karl mit siebzehn Jahren nach Böhmen zurückkehrte, wurde er ein Jahr später von seinem königlichen Vater mit der Markgrafschaft Mähren belehnt. Auf seinen weiten Reisen mit König Johann lernte er die verschiedenen Mentalitäten kennen, er war dabei, als Verträge zwischen dem Königreich Böhmen und Ungarn sowie Polen geschlossen

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