Alles nur Zufall?. Georg Markus

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Alles nur Zufall? - Georg Markus

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»Orgel zu verkaufen«: Mozart schaltet am 22. Jänner 1791 ein Inserat

      Weber und seine Frau Maria Cäcilia haben zwei Söhne und vier Töchter. Als Mozart am 17. Jänner 1778 zum ersten Mal das Haus der Familie Weber betritt, würdigt er seine spätere Frau Constanze kaum eines Blickes, sondern hat nur Augen für deren um ein Jahr ältere Schwester Aloisia. Sie ist bildhübsch und noch dazu eine äußerst begabte Sopranistin. Mozart musiziert mit ihr, gibt der Sechzehnjährigen Unterricht, tritt mit Aloisia während seines fünfmonatigen Mannheim-Aufenthalts in mehreren Konzerten auf. Und verliebt sich in sie. Aber auch sie zeigt, dass sie für ihn zumindest Sympathien empfindet.

      Der in Salzburg gebliebene Vater Leopold ist entsetzt, als er durch Briefe seiner Frau von Wolfgangs Zuneigung für eine Sängerin erfährt, deren Familie ebenso arm ist, wie die Mozarts selbst es sind. Allerdings ist Wolfgang schon als Wunderkind aufgefallen, hat Opern, Sinfonien, Streichquartette, Messen, Lieder und Klavierstücke komponiert – und wer dagegen sind diese Weberischen?

      Leopold Mozart * 14. 11. 1719 Augsburg, † 28. 5. 1787 Salzburg. Er widmet, sobald er dessen Genie erkennt, sein Leben der Laufbahn seines Sohnes Wolfgang Amadeus Mozart.

      »Frauenzimmer«, schreibt Leopold seinem Sohn, »die Versorgung suchen, stellen jungen Leuten von großem Talent erstaunlich nach, um sie ums Geld zu bringen oder gar in die Falle und zum Manne zu bekommen. Gott und Deine Vernunft wird Dich bewahren.« Mit den nun folgenden, letzten Worten seines Briefes greift Leopold zum schärfsten Mittel der Abschreckung für den Fall der befürchteten Eheschließung: »Das würde wohl mein Tod sein!«

      Aloisia Weber * um 1760 Zell/Baden-Württemberg, † 8. 6. 1839 Salzburg. Als Sopranistin eine der wichtigsten Interpretinnen Mozarts, den sie 1778 in Mannheim kennenlernt.

      Doch selbst diese Drohung kann Wolfgang nicht von seiner Liebe zu Aloisia abhalten, er will mit ihr nach Italien, ins Land des Belcanto, fahren, für sie Opern komponieren und sie »zur Primadonna machen«. Mutter Anna Maria Mozart, die ebenso gegen die Verbindung mit Aloisia ist wie ihr Mann, drängt hingegen auf die geplante Weiterfahrt nach Paris, um dem eigentlichen Zweck der Reise, eine Anstellung für Amadeus zu finden, nachzukommen. Mozart gehorcht den Eltern, fährt gegen seinen eigenen Willen nach Paris – und nimmt seinen Liebeskummer mit. »Wie ich (von der Familie Weber, Anm.) wegging, so weinten sie alle«, schreibt er dem Vater aus Paris. »Ich bitte um Verzeihung, aber mir kommen die Tränen in die Augen, wenn ich daran denke.«

      Mutter und Sohn Mozart wohnen in einem armseligen Pariser Quartier, und der verliebte Wolfgang hat nichts anderes im Kopf als seine Aloisia. Ob sie an ihn denken und auf ihn warten würde? Nichts sonst interessiert ihn in der französischen Metropole. An Aloisia schreibt er: »Am glücklichsten werde ich an dem Tage sein, ab dem ich die große Freude erleben werde, Sie wieder zu sehen und herzlichst zu umarmen. Nur in diesem Wunsche, in dieser Hoffnung finde ich den einzigen Trost und Frieden.«

      Es ist ein fürchterlicher Schicksalsschlag, der ihn aus seinen romantischen Träumen reißt. Mozarts Mutter stirbt plötzlich und unerwartet am 3. Juli 1778 im Alter von 57 Jahren in Paris. Ihr Tod erschüttert ihn zutiefst. Allein, verzweifelt und unverrichteter Dinge verlässt er Paris.

      Eines freilich kann selbst die große Trauer nicht verhindern: Die Rückfahrt nach Salzburg gestaltet er so, dass sie ihn über Mannheim führt. Er will Aloisia seine Liebe gestehen, sie nach Salzburg mitnehmen und um ihre Hand anhalten. Da die Angebetete aber mittlerweile ein Engagement an der kurfürstlichen Oper in München erhalten hat, muss Mozart seine Reise- und Zukunftspläne ändern. Dass sie jetzt an Bayern gebunden ist, sollte nicht die einzige Enttäuschung für ihn sein.

      Aloisia ist, als er sie zu Weihnachten 1778 in die Arme nehmen will, eine andere geworden. Die jetzt in München engagierte junge Sängerin macht ganz auf Diva und nimmt die Arie, die Mozart für sie mit ganzem Herzen geschrieben hat und die er ihr als Geschenk überreichen will, kaum zur Kenntnis. Sollte sie je Interesse an diesem kleinen, unscheinbaren Musiker gehabt haben, so ist es mittlerweile verflogen. Aloisia sieht sich bereits als Star und Mozart als brotlosen Komponisten, der als Ehemann nicht infrage kommt. Nicht genug damit, beleidigt sie ihn noch, weil er sich in Paris mit seinem letzten Geld in einen roten Anzug mit Goldknöpfen neu eingekleidet hat: »Nein, wie du komisch aussiehst«, spottet Aloisia und belächelt ihn.

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       Er will sie endlich »wieder sehen und herzlichst umarmen«: Mozarts erste große Liebe Aloisia Weber

      Mozart gibt nicht auf. Er hält, trotz ihrer plötzlichen Arroganz, um Aloisias Hand an, erklärt ihr, immer für sie da zu sein, für sie komponieren und mit ihr in München leben zu wollen. Aloisia antwortet, sie sei jetzt Primadonna und brauche niemanden mehr, der etwas für sie komponieren würde.

      Es ist wohl eine der schwersten Stunden seines Lebens. »Ich kann nicht mehr«, schreibt er dem ohnehin durch den Verlust seiner Frau verstörten Vater, »mein Herz ist gar zu sehr zum Weinen bestimmt. Heute kann ich nichts als weinen. Ich habe gar ein zu empfindsames Herz.«

      Mozart trifft die inzwischen nach Wien übersiedelten Webers 1781, zweieinhalb Jahre später, wieder. Er wohnt eine Zeit lang bei ihnen, was seinen Vater einmal mehr in Rage bringt. Schon wieder diese Weberischen! Aber welche der Töchter könnte seinem Sohn jetzt noch gefährlich werden? Die angebetete Aloisia sicher nicht, die ist inzwischen mit dem Wiener Hofschauspieler Joseph Lange verheiratet. Bleiben noch Josepha, Sophie und Constanze.

      Mozart hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwölf Opern geschrieben, darunter Bastien und Bastienne, Idomeneo, und Die Entführung aus dem Serail ist in Arbeit. Die Heldin eben dieser Oper heißt – welch ein Zufall – Constanze. Mozart versteht die Entführung als Liebeserklärung an Constanze Weber, deren Ähnlichkeit mit der geliebten Aloisia unverkennbar ist.

      Obwohl bereits 25 Jahre alt, steht Mozart immer noch unter den Direktiven des Vaters, der ihm alle möglichen »guten Partien« unter seinen begüterten Schülerinnen in Wien einzureden versucht. Monatelang lügt Mozart dem in Salzburg lebenden Vater vor, gar nicht heiraten zu wollen. Bis er ihm im Dezember 1781 – mit nicht gerade romantisch anmutenden Argumenten – das Gegenteil gesteht: »Ich, der von Jugend auf niemals gewohnt war, auf meine Sachen, was Wäsche, Kleidung usw. anbelangt, acht zu geben, kann mir nichts Nötigeres denken als eine Frau.« Erst nach einer halben Briefseite kommt er zum Punkt: »Nun aber, wer ist der Gegenstand meiner Liebe? – Erschrecken Sie auch nicht, ich bitte Sie. – Doch nicht eine Weberische? – Ja, eine Weberische. – Aber nicht Josepha – nicht Sophie. Sondern Constanze, die Mittelste.«

      Auch wie er die Neunzehnjährige dem Vater beschreibt, zeugt nicht von überwältigender Begeisterung: »Sie ist nicht hässlich, aber auch nichts weniger als schön. – Ihre ganze Schönheit beruht in zwei kleinen schwarzen Augen und in einem schönen Wachstum.«

      Constanze Mozart geb. Weber * 5. 1. 1762 Zell/Baden-Württemberg, † 6. 3. 1842 Salzburg. Sopranistin. Sie heiratet am 4. 8. 1782 Wolfgang Amadeus Mozart.

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