Nur wenn ich lebe. Terri Blackstock

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Nur wenn ich lebe - Terri Blackstock

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beiden nicht herausfinden, dass er der Täter war … „War Keegan auch hier? Und Rollins?“

      „Ja, mehrere andere Kriminalpolizisten sind vorbeigekommen. Aus Neugier, vermute ich.“

      Boom. Damit hatte Keegan dafür gesorgt, dass jedes Haarpartikel, jeder Tropfen Schweiß und jeder Abdruck, den man von ihm finden würde, einen legitimen Grund hatte, um dort zu sein.

      „Dylan! Wie geht es dir, Mann?“, ruft eine Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehe entdecke ich Kurt Keegan, Detective Keegans Sohn, der ebenfalls mit mir zur Schule gegangen ist. Damals waren wir richtig gute Freunde, doch seitdem ich wieder in den Staaten bin, habe ich ihn erst einmal zu Gesicht bekommen.

      Als sei nichts passiert, schüttle ich ihm die Hand. Soweit ich weiß, hat er ein gutes Verhältnis zu seinem Vater und steckt vermutlich mit ihm unter einer Decke. Und das, obwohl er immer ein guter Junge gewesen ist und seinem Dad gar nicht ähnlich war. Aber die Aussicht auf Geld kann auch den besten Charakter verderben.

      Wir quatschen etwas miteinander und ich hoffe, dass er seinem Vater nichts von unserer Begegnung erzählen wird.

      „Ich habe gehört, dass du an Brents Fall mitarbeitest“, sagt Kurt. „Meinen Vater hat es ein wenig aufgeregt, dass sie dich angeheuert haben.“

      „Wir helfen uns gegenseitig“, antworte ich ausweichend.

      „Ja, das kann ich mir vorstellen. Mein Dad will immer die Kontrolle behalten. Vermutlich schlagt ihr euch gegenseitig die Köpfe ein. Halte durch. Wir sollten uns mal zum Mittagessen verabreden. Halte mich auf dem Laufenden.“

      Dann gebe ich Kurt dieselbe Nummer, die auch sein Vater hat, und sage ihm, dass er sich melden soll, sobald er Zeit hat. Was soll ich von seinen Worten halten? Horcht er mich für seinen alten Herrn aus, oder hat er tatsächlich keine Ahnung?

      Später am Tag suche ich mir seine Adresse heraus und fahre bei Kurt vorbei. Er hat eine kleine Wohnung, kaum besser als meine eigene. Das Fahrzeug auf seinem Parkplatz mindestens fünf Jahre alt. Sollte er Geld besitzen, gibt er es jedenfalls nicht für solche Dinge aus. Aber das tut Keegan ja auch nicht. Seine Spielzeuge sind sorgsam verborgen und verstecken sich hinter seinem Decknamen. Bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass Kurt in die Machenschaften seines Vaters verwickelt ist. Allerdings bin ich nicht so blöd zu glauben, dass Keegan ihn nicht eingeweiht hat.

      Hoffentlich ruft er an, um sich mit mir zum Mittagessen zu verabreden. Sollte er etwas mit Brents Tod zu tun haben – oder mit einem anderen Mordfall –, werde ich auch ihn drankriegen. Gegenüber Mördern hege ich keine sentimentalen Gefühle.

      6

      Casey

      Die Anzeige, auf die ich reagiere, ist an eine Person gerichtet, die „bis zu $2000 im Monat von zu Hause aus“ verdienen will. Umso weniger Menschen mich täglich zu Gesicht bekommen, desto besser für mich. Ich habe bereits ein Telefongespräch mit der Frau des Anwalts geführt, der die Anzeige aufgegeben hat. Zwar hat sie mir nicht besonders viel über die auszuführenden Tätigkeiten verraten, mich aber darum gebeten, für ein Gespräch mit ihrem Mann in die Kanzlei zu kommen.

      Ich gebe mir besonders viel Mühe für mein Make-up und trage die lockige Perücke. Hoffentlich erkennt mich niemand aus den Nachrichten. Wenigstens wird man meine Stimme nicht wiedererkennen können, da die Medien nur Bildmaterial von mir in Umlauf gebracht haben.

      Die Kanzlei liegt in einer Einkaufsmeile. Auf einem bronzenen Schild neben der Tür lese ich „Billy Barbero, Hochwohlgeboren“. Offensichtlich handelt es sich um keine gehobene Anwaltskanzlei, eher um eine Ein-Mann-Show. Erst als ich eintrete, bemerke ich, wie heruntergekommen die Räume tatsächlich sind. Die Frau des Anwalts ist ungefähr fünfzig und trägt eine enge Jeggins, die ihren fleischigen Oberschenkeln nicht gerade schmeichelt. Das Metallica-Logo prangt auf dem sackartigen Pullover, den sie dazu trägt. Auf ihrem Schreibtisch stapeln sich Ordner und Papierhaufen und nur eine kleine Fläche ist frei geräumt, auf der sie sich Notizen machen kann.

      „Hallo“, sage ich. „Mein Name ist Liana Winters. Ich habe eine Verabredung mit Mr Barbero?“

      „Ja, ich habe mit Ihnen telefoniert“, antwortet sie und sieht sich auf ihrem Schreibtisch nach etwas um. Schließlich zieht sie unter ein paar Notizbüchern ein Klemmbrett hervor und reicht es mir. „Wenn Sie nichts dagegen haben, füllen Sie doch bitte dieses Formular aus, damit wir Ihre Informationen haben. Mr Barbero ist gerade im Gespräch mit einem Klienten, wird aber gleich fertig sein.“ Während ich das Klemmbrett entgegennehme und mich hinsetze, brüllt die Frau: „Billy, Liana Winters ist hier!“

      Erschrocken blicke ich auf. Durch die Tür höre ich ihn zurückrufen: „Wer?“

      „Das Mädchen, das wir einstellen!“, brüllt Mrs Barbero zurück.

      Obwohl es sich offensichtlich nicht um eine typische Anwaltskanzlei handelt, ermutigen mich Mrs Barberos Worte, weil sie mich bereits als ihre neue Angestellte sieht. Das Formular fülle ich mit falschen Informationen über Liana Winters aus und füge sogar einen Überblick über meine bisherigen Beschäftigungen hinzu. Ich habe keine Ahnung, was mich in diesem Job erwartet oder welche Qualifikationen ich nachweisen muss. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie eine neue Empfangsdame oder einen Verwaltungsassistenten gebrauchen können.

      Tatsächlich war ich Büroleiterin in meinem Beruf, bevor die Sache mit Brent passiert ist. Und ich war gut darin und so nehme ich diesen Punkt in meinen Lebenslauf auf. Wenn auch mit falscher Adresse. Hoffentlich überprüfen sie nicht meine Referenzen. Irgendwie bezweifle ich, dass sie organisiert genug dafür sind.

      Kurz bevor ich fertig bin, öffnet sich die Tür zu Mr Barberos Büro und eine junge Frau mit einem Begleithund – einem Deutschen Schäferhund – kommt heraus. Ein wenig sieht sie aus wie Natalie Portmann, trägt allerdings eine Sonnenbrille. Sie muss blind sein. „Marge, könnten Sie mir meine Mitfahrgelegenheit anrufen?“, fragt sie.

      „Aber natürlich, Liebling“, antwortet die Empfangsdame.

      Hinter der jungen Frau verlässt ein Mann im Rollstuhl – einer von der schmalen Sorte, ohne Armlehnen – das Büro. Offensichtlich handelt es sich dabei um den Anwalt. Seine grauen Haare reichen ihm bis auf die Schultern und er trägt ein T-Shirt und eine Jeans mit einem Loch am Knie.

      Während Marge eine Nummer wählt und sich den Hörer ans Ohr hält, verabschiedet sich die junge Frau von dem Anwalt. Ich sitze schweigend daneben und fülle den Fragebogen zu Ende aus. Als Marge den Telefonhörer zur Seite legt, sagt sie: „Es geht niemand ran, Süße.“

      „Typisch“, antwortet das blinde Mädchen. „Er weiß aber, dass ich ihn brauche. Vielleicht ist er schon auf dem Weg hierher. Ich warte einfach draußen und versuche ihn immer wieder zu erreichen.“

      Dann lässt sie sich von ihrem Hund zur Tür führen. Sobald sie verschwunden ist, stehe ich auf und gehe mit ausgestreckter Hand auf den Anwalt zu: „Hallo, ich bin Liana.“

      Während er meine Hand nimmt und schüttelt, sagt Mr Barbero: „Kommen Sie mit in mein Büro. Bedienen Sie sich an der Kaffeemaschine, wenn Sie möchten.“

      Ich möchte keinen Kaffee, daher lehne ich dankend ab und folge ihm ins Büro. Drinnen sieht es aus, als hätte ein Orkan gewütet. Ordner stapeln sich an den Wänden und füllen jeden Zentimeter hinter dem Schreibtisch aus. Die Hälfte des Schreibtisches ist mit Papierstapeln bedeckt. Nur ein kleiner Bereich ist frei geräumt. Dahinter parkt er seinen

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