Der goldene Apfel. Sigrid-Maria Größing

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Der goldene Apfel - Sigrid-Maria Größing

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König Johanns, der schon bald den Beinamen »der Blinde« erhielt, anzutreten. Auch ein Ereignis, das er in seiner Autobiographie berichtete, bestärkte ihn in dem Glauben, zum Herrschen auserkoren zu sein. Er beschrieb einen Traum, in dem ihm ein Engel erschienen war, der ihn an den Haaren durch die Luft zu einem Schlachtfeld getragen hatte. Der Engel forderte Karl auf zu schauen: »Blicke hin und schaue! Und siehe da, ein anderer Engel fuhr mit feurigem Schwert vom Himmel herab, durchstieß einen Mann in der Mitte der Schlachtreihe und verstümmelte sein Glied mit dem Schwerte.« Der Engel erklärte Karl, dass es sich um den französischen Dauphin von Vienne handelte, der auf diese grauenvolle Weise zu Tode kam. Kurze Zeit später bestätigten Augenzeugen, dass der Dauphin tatsächlich von einem Pfeil tödlich getroffen worden war. Ein potenzieller Gegner war damit ausgeschaltet.

      Dieser Traum erschien Karl wie ein Omen. Als er von den Streitigkeiten, die damals im Reich herrschten, erfuhr, ließ er sich von seinem Großonkel Balduin von Trier, einem der mächtigsten Männer seiner Zeit, als Gegenkönig zu Ludwig dem Bayern aufstellen und wurde, ganz gegen die allgemeine Sitte, in Bonn 1346 zum König gekrönt. Damit aber alles seine Ordnung haben sollte, ließ er sich zur Sicherheit ein zweites Mal im Jahre 1349 in Frankfurt und im gleichen Jahr noch in Aachen krönen! Diplomatisch wie Karl war, suchte er nicht die Konfrontation mit den anderen starken Familien, er verständigte sich sowohl mit den Wittelsbachern als auch mit den Habsburgern, mit denen er verwandtschaftliche Beziehungen aufbaute. Seine Tochter Katharina, die aus seiner ersten Ehe mit Blanca Margarete von Valois stammte, sollte den jungen dynamischen Habsburger Rudolf heiraten, wobei er nicht ahnen konnte, dass er einmal mit diesem Schwiegersohn große Probleme bekommen sollte.

      Obwohl Karl IV. in seinem Wesen wenig seinem Vater glich, liebte er doch so wie König Johann die schönen Frauen seiner Zeit. Er war viermal verheiratet und besaß beinah ein Dutzend ehelicher Kinder, von denen Wenzel IV., genannt »der Faule«, König von Böhmen und Sigismund römischdeutscher Kaiser wurden.

      Es waren grundlegende Neuerungen, die Karl in seinen Ländern, aber auch für das Reich anstrebte. Nicht durch Kriege wurde er als letzter großer spätmittelalterlicher Herrscher bekannt, sondern durch seine Gesetzeswerke und seine kulturellen Bestrebungen, die zu einem Ausgleich innerhalb der Völkerschaften in seinen Ländern führen sollten. Natürlich war die Kaiserkrönung in Rom im Jahre 1355 für ihn eine besondere Bestätigung, wobei er sich auf seinem Italienzug keineswegs in italienische Belange einmischte, wohl aber das Geld, das die Kommunen zu zahlen hatten, mit offenen Händen annahm. Genauso wie er sich nicht zierte, die Zahlungen, die die Juden leisten mussten, um unter kaiserlichem Schutz zu stehen, einzufordern. Denn in den Zeiten der Pest, die damals weite Teile Deutschlands entvölkerte, kam man auf die wahnwitzige Idee, dass die Juden die Brunnen vergiftet hätten, was eine Hatz auf diesen Teil der Bevölkerung auslöste. Karl stellte sich blind und taub und gebot dem wütenden Treiben keinen Einhalt. Er glaubte, auf die Loyalität der Städte wie Frankfurt und Nürnberg angewiesen zu sein, die unter seiner Regierung genauso wie die oberpfälzische Stadt Sulzbach besondere Bedeutung erlangten. Für viele Zeitgenossen wirkte der Kaiser wie ein biederer Kaufmann, der seine Hausmacht hütete und nicht wie der Nachfolger der von universalem Geist geprägten Herrscher, wie sein Großvater Heinrich VII. einer war. Und dennoch beschäftigte ihn die Rolle und Stellung des Kaisers von Grund auf. Obwohl er mit den Päpsten ein gutes Einvernehmen pflegte, wollte er den Einfluss des Papstes auf die Wahl des römisch-deutschen Königs abschaffen. Das wichtigste Reichsgesetz entstand unter seiner Ägide, die Goldene Bulle wurde im Jahre 1356 verabschiedet, deren Gesetze bis zum Jahre 1806 Gültigkeit hatten. Das Wahlverfahren sowie die Anzahl der Kurfürsten und deren Bedeutung war ein für alle Mal festgeschrieben worden.

      Der Kaiser war von Jugend auf ein frommer Mann, der vor allem für die slawische Kirche große Sympathien hegte und versuchte, in der Volkskirche die lateinische Sprache abzuschaffen. Das Volk sollte verstehen, worum es betete, was in Rom allerdings nicht goutiert wurde.

      Kulturell aufgeschlossen, war er auf seinen weiten Reisen nicht nur auf Italien konzentriert, auch die Balkanländer und die Gebiete an Nord- und Ostsee stießen auf sein Interesse, überall ging er mit offenen Augen durch die Welt und holte die bedeutendsten Männer seiner Zeit nach Prag, wo er den Grundstein für die »Goldene Stadt« legte. Die Baumeister Brüder Parler schufen in seinem Auftrag den Veitsdom und der berühmte Dichter Petrarca zählte zu den persönlichen Beratern und Freunden des Kaisers. Da Karl IV. schon in seinen Pariser Jahren die Wichtigkeit der universitären Bildung erkannt hatte, gründete er im Jahre 1348 die nach ihm benannte Karlsuniversität. Aus dem unbedeutenden Prag war unter dem Kaiser eine europäische Metropole geworden, wie die Inschrift am Altstädter Rathaus bezeugte: »Praga Caput Regni« – Prag – Hauptstadt des Reiches.

      Als der Kaiser am 29. November 1378 starb, dauerten die Beisetzungszeremonien Tage. Sein Tod war ein Fest für das Volk von Prag.

      Der »Nachgeborene« war ein Spielball der Mächtigen

      Von Anfang an lag viel Tragik über dem Leben des Ladislaus Postumus, der vier Monate nach dem Tod König Albrechts II. zur Welt kam.

      Sein dynamischer Vater, der große Pläne gehabt hatte, wäre sicherlich ein fähiger Herrscher gewesen, wäre er in Ungarn nicht plötzlich an der Ruhr erkrankt, die er nicht überleben sollte. Albrecht II. entstammte der »albertinischen Linie« der Habsburger und war mit einer äußerst umworbenen Frau verheiratet gewesen, mit Elisabeth, der Tochter des Kaisers Sigismund, der im Prozess um den abtrünnigen Reformator Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz einen sehr umstrittenen Eindruck hinterlassen hatte. Sigismund hatte vergeblich auf Söhne gehofft, sodass seine Tochter Elisabeth nicht nur Böhmen, sondern auch Ungarn als Heiratsgut mit in die Ehe brachte. Außerdem gelang es dem Kaiser durchzusetzen, dass man seinen Schwiegersohn Albrecht zum deutschen König wählte. Zunächst schienen keine gröberen Probleme für das junge Paar aufzutauchen, bis der Tod Albrechts alle Hoffnungen zunichtemachte. Zurück blieb in Ungarn die junge Witwe, die ihr zweites Kind erwartete und die sofort in die Mühlen der verschiedenen politischen Gruppierungen geriet. Aus diesem Hexenkessel sollte auch ihr Sohn Ladislaus, der am 22. Februar 1440 im ungarischen Komorn das Licht der Welt erblickte, in seinem kurzen Leben nicht mehr herauskommen.

      Ein Wettlauf um den Knaben begann, als das schreiende Baby auf dem Arm seiner Kinderfrau Helene Kottannerin im zarten Alter von zwölf Wochen in Stuhlweißenburg zum König von Ungarn gekrönt wurde. Es gab wenig Menschen um sie herum, auf die sich die verwitwete Königin verlassen konnte, die Kottannerin aber war ihr mit Leib und Leben ergeben. Denn die Ungarn hatten ziemlich schnell nach dem Ableben Albrechts II. einen Polen, Wladislaw III., zum König gewählt, der allerdings schon vier Jahre später in einer Schlacht gegen die Türken fallen sollte.

      Elisabeth und ihr kleiner Sohn waren gewarnt, niemand mehr schien nämlich ein besonderes Interesse an einer späteren Regentschaft ihres Sohnes zu haben, zu turbulent waren die Zeiten, die eines starken Herrschers bedurft hätten. Daher bestellte man in Ungarn einen siebenbürgischen Reichsverweser, während der spätere Kaiser Friedrich zum offiziellen Vormund von Ladislaus ernannt wurde, wobei es natürlich alles andere als sicher war, dass der Knabe dereinst die ungarische Krone tragen würde.

      Seine Mutter und deren Kammerfrau hatten allerdings vorgesorgt, dass die Krone nicht in die Hände irgendwelcher Glücksritter kam. Heimlich hatten die beiden Frauen den Plan geschmiedet, die in einem Schrein wohl verwahrte Krone des hl. Stephan bei Nacht und Nebel nach Wiener Neustadt zu bringen. Das war leichter gesagt als getan. Denn die Krone wurde streng bewacht, sodass es schwierig war, überhaupt an sie heranzukommen. Durch eine List gelang es der Kottannerin, die Krone an sich zu nehmen, die sie in ein großes Samtkissen wickelte und zusammen mit einem wertvollen Halsband und anderen Kleinodien der Königin auf einen Schlitten legte und unter Lebensgefahr aus der Burg schaffte. Dabei wurde das Kreuz, das die Krone zierte, leicht verbogen, was auch später nicht mehr zu reparieren war.

      So sehr sich Elisabeth bemühte, den kleinen Sohn in ihrer Nähe zu haben, konnte

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