Alles nur Zufall?. Georg Markus
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Seine Leidenschaft fürs Fliegen wurde ihm zum Verhängnis: Max Pallenberg (rechts)
Max Pallenberg hat in Wien als Handelsangestellter gearbeitet, ehe er mit zwanzig Jahren ans Theater »durchbrannte« und nach der üblichen Provinzlaufbahn am Deutschen Volkstheater engagiert wurde. Er feierte Erfolge als Komiker, in der Operette und im klassischen Fach, drehte mehrere Stumm- und Tonfilme. Seine Spielstätten waren die Berliner und die Wiener Bühnen, die meisten von ihnen geleitet von Max Reinhardt. 1923 feierte Pallenberg einen außergewöhnlichen Erfolg in der Titelrolle in Hugo von Hofmannsthals Lustspiel Der Unbestechliche, das der Dichter für ihn geschrieben hatte. Weitere große Partien waren Molnárs Liliom, der Theaterdirektor in Pirandellos Sechs Personen suchen einen Autor und die Theaterversion von Jaroslav Hašeks Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk in der Regie von Erwin Piscator.
Fritzi Massary * 21. 3. 1882 Wien, † 30. 1. 1969 Beverly Hills. Feiert große Erfolge in Wien und Berlin, ihre Glanzrollen sind Die lustige Witwe, Die Csárdásfürstin und Madame Pompadour.
Pallenberg war seit 1916 mit Fritzi Massary, einer der größten Diven ihrer Zeit, glücklich verheiratet. Gemeinsam verließen sie Berlin, als Hitler die Macht übernahm, lebten in der Schweiz und in ihrer Geburtsstadt Wien.
Als die Schauspielerin vom Tod des geliebten Mannes erfährt, ist sie einem Nervenzusammenbruch nahe, reist dennoch sofort nach Wien, will von dort gleich weiter an den Unglücksort, fühlt sich aber nicht in der Lage dazu. Verzweifelt wartet sie auf das Eintreffen des Sarges mit Pallenbergs sterblichen Überresten, die auf dem Zentralfriedhof beigesetzt werden.
Unter den Hunderten Trauergästen befindet sich Wiens künstlerische Prominenz, die Theaterdirektoren der Stadt, die Komponisten Franz Lehár und Emmerich Kálmán sowie Hans Moser, der in Pallenberg immer sein großes Vorbild sah.
Kurz vor Beginn der Beerdigung verliert Fritzi Massary das Bewusstsein, sie wird in einen Nebenraum der Feuerhalle gebracht und medizinisch versorgt. Von ihrer – aus einer früheren Beziehung stammenden – Tochter und ihrem Schwiegersohn mehr getragen als gestützt, kehrt sie zurück zu den Trauergästen. Der Staatsopernchor singt, Reden werden gehalten und Alfred Polgar schreibt in seinem Nachruf: »Noch grauer und trüber, als sie ohnehin schon ist, noch mehr verlassen von guten und bösen Geistern scheint die Welt, seit dieser strahlende Spaß- und Ernstmacher nicht mehr in ihr herumrumort.«
»Wie soll sie weiterleben?«, schreibt Fritzi Massarys Biografin Carola Stern. »Das Teuerste hat sie in den ersten beiden Jahren des Exils verloren: den Mann, die Wahlheimat Berlin und den Beruf. Denn das weiß sie längst: Von der Operettenbühne muss sie Abschied nehmen. Eine verwitwete Diva über fünfzig im Liebesduett mit einem zwanzig, dreißig Jahre Jüngeren – nein, das geht nicht mehr.«
»Die Massary« verlässt Österreich und emigriert über die Schweiz und Frankreich 1939 zu ihrer Tochter in die USA, wo sie 1969 stirbt.
AKTIV NOCH MIT 91 JAHREN
Josef Wenzel Graf Radetzky geht (nicht) in Pension, 6. März 1857
Josef Wenzel Graf Radetzky * 2. 11. 1766 Schloss Trebnic bei Prag, † 5. 1. 1858 Mailand. Feldherr, Teilnehmer am letzten Türkenkrieg. Besiegt Napoleon bei Leipzig.
Das erste Mal sucht der Feldmarschall im Alter von 86 Jahren um die Versetzung in den dauernden Ruhestand an. Aber nicht, weil er sich gebrechlich oder außerstande sieht, seine Truppen anzuführen. Sondern aus Protest dagegen, dass man seinen Sohn Theodor als Oberst der k. k. Armee, ohne den Vater vorher verständigt zu haben, in Pension geschickt hat. Doch Kaiser Franz Joseph lehnt das Gesuch des alten Radetzky ab und fügt hinzu, »dass ich mit Zuversicht erwarte, Sie noch ferner Meinem Dienste zu erhalten.«
Franz Josephs Wunsch ist Josef Wenzel Graf Radetzky Befehl, und so bittet er den Grafen Grünne, den Generaladjutanten des Kaisers, die Angelegenheit »als Mann und Freund« vergessen zu wollen. Mit 87 Jahren wohnt Radetzky, im April 1854, der Vermählung des Kaisers mit Elisabeth bei, im Alter von 88 Jahren unternimmt er noch ausgedehnte Inspektionsfahrten nach Bologna und in die Herzogtümer.
Nach den anstrengenden Reisen scheint der Feldmarschall einen neuerlichen Grund für die bevorstehende Pensionierung anführen zu können, also schreibt er dem Monarchen, »dass es mit dem Reiten nicht mehr ginge«. Worauf der Kaiser das Pensionsansuchen des greisen Feldmarschalls einmal mehr zurückweist und ihm stattdessen als besonderes Zeichen der Wertschätzung gestattet, »sich des Wagens zu bedienen«.
Im Juli 1856 bittet der mittlerweile fast Neunzigjährige den Grafen Grünne, »Seiner Majestät die Unmöglichkeit anzuzeigen, noch ferner dienen zu können«. Zwar stimmt der Kaiser der Enthebung aus dem Militärdienst pro forma zu, beauftragt Radetzky jedoch gleichzeitig »Ihr Mir so teures, ruhmvolles Leben noch für eine Reihe von Jahren erhalten zu sehen«. Auch als Radetzky mit Handschreiben vom 28. Februar 1857 seiner Funktionen als Generalgouverneur des Königreichs Lombardo-Venetien sowie als General der Zweiten k. k. Armee entbunden wird, stellt der Kaiser fest, dass ein Radetzky als solcher überhaupt nicht »pensioniert« werden könne, und fügt hinzu: »… muss ich Sie dringend bitten, Ihren Kaiser auch in der Zukunft mit Ihrem weisen Rate zu unterstützen, den in bedeutungsschweren Ereignissen in Anspruch zu nehmen Ich Mir vorbehalte.«
Also wieder nichts mit der Rente, die Radetzky in Wahrheit auch gar nicht ernsthaft anstrebt. Im Gegenteil, er genießt es, vom Kaiser als unentbehrlich angesehen zu werden. Als er sich am 1. März 1857 von seinen Truppen verabschiedet, schließt der in seinem 91. Lebensjahr stehende Graf eine Rückkehr in den aktiven Dienst nicht aus, »wenn die Stimme unseres geliebten Monarchen mich etwa nochmals rufen sollte, um zu zeigen, dass der Degen noch immer fest in meiner Hand ruht.«
Und die Stimme des geliebten Monarchen ruft! Radetzky wird am 6. März 1857 in Verona in Anwesenheit des Kaisers verabschiedet, doch gleichzeitig weist Franz Joseph dem Noch-immer-nicht-Pensionisten fünf ranghohe Offiziere plus Leibarzt als persönlichen Stab zu und stellt Radetzky sieben kaiserliche Schlösser inklusive Hofburg und Augartenpalais »zu beliebigem Aufenthalt zur Verfügung«. Der alte Haudegen nimmt jetzt die Funktion des »Ersten Ratgebers des Obersten Kriegsherrn« ein, trägt somit weiterhin des Kaisers Rock und gilt »bis an sein Lebensende im Aktivdienst stehend«.
Radetzky, der seit 1854 verwitwet ist, verbringt seinen Lebensabend teils in der Villa Reale in Mailand, teils im kaiserlichen Palast in Monza, wo er noch voller Elan von früh bis spät seiner Arbeit nachgeht. Man darf in diesem Zusammenhang nicht an einen neunzigjährigen Mann des 21. Jahrhunderts denken, sondern daran, dass die Lebenserwartung zu Radetzkys Zeiten bei vierzig Jahren lag und Nestroy sich, als er 1861 sechzig wurde, als »Greis« bezeichnete (und tatsächlich ein Jahr später starb).
Das Erstaunliche an der geistigen und körperlichen Frische des aus einer verarmten Adelsfamilie stammenden Radetzky ist, dass er in seiner Jugend nicht in die Theresianische Militärakademie aufgenommen wurde, weil er laut ärztlichem Attest »zu schwach ist, um die Beschwerden des Militärdienstes auch nur einige Jahre ertragen zu können«. Da haben sich die Herren Militärärzte aber gründlich geirrt!
Es ist nicht verwunderlich, dass sich der Kaiser um die mehrmalige