Nur wenn ich lebe. Terri Blackstock

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Nur wenn ich lebe - Terri Blackstock

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könnte ich solch eine Beschwerde verstehen. So aber suche und finde ich einfach nur einen Schuldigen, obwohl keiner deswegen benachteiligt ist. Und wenn sie nicht einmal die Möglichkeit bekommen, den Schaden zu beheben …“

      „Ich habe nicht gesagt, dass sie diese Möglichkeit nicht bekommen. Ich habe gesagt, dass ich es nicht weiß.“

      Um nicht weiterhin so anklagend zu klingen, dämpfe ich meine Stimme. „Dieser Mann hat Google-Anwaltskanzleien erwähnt. Das scheint es tatsächlich zu geben. Ich habe danach gegoogelt und tatsächlich gibt es Anwälte, die genau das tun. Sie verwenden Google Earth, um wahllos nach Unternehmen zu suchen, die gegen irgendeine Vorschrift verstoßen. Anschließend verklagen sie diese Einrichtung, ohne auch nur einen Fuß hineingesetzt zu haben. Dieser Besitzer hat Kinder im College.“

      „Wow, du hast wirklich eine Menge über diesen Mann erfahren, oder?“

      Ich nippe an meinem Getränk. „Ich will Menschen aus Fleisch und Blut einfach ungern ausnutzen, verstehst du?“

      „Das will ich ebenso wenig. Aber wenn du es nicht magst, dann musst du es nicht tun.“

      Unser Essen wird gebracht und wir warten schweigend, bis die Bedienung wieder verschwindet. Claire steckt sich eine Pommes in den Mund und sagt dann: „Vielleicht übertreibst du ein wenig. Billy und Marge sind großartig. Anspruchslose, demütige Menschen.“

      „Ja“, sage ich. „Es ist nur so, dass ich ein Pärchen kannte, das eben durch solche falschen Anschuldigungen andere Leute zu Unrecht angeklagt haben. Das waren schreckliche Leute.“

      „Ich verstehe. Aber das hat nichts mit Betrug zu tun. Wenn Billy sie dafür anklagt, dass sie keinen Poollifter besitzen, dann müssen sie sich nur einen Poollifter anschaffen.“

      „Nicht nur … Sie müssen außerdem eine große Summe Schadensersatz aufbringen. Das könnte einige Unternehmen in den Ruin treiben.“

      „Ich glaube nicht, dass Billy irgendwen in den Ruin treiben möchte. Sicher geht alles mit rechten Dingen zu.“

      „Ja, bestimmt.“

      Einen kurzen Moment lang starrt Claire vor sich hin. „Meiner Meinung nach hast du ein ziemlich aktives Gewissen.“

      Ich lache auf. „Ja, vermutlich. Es ist nur … ich habe in letzter Zeit viel über das Christsein gelernt. Ehrlichkeit ist eine wichtige Sache. Ich will wirklich nicht, dass … du weißt schon … dass Gott böse wird oder so.“

      Jetzt lacht auch Claire. „Glaub es oder nicht, aber ich will ihn auch nicht gerade wütend machen. Auch ich gehe zur Kirche.“

      Obwohl ich es nicht ausspreche, glaube ich eigentlich, das Christsein nicht nur darin besteht, in die Kirche zu gehen. „Ich beschäftige mich erst seit Kurzem damit“, sage ich. „Wahrscheinlich weißt du das alles schon seit vielen Jahren. Aber ich bin immer noch in dieser Phase, in der mich alles überwältigt. Also ernsthaft … Jesus hat sich für meine Sünden kreuzigen lassen. Und dadurch kann ich jetzt gereinigt werden, zweitausend Jahre später?“

      Claires Augen sind auf meine linke Schläfe gerichtet. „Ja, das ist ganz schön verrückt, was?“, fragt sie.

      „Im Gottesdienst hat der Pastor darüber gesprochen, dass Jesus für uns betet. ‚Sich für uns einsetzt‘ waren, glaube ich, seine Worte. Wahrscheinlich war das der Moment, in dem ich zum ersten Mal begriffen habe, dass es Jesus wirklich gibt. Und zwar heute. Dass er lebendig ist … Weißt du?“

      An ihrem Gesichtsausdruck kann ich ablesen, dass es wohl schon einige Zeit her sein muss, seit sie sich darüber Gedanken gemacht hat. Bin ich wohl zu weit gegangen? Erst überlegt Claire eine Weile, dann sagt sie: „Es ist spannend, dabei zu sein, wenn jemand den Glauben zum ersten Mal entdeckt. Für viele von uns wird er zum alten Hut.“

      „Wie kann Glaube jemals alt werden?“, frage ich verwundert.

      „Keine Ahnung“, antwortet sie. „Vielleicht werden wir allmählich immun.“

      „Immun“, wiederhole ich. „Ja, das klingt plausibel. Du hörst es so oft, dass du anfängst es auszublenden. Wenn ich zum Glauben komme, dann will ich niemals so werden.“

      „Wenn du zum Glauben kommst? Für mich hört es sich so an, als glaubst du bereits.“

      Das Herz rutscht mir in die Hose und ich weiß, dass ich ihr mein Zögern nicht erklären kann. „Vermutlich befinde ich mich gerade in einer Phase, in der ich verschiedene Möglichkeiten abwäge.“

      Ihr Blick wandert hinab zu ihrem Getränk. „Ich weiß, dass ich wohl als lauwarm bezeichnet werden kann. Ehrlich gesagt ist mir das bis jetzt gar nicht aufgefallen. Aber trotzdem kann ich dir einen Rat geben: Warte nicht.“

      Plötzlich laufen ihre Wangen rot an und ich merke, dass sie es ernst meint. „Ernsthaft“, fährt sie fort, „wenn du so begeistert von Jesus bist, mach es fest! Dieses Gefühl kann verschwinden und kommt vielleicht nicht wieder. Für mich hört es sich so an, als würde Jesus um dich werben.“

      „Er klopft an meine Tür“, sage ich, weil ich letzte Nacht darüber etwas in der Bibel gelesen habe.

      „Genau. Lass ihn rein.“

      Niemals hätte ich erwartet, dass dieses Mittagessen auf so ein Gespräch hinausläuft. Wir schweigen beide, während wir essen. Anschließend schneiden wir das Thema nicht wieder an. Trotzdem bleiben mir ihre Worte den ganzen Tag über im Kopf.

      9

      Casey

      Man sagt, dass ein Spaziergang im Wald irgendetwas in deinem Gehirn bewirkt. Glückshormone sollen dabei ausgeschüttet werden, die für Wohlbefinden sorgen. Ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, aber definitiv hat die Gesellschaft anderer Menschen denselben Effekt auf mich. Das Geräusch von Leuten, die miteinander reden, wenn jemand mein Lächeln erwidert oder in der Menschenmenge zufällig meine Schulter streift – all das trägt zu meinem inneren Frieden bei. Nur eins nicht: wenn Menschen mich anstarren, weil ich wie die Mörderin aus dem Fernseher aussehe.

      Ich parke vor der Megachurch in der Nähe meines Motels und starre die großen Eingangstüren an. Das ehemalige Kino hatte man vor einiger Zeit in eine Kirche umgebaut. Das weiß ich nur, weil gestern während einer Folge von Andy Griffith eine Werbung geschaltet wurde, in der diese Gemeinde ihren Gottesdienst anpries. Es wurde ein dunkler Raum gezeigt, in dem lediglich die Bühne hell erleuchtet war.

      Bestimmt falle ich in der Dunkelheit nicht auf, wenn ich einfach ein paar Minuten später komme. Im Rückspiegel überprüfe ich meine Perücke. Wenn ich mich beeile, kann ich meine Sonnenbrille vielleicht auflassen, bis ich in der Dunkelheit des Saals verschwunden bin.

      Vor dem Gebäude stehen Leute, die die Besucher begrüßen. So schnell ich kann, laufe ich vorbei, werfe ihnen ein Lächeln zu und tue so, als würde ich hierher gehören.

      Der Gemeindesaal sieht aus wie im Fernsehen. Kinosessel und gedimmtes Licht. Die Gottesdienstbesucher singen bereits. Nur die Bühne ist hell erleuchtet, weil eine Band den Gesang von vorne begleitet.

      In einer der letzten Reihen suche ich mir einen Platz und lasse mich in den Sessel sinken. Der Text des Liedes wird auf einem Bildschirm angezeigt. Zwar kenne ich das Lied nicht, trotzdem verfolge ich jedes einzelne

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