Wolfgang Nairz - Es wird schon gut gehen. Wolfgang Nairz

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style="font-size:15px;">      „DEN ANGEHÖRIGEN GEGENÜBERSTEHEN“

       Am Manaslu verunglückten zwei Expeditionsmitglieder, Franz Jäger und Andi Schlick, tödlich. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, niemandem kann Schuld zugewiesen werden. Trotzdem – wie geht man als Expeditionsleiter und Freund damit um, vor allem damit, die Angehörigen benachrichtigen zu müssen?

      Das ist eine sehr schwierige Situation, und damals, 1972, war es noch schwieriger als heute. Heute hat jeder sein Satellitentelefon, andererseits sind heute die Medien live dabei. Das war damals nicht der Fall. Wir wollten die Angehörigen selber verständigen, bevor irgendetwas Unqualifiziertes in der Presse erschien. Horst Fankhauser und ich sind in einem Eilmarsch nach Pokhara gerannt, wo es das nächste Telefon gab. Ich voraus und Horst mit angefrorenen Zehen hinterher. Wenn er auf 50 Meter heran war, bin ich wieder weitergelaufen. In Pokhara hat es dann geheißen, „maybe it takes a week to get a line“. Gespräche nach Europa musste man nämlich anmelden. Gott sei Dank hat es einen Flug nach Kathmandu gegeben, von dort konnten wir die Angehörigen verständigen, bevor alles in den Medien gestanden ist. Noch schlimmer ist dann, wenn man den Angehörigen direkt gegenübersteht und alles noch einmal erzählen muss. Das ist das Schlimmste überhaupt. So war es dann wieder am Cho Oyu, wo Reinhard Karl starb und wir hinausgeflogen sind und Reinhards Frau am Flughafen von Kathmandu gewartet hat und schon gewusst hat, was passiert ist, und man muss es jetzt noch einmal erzählen. Das ist schon sehr, sehr traurig.

      Eigenverantwortlichkeit war bei euren Expeditionen immer großgeschrieben.

      Professionalität war bei aller Freundschaft sehr wichtig. Am Manaslu wollten anfangs die, die überlebt hatten, oben bleiben und Franz und Andi bergen gehen, aber wir unten mussten entscheiden, dass sie herunterkommen, weil wir sahen, dass es zu lawinengefährlich wurde.

       Warst du mit diesen Angehörigen später noch in Kontakt?

      Ich war es, wenn auch nur lose. Andi Schlicks Sohn, der geboren wurde, als sein Vater schon tot war, und der jetzt selbst Bergführer ist, hat Kontakt mit uns aufgenommen, weil er wissen wollte, wie alles geschehen ist. Hildegard, die Frau von Andi, hat einige Jahre später den Hans Hofer geheiratet, der auch bei unserer Manaslu-Expedition dabei war. Er war alpiner Einsatzleiter der Gendarmerie im Pinzgau und ist später mit dem Hubschrauber tödlich abgestürzt. Auch die Frau von Franz Jäger habe ich später einmal getroffen.

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       Makalu-Südwand 1974: Neue Maßstäbe im Himalaya-Bergsteigen

       Reinhold Messner bekennt im Beitrag zu diesem Buch: „Nicht immer waren wir erfolgreich“. Nicht erfolgreich wart ihr zum Beispiel am Makalu. Was hat euch zu diesem Berg hingezogen und warum seid ihr letztlich gescheitert?

      Der 8485 Meter hohe Makalu wurde am 15. Mai 1955, also zwei Jahre nach dem Everest, von den Franzosen Lionel Terray und Jean Couzy erstbestiegen, an den darauffolgenden Tagen waren zwei weitere Mannschaften erfolgreich. Eine großartige Leistung dieser französischen Expedition, bei der alle Teilnehmer, auch der Sherpa Gyalzen den Gipfel erreichten, und eine faszinierende Geschichte. Als wir fast auf den Tag genau 19 Jahre später an diesem Berg unterwegs waren, hat uns – wie bei allen unseren Expeditionen – eine neue Route gereizt, eine neue Route in der Südwand.

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       Adlerhorst in steiler Wand: Auf Aluminium-Plattformen wurden die „Whillans-Boxes“ errichtet.

       Wer war dabei?

      Reinhold Messner, Oswald Oelz, Josl Knoll, Walter Almberger, Helli Hagner, Gerhard Markl, Albert Precht, Yves Buchheim, Horst Bergmann und ich.

       Was waren die Probleme?

      Es waren einerseits die Wetterverhältnisse – Schneestürme und Lawinen –, andererseits aber vor allem die Schwierigkeiten der Wand. Wir haben aus Österreich Aluminiumplattformen mitgebracht, die wir in der steilen Felswand verankern konnten, damit wir wenigstens einen ebenen Miniplatz hatten, um zwei kleine Zelte, sogenannte Whillansboxen, aufstellen zu können.

       Was genau waren die Schwierigkeiten der Wand?

      Das waren die vereisten Felsen. Reinhold hat die Kletterei in diesen Felsen später als die Grenze des Möglichen, des noch Verantwortbaren bezeichnet. Unser Ziel war hochgesteckt und wir gaben unser Bestes, mussten uns letztendlich aber geschlagen geben.

       Wie weit seid ihr gekommen?

      Wir waren schon fast sechs Wochen dort, bis wir eine Höhe von 7500 Metern erreichten und einsehen mussten, dass wir nicht weiter kamen.

       Was geschah dann?

      Wir haben lange und gründlich diskutiert. Sollten wir es doch auf dem klassischen Weg der Erstbesteiger versuchen? Jedes zweite Lager auslassen und im Alpinstil den Gipfel erreichen? Aber auch dafür erschien uns das Risiko zu groß, da das Wetter schlecht blieb und wir wahrscheinlich nicht mehr über die hohen Pässe nach Kathmandu zurückgekommen wären. Wir entschieden uns, die Expedition abzubrechen, und das erwies sich als richtig. Während des ganzen langen Rückmarschs schneite und regnete es fast andauernd.

       Was für ein Gefühl hat man als Expeditionsleiter beim Scheitern so eines Unternehmens?

      Man tröstet sich damit, hoffentlich das Richtige getan zu haben, denn man gibt so ein Ziel ja nicht leichtfertig auf, weil man vielleicht keine Lust mehr hat, man wägt ja alle noch bestehenden Möglichkeiten ab. Was es emotional bedeutet, eine Expedition abzubrechen, aufzuhören, das muss man selbst erlebt haben.

       Wie waren die Außenreaktionen?

      Es gibt natürlich immer neidische Kollegen, die mitleidig lächelnd sagen: „Sie sind halt nicht hinaufgekommen.“ Wie es aber dazu gekommen ist, bleibt dabei unbedacht.

       Wie geht man damit um?

      Zum einen: Reinhold Messners Bemerkung „Nicht immer waren wir erfolgreich“ setzt sich fort in seiner Feststellung, „aber immer sind wir in Frieden heimgekehrt.“ Zum anderen aber gilt wieder einmal Hias Rebitschs Satz: „Es ist leicht, ein guter Bergsteiger zu sein, aber schwer, ein alter Bergsteiger zu werden.“

      CHO-OYU-SÜDWAND 1982: DER KAMPF UMS ÜBERLEBEN

      Um Bulle stand es kritisch, er war schwer höhenkrank und immer wieder bewusstlos. Er musste so schnell wie möglich ins Tal transportiert werden, aber alle Mühe, ein Yak aufzutreiben, war vergeblich, und zum Selber-Gehen war er nicht mehr in der Lage. Am Abend sah er zwar etwas besser aus, wir hofften, er sei jetzt „über den Berg“. In der Früh dann der Rückschlag: deutliche Anzeichen einer Lungenentzündung. Er war bewusstlos.

      Sofort schickte ich den Sherpa Maila Pemba im Eiltempo nach Namche Bazar, um von dort über Funk einen Hubschrauber anzufordern. Mit zwei langen Stangen und Skistöcken bauten wir dann eine Tragbahre und banden den Schwerkranken darauf. Für ihn begann ein unbeschreiblicher Leidensweg. Nach sechs Stunden auf der Moräne waren wir nahe bei Gokyo. Bulles Lunge rasselte, wir dachten, er würde die nächsten zwei Stunden nicht überleben, wenn nicht ein Wunder geschähe. Reinhard, Rudi und ich flüchteten in schwarzen Humor. Reinhard sagte, es würde ihm nichts ausmachen, hier zu sterben

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